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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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mit heruntergelassener Hose erwischt! Letztes Mal hatte John ihm die Einzelheiten über Pauls Geschäftspläne abgerungen. Doch im Moment schien er sich nicht weiter dafür zu interessieren. Er konnte nur beten, dass er bald etwas Interessantes erfuhr, das er John für sein Schweigen anbieten konnte. Davon hing seine Zukunft ab.

5

    Dienstag, 10. April 1838
    Jane Faraday erschien unter der Tür des Schlafzimmers. »Kann ich Sie einen Augenblick sprechen, Ma’am?«
    Charmaine war von der Förmlichkeit der Anrede überrascht. Sie nickte.
    »Wie Sie wissen, hat Mrs Duvoisin – Mrs Agatha Duvoisin – das Personal für die Festwoche eingestellt und in Aussicht gestellt, dass die fünf Tüchtigsten dauerhaft auf Espoir beschäftigt würden. Ich vermute, dass sie unter den Leuten ausgewählt werden sollen, die bereits auf Espoir arbeiten.«
    Charmaine hörte geduldig zu. Warum erklärt sie mir das alles?
    »Hier bei uns arbeitet ein Mädchen, das ich jedoch gern für Charmantes behalten würde.«
    Damit endete der Monolog. Wartete Mrs Faraday auf eine Antwort? Charmaine war etwas verwirrt. »Ich schlage vor, dass Sie die Sache mit Master Frederic besprechen.«
    »Das habe ich versucht, Ma’am. Aber er sagt, dass Sie das entscheiden sollen. Sie sind jetzt die Hausherrin.«
    Mit offenem Mund starrte Charmaine die Haushälterin an. Sie sind jetzt die Hausherrin . Sie rieb sich die Stirn. »Falls Sie das Mädchen für geeignet halten, Mrs Faraday, so vertraue ich Ihrem Urteil.«
    Mit einem Lächeln wandte sich die Frau zum Gehen, aber dann zögerte sie. »Ich möchte mich noch für meine Worte im vergangenen Herbst entschuldigen, Ma’am.«
    »Entschuldigen? Ich fürchte, ich verstehe nicht …«
    »Gestern habe ich mit Felicia und Anna die schmutzige Wäsche sortiert …« Charmaine fühlte, wie ihre Wangen brannten. »Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich mich damals geirrt habe. Ich hoffe, Sie tragen es mir nicht nach.«
    »Keine Sorge, Mrs Faraday«, flüsterte Charmaine, »das tue ich nicht.«
    Fünf Minuten später hörte John Charmaine fröhlich vor sich hinsummen.
    Er grinste. »Bin ich vielleicht der Grund?«
    »Wenn du wüsstest!«
    Sonntag, 22. April 1838
    Unmittelbar nach der Messe hatte Father Benito Frederic um eine Unterredung gebeten, doch als er ihm gegenüberstand, wusste er nicht recht, wie er beginnen sollte. Gestern war Agatha nicht wie gewohnt zum wöchentlichen Treffen gekommen, aber den Grund hatte er erst heute Morgen erfahren. Offenbar hatte ihr Mann sie nach Espoir verbannt. Aber warum? Angst vor Entdeckung hatte Father Benito nicht. Falls Frederic Duvoisin über seine Machenschaften Bescheid wüsste, hätte er um dieses Gespräch nachgesucht. Nichtsdestotrotz konnte Agathas Exil schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.
    »Sie wollten mich sprechen?«, fragte Frederic.
    »Ja.« Benito räusperte sich. »Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, die Ihre Frau betreffen. Als Ihr seelischer Ratgeber erscheint es mir wichtig, dass Sie mich über Ihre Absichten in Kenntnis setzen.«
    »Ist das so?«
    Wieder räusperte sich Benito. »So ist es.«
    Frederic lehnte sich zurück. Ein feines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Nun gut. Vielleicht können Sie mir ja wirklich von Nutzen sein, Father. Ich trenne mich von meiner Frau und habe entsprechende Papiere vorbereiten lassen. Da wir vor Gott noch immer verbunden sind, möchte ich, dass Sie nach Rom schreiben und einen Dispens erwirken, um die Ehe endgültig aufzuheben.«
    »Das kann ich nicht!«, widersprach Benito heftig. »Agatha ist Ihre Frau, und bei der Trauung haben Sie einander Treue bis in den Tod versprochen. Rom wird einen solchen Antrag ablehnen, und sollten Sie nicht einsichtig sein, müssten Sie im schlimmsten Fall sogar mit Exkommunikation rechnen.«
    Frederic lachte auf. »Dann muss eben mein Vertrag genügen. Auf jeden Fall ist Agatha nicht länger meine Frau.«
    Benito runzelte die Stirn. Das klang gar nicht gut. Er hatte gehofft, Frederic zur Rücknahme seiner Entscheidung zu bewegen, damit er Agatha weiter erpressen konnte. Noch ein weiteres Jahr, und er hätte genügend Geld beisammengehabt, um sich bequem zur Ruhe zu setzen. Doch mit einem Mal war seine Quelle versiegt … und Frederics Äußerungen ließen keinen Zweifel aufkommen, dass das auch in Zukunft so bleiben würde. Sein letzter Ausweg bestand darin, die Insel zu verlassen. Weiteres Warten war sinnlos. Allerdings musste er die Abreise sorgfältig planen, um keinen

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