Die Macht der Medusa
glitten naß und kalt an ihnen hoch. Sie erreichten die Gesichter, und beide spürten das Brennen auf ihren linken Armen. Die Tiere, die sich dort abzeichneten, waren ebenfalls zum Leben erwacht und hatten ihren Platz verlassen.
Sie suchten nicht nach irgendwelchen Erklärungen. Sie überließen sich voll und ganz der Magie einer Medusa, die sich selbst zurückgezogen und ihre Schlangen geschickt hatte.
Mit dem Kopf zuerst rutschte die erste Schlange in Miranda’s Mund hinein. Plötzlich wurde ihr die Luft abgedrückt. Sie riß die Augen weit auf, taumelte zurück, würgte und glotzte ihre Freundin hilfesuchend an.
Alina tat nichts. Sie konnte sich nicht bewegen. Der unheimliche Vorgang hatte sie ebenfalls geschockt. Der dunkle Körper der Schlange schaute noch aus dem Mund hervor. Das Hinterteil zuckte und sorgte dafür, daß die Vorwärtsbewegungen blieben und sich das Tier immer tiefer in den Mund der Frau schieben konnte.
Miranda’s Gesicht war keines mehr. Es glich einem bleichen verzerrten Etwas. Aufgerissene Augen, die aus den Höhlen zu springen drohten, und ein Mund, der sich wieder geschlossen hatte, nachdem die Schlange verschwunden war.
Sie hatte im Körper der Miranda eine neue Heimat gefunden. Ihr Weg war zu verfolgen. Der Körper schlängelte sich durch den Hals nach unten in den Magen der Frau hinein, als sollte sie dort von innen aufgefressen werden.
Miranda würgte. Sie riß den Mund auf. Speichel floß hervor. Sie schnappte nach Luft und hatte beide Hände gegen ihren Bauch gepreßt. Andere Tiere waren dabei, an ihr hochzukriechen. Auch Alina Gray spürte jetzt, daß sie ein Opfer der Schlangen wurde.
Drei oder vier hatten den Weg gefunden. Sie glitten an den Beinen hoch. Sie umschlangen die Hüften, bewegten sich über den Rücken, aber eine Schlange glitt zwischen ihren beiden Brüsten hindurch, um ihr Gesicht zu erreichen.
Sie hatte das Bild ihrer Freundin noch genau vor sich. Der weit offene Mund, aus dem die Schlange schaute. Die unendliche Qual in ihrem Gesicht, dessen Ausdruck jetzt einfach nur starr war.
Miranda sagte nichts. Sie tat nichts. Sie starrte nur.
Und die Schlange war da. Sehr schnell sogar. Sie huschte über das Kinn hinweg und drängte sich im nächsten Moment gegen Alinas Lippen. Die junge Frau war nicht mehr in der Lage, den Mund geschlossen zu halten, da die Kraft der Schlange einfach zu groß war. Brutal wurde ihr der Mund geöffnet, und im nächsten Augenblick drängte sich der glatte, glitschige Körper hinein.
Sie konnte nicht mehr schreien. Die Luft wurde ihr genommen. Miranda’s Gestalt mit dem stoischen Gesichtsausdruck verschwamm vor ihren Augen. Alina spürte nur noch den glatten Schlangenkörper, der sich in ihren Rachen hineinwühlte und den Weg nach unten fand.
Sie konnte nicht mehr schlucken. Sie bekam auch keine Luft. Es war alles anders geworden. Die Welt um sie herum geriet ins Kreisen, und als sie Sekunden später mit einem dumpfen Aufprall zu Boden schlug, da fiel auch Miranda in das feuchte Gras.
Nichts geschah mehr mit den beiden Frauen. Sie blieben liegen wie tot. Nur die Schlangen in ihrem Körper bewegten sich, als wollten sie die beiden Frauen versteinern.
Der Teich aber schwieg.
Medusa ließ sich nicht mehr blicken...
***
Es war für uns leicht gewesen, das Haus zu finden, in dem Rita Forman einmal gewohnt hatte. Nicht immer allein, wie wir hörten, und so waren wir gespannt, wie es wohl jetzt aussah.
Es lag von der Straße etwas zurückversetzt, inmitten eines Gartens, in dem nicht nur Bäume wuchsen, sondern auch Hecken vorhanden waren, in denen Vögel wunderbare Nistplätze fanden.
Die Sonne hatte den Wolken weichen müssen, und die Schwüle lag nun wie ein gewaltiges Tuch über dem Land, das die Hitze des Tages noch mehr konservierte.
Uns klebte die Kleidung am Körper. Schweiß bedeckte unsere Gesichter. Die Stille unter den Bäumen und im Garten kam uns unnatürlich vor. Das Haus war erst besser zu sehen, als wir nahe davor standen. Der Begriff Hütte hätte mehr gepaßt, denn einer großen Familie bot es keinen Platz.
»Ich schaue mich mal an der Rückseite um«, sagte Suko und war schon verschwunden.
Jane und ich blieben vor dem Haus stehen. Das Dach saß schief. Ein Unwetter, und es hätte zerstört werden können. Das Mauerwerk zeigte sich ebenfalls recht brüchig, und die nach innen gebauten Fenster hatten kleine Scheiben.
Ich suchte nach einem Hinweis auf Leben, aber nichts tat sich außerhalb und auch innerhalb
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