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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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sie doch nicht mehr tragen.«
    Maddy verpackte das Kleid wieder in der Schachtel. »Ihr Zustand dauert ja nicht ewig. Spätestens im Frühjahr sind Sie wieder rank und schlank. Bis dahin nähe ich Ihnen ein paar bequeme Kleider.« Sie besah sich das Bäuchlein und das knapp sitzende Mieder. Inzwischen hatte Charmaine sämtliche Falten herausgelassen und die Säume verlängert, aber lange ging das wirklich nicht mehr. »Kommen Sie einfach in einer Stunde zu mir nach Hause, dann nehme ich Maß, und in der nächsten Woche habe ich einige Kleider fertig. Wie klingt das?«
    »Das klingt wunderbar.« Charmaine lächelte dankbar.
    In diesem Moment ertönte die Ladenglocke, und Wade Remmen kam in Begleitung einer jungen Frau herein. Es war das Mädchen, mit dem George auf dem Ball getanzt hatte. »Hallo, Yvette, die Rechnungen für diese Woche habe ich gerade im Lager abgegeben.«
    Yvette nickte, aber genau wie ihre Schwester hatte sie nur Augen für die hübsche Frau.
    »Meine Schwester Rebecca«, stellte Wade das Mädchen vor. »Und dies sind Yvette und Jeannette Duvoisin und Charmaine Duvoisin, die Frau von John.«
    Charmaine streckte der jungen Frau die Hand hin, aber sie erntete nur einen feindlichen Blick.
    Später auf dem Heimweg herrschte Wade seine Schwester an. »Was sollte das?«
    »Was denn?«
    »Charmaine war freundlich, und du warst nur unhöflich.«
    Rebecca rümpfte die Nase. »Ich mag sie eben nicht. Das ist alles.«
    Freitag, 21. September 1838
    An diesem Morgen machte sich Paul in aller Früh auf den Weg zu den Tabakfeldern von Charmantes. Die letzte Woche hatte er auf Espoir verbracht und eine gute Lösung gefunden. Wenn Peter Wuerst ihn vertrat, konnte er ruhigen Gewissens auf Charmantes bleiben und nur einen Tag in der Woche auf Espoir nach dem Rechten sehen. Zuckerpflanzen waren robust und seine Männer erfahren genug, um die Arbeit auch in seiner Abwesenheit zu bewältigen.
    Im Vergleich dazu war der Tabakanbau ein zeitraubendes und schwieriges Unterfangen: zeitig in der Saison anpflanzen, die Bekämpfung von Seuchen und Schimmel und die gewissenhafte Feuertrocknung für einen Zeitraum von drei bis zwölf Wochen. Zurzeit stand die Ernte an, die in ungefähr sechs Pflückungen durchgeführt wurde. Nach dem Trocknen musste der Tabak noch ein Jahr reifen, bevor er auf den Markt kommen konnte. Die gebündelten Blätter lagerten in einer Halle in der Nähe des Hafens, wo sie regelmäßig auf Insektenbefall kontrolliert wurden. Noch warf der Tabak aus Charmantes keinen Profit ab, sodass Paul sich manchmal fragte, warum er sich überhaupt darauf eingelassen hatte. Früher hatte er gedacht, dass der Anbau einfach sein müsse, wenn sogar John damit Erfolg hatte. Einfach?
    Keine halbe Stunde später erreichte er die Felder im Süden der Insel und fluchte beim Blick über das wellige Gelände. Die Arbeiter und Helfer lungerten tatenlos herum. Paul trieb sein Pferd an. »Was ist hier los?«
    »Wir warten auf Mr Richards«, antwortete einer der Männer. »Er wollte zeitig kommen, um die Arbeit einzuteilen.«
    »Und wo ist Mr Browning?«
    »Er ist mit ein paar Männern in die Stadt geritten. Sie müssen die Fässer der gestrigen Zuckerpressung im Lagerhaus stapeln.«
    »Wenn Mr Browning nicht da ist und Mr Richards sich verspätet, wisst ihr wohl nicht, was zu tun ist?«, schimpfte er und sprang aus dem Sattel.
    Er pflückte einige dunkelgrüne Blätter, bog eines nach dem anderen um und überzeugte sich, dass sie spröde waren. Dann schwang er sich wieder in den Sattel. »Ich erwarte, dass die letzten Blätter heute gepflückt und gebündelt werden. Morgen hängen sie alle in der Trockenscheune.«
    Die Arbeiter murrten. »Aber wir haben doch erst gestern hier gepflückt.«
    Paul ärgerte sich zwar, doch wenn er die Geduld verlor, erreichte er gar nichts. »Mein Bruder hat euch gezeigt, was zu tun ist. Diese Blätter sind reif. Wenn ihr bis Sonnenuntergang fertig seid, bekommt ihr einen Tag frei … aber erst nach der Ernte. Die bezahlten Kräfte bekommen einen Extralohn.«
    Mit beifälligen Rufen machten sich die Männer an die Arbeit.
    Paul dagegen machte sich auf die Suche nach George. Aber in der Sägemühle bot sich dasselbe Bild. Ohne Aufsicht ließen es die Männer ruhig angehen. »Hat einer von euch George Richards gesehen?« Er wurde immer wütender.
    »Nein, Sir, der kommt für gewöhnlich erst um Mittag her.«
    »Und wo, zum Teufel, steckt Wade Remmen?«
    »Er ist sonst immer hier, Sir. Aber gestern hat

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