Die Macht der ewigen Liebe
Mercedes und spielte mit dem Radio. Ich zögerte, mich zu ihr zu gesellen. Sollte etwas passieren, sah ich Asher vielleicht nie wieder … Doch er schien meine Sorgen nicht zu teilen und ging geradewegs zum Pick-up.
Es reicht, Remy. Lass ihn gehen. Konzentrier dich!
Gerade wollte ich die Fahrertür des Mercedes aufmachen, als Asher mich herumwirbelte. Sein Blick war von Sorgen getrübt, und er umarmte mich so fest, dass ich keine Luft mehr bekam. Ich klammerte mich an ihn, mein Herz hämmerte und meine Gedanken spielten verrückt. Doch die Umarmung dauerte nicht lange genug.
Er trat zurück und drückte mein Kinn nach oben. »Sei vorsichtig.«
Ich nickte. »Du auch.«
Wir trennten uns und stiegen dann in unsere Fahrzeuge. Erst als ich San Francisco im Rückspiegel hinter uns verschwinden sah, fiel mir auf, dass wir einander gar nicht »Ich liebe dich!« gesagt hatten.
»Mir ist langweilig«, sagte Lucy auf dem Beifahrersitz, als ich mein Handygespräch beendet hatte.
»Fang lieber gar nicht erst an«, warnte ich sie.
Ich schmiss eine Cheeseburger-Verpackung nach ihr. Geistesgegenwärtig fing sie sie auf und warf sie dann hinter sich auf den Rücksitz, dorthin, wo bereits der ganze andere Fastfoodmüll gelandet war. Im Wagen verbreiteten sich diverse Gerüche von Tacos bis Pommes frites. Seit drei Tagen beobachteten wir bereits das Haus von Alcais und Erin, bislang ohne jedes Ergebnis. Wir hatten nur eine Liste erstellt, wie oft ihre Mutter, Dorthea, heimgekommen war oder sich zur Arbeit oder zu Besorgungen aufgemacht hatte. Erin, Alcais und ihre Freundin Delia glänzten mit Abwesenheit, obgleich ich sie Lucy genauestens beschrieben hatte, sodass sie wusste, nach wem sie Ausschau halten musste.
Asher hatte ebenso wenig Glück wie wir. Tagtäglich schlich er sich von dem nahe gelegenen Wald, wo er sich versteckt hielt, ans Haus meines Großvaters. Drinnen gingen Lichter an und aus, und Asher hatte Franc auch schon ab und zu am Fenstervorbeigehen sehen, aber Franc verließ das Haus nie. Das war überaus ungewöhnlich, denn zu der Zeit, als ich bei ihm wohnte, hatte er fast seine ganze Zeit in Pacifica verbracht.
Unsere Situation war total enttäuschend, und ich hatte Angst, Asher würde die Geduld verlieren und Franc zur Rede stellen, wenn nicht bald etwas passierte. Trotz all unserer Sorgen saßen wir da und drehten Däumchen, warteten, dass Alcais und mein Großvater endlich aktiv wurden. Das Nichtstun zerrte an unseren Nerven; davon abgesehen hatte sich an Ashers und meinem Verhältnis nichts geändert.
»Was hat Asher gesagt?«, fragte Lucy und deutete auf das Handy. »Gibt’s was Neues?«
Ich schüttelte den Kopf, und der Hoffnungsschimmer in ihren Augen verschwand.
»Benimmt er sich immer noch wie ein Arschloch?«
»Lucy!«
»Was denn? Stimmt doch. Er benimmt sich wie der letzte Arsch!«
Ich zuckte mit den Achseln und vermied es zu antworten. Im Grunde hatte sie recht. Asher war derart angespannt, dass er Lucy – den Menschen also, der noch am ehesten mit ihm sprach – meistens anherrschte. An diesem Morgen hatte sie ihm damit gedroht, dass sie ihn in seinem Versteck aufsuchen würde, wenn er sie noch ein einziges Mal anschnauzte. Asher, der genau wusste, was für eine Plappertasche sie war, hatte daraufhin sofort den Mund gehalten. Und ich wünschte mir unvermittelt, ich hätte sie schon früher auf ihn gehetzt.
»Darf ich aussteigen?«, fragte Lucy ein paar Minuten später.
Sobald die Sonne untergegangen war, hatten wir den Wagen in einer Straße gegenüber dem Pier geparkt. Auf die Dunkelheit warteten wir, damit ich mich näher heranpirschen konnte. Am Tag konnten wir uns unter die Strandbesuchermischen, nachts brauchten wir die Schatten als Deckung, bevor ich mich näher ans Haus schleichen konnte. Die Heiler behielten ihre Nachbarschaft zu gut im Auge, als dass wir uns offen hätten zeigen können. Angetan mit einer Baseballmütze, die meine Haare und mein Gesicht verbarg, blieb ich deshalb im Auto, solange es hell war, während Lucy mit der braunhaarigen Perücke, die wir für sie gekauft hatten, auf Erkundungstour ging. Die meisten Heiler hatten sie noch nie gesehen, und so konnte sie die Gegend ausspähen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Beim Anblick des Piers stiegen eine Menge Erinnerungen in mir hoch, allerdings nur wenig gute. Während meines Aufenthalts war ich mit den anderen Teenagern der Heilergemeinde – Erin, Alcais und Delia – oft zusammen gewesen. Wann immer
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