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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sich befindet. Die Kommunikationsverbindungen sind in der letzten Zeit nicht die besten gewesen… wir wissen nicht einmal, ob es überhaupt noch existiert!«
    »Es muß noch existieren. Und ich glaube, daß die Signale von Throne kamen.«
    »Schön, aber wissen wir denn, an welcher Position Throne sich jetzt aufhält? Nein. In Wiederauferstehung könnte es Informationen geben – Datenbanken. Du könntest die Daten sichten und deine Prognosen substantieller fundieren.«
    »Und du könntest Ersatzteile finden – vielleicht einen anderen Körper«, sagte Jeshua.
    »Ich bin schon ein- oder zweimal restauriert worden. Ich weiß nicht, ob ich noch lange genug existieren werde, um zum Bifrost zu gelangen. Das gilt übrigens auch für dich. Schau nur mal deine Haut an.«
    Jeshua richtete einen Hautlappen auf dem Arm aus und befestigte ihn. Sein Zustand verschlechterte sich jetzt ständig; wenn er nicht aufpaßte, riß die Haut auf, wobei die grünen Kapillaren sowie die silbrigen Knochen zum Vorschein kamen.
    »Ich gestehe, daß ich gern in der Lage wäre, selbständig zu gehen, anstatt immer getragen zu werden. Ich hätte nicht einmal etwas dagegen, wieder ein Cyborg zu sein, denn ich habe genug von meinem Dasein als Krüppel.«
    Jeshua hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und formte mit den Fingern eine umgedrehte Pyramide. »Das ist das Leiden der…«
    »Geburtswehen des kommenden messianischen Zeitalters«, ergänzte Thinner. Jeshua sah ihn traurig an.
    »Die Schriften sind deutlich.«
    »Diesen Eindruck hatte ich nie. Du beschäftigst dich jetzt schon seit fünfzig Jahren damit – Stadt Rab, Stadt-Teil Jeshua, und durchkämmst die Bücher nach Geheimnissen wie ein Bettler das Haar nach Läusen!«
    »Wir sind Maschinen«, konstatierte Jeshua mit einem Ausdruck im Gesicht, der darauf schließen ließ, daß er wieder etwas ausheckte. »Maschinen kennen keinen Schmerz.«
    »Papperlapapp«, meinte Thinner. »Wir sind Schauspieler. Wir wurden als Schauspieler erschaffen. Sollen sie doch entscheiden, ob wir echt sind.« Mit sie meinte er die Menschen. »Wir sind so real wie sie.« Die beiden waren den Menschen seit ihrem Aufbruch von Mandala aus dem Weg gegangen. Sie hatten sich an das Alleinsein gewöhnt, und durch das Leben in der Stadt waren sie zwangsläufig mit einer Aversion gegen Menschen konditioniert worden. Sogar Jeshua, der in der Überzeugung, ein Mensch zu sein, aufgewachsen war, stand nun an der Schwelle zum Misanthropen.
    Er lebte nun schon so lange, daß er die Jahre nicht mehr zählte, er alterte nicht und lernte, wie er seinen Körper immer wieder erneuern konnte. Er konnte nach wie vor menschliche Nahrung zu sich nehmen, wenn er das wollte, und auf diese Art seine Existenz sichern. Thinner konnte das nicht. Jeshua mußte periodisch die Spitze eines Fingers abschälen (der zudem auch abfaulte und zu einem unpassenden Moment abfiel), um Thinner etwas von der Nahrung zu verabreichen, die sein Körper verarbeitet hatte. Das Metall und das Kolloid, die blauen und grünen Chemikalien, die Kabel und Ventile und Sensoren, waren mit erdfarbener Haut bespannt, die ihrerseits mit dunklem, dichtem Haar bewachsen war. Trotz der langen Jahre wurden in Jeshua beim Anblick seines Spiegelbildes noch immer Assoziationen mit der Menschheit geweckt, und in dieser Hinsicht würde er auch immer ein Mensch sein und kein Stadt-Teil.
    Thinners Leihkörper hatten nie richtig funktioniert. Nach dem Kollaps des letzten Korpus – eines Bewässerungsautomaten auf Rädern, der die Gärten der Stadt gepflegt hatte –, hatte Thinner sich auf die Körperlosigkeit verlegt. Für Jeshua war es kein Problem gewesen, den Kopf mit sich herumzutragen. Schon lange betrachtete er Thinner als seinen einzigen Freund, der, wie er, zu den letzten lebenden Teilen von Mandala gehörte.
    Er stand auf und klopfte sich die Kleider aus. Der Gedanke an Mandala war deprimierend. Er senkte seine großen, verwitterten Hände, aber Thinner gebot ihm Einhalt.
    »Einen Augenblick. Wir unterhalten uns kaum, wenn wir unterwegs sind, und ich möchte das jetzt klären.«
    Jeshua hob die Schultern. »In Ordnung. Aber dieses Hickhack dient uns nur als Alibi zum ziellosen Weitermarschieren. Ich glaube nämlich, im Grunde will sich keiner von uns entscheiden. Wir kennen die derzeitige Position von Wiederauferstehung nicht, und was, wenn die eine oder andere Stadt schon verschwunden ist und wir die falsche Entscheidung getroffen haben? Wir könnten nämlich

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