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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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jetzt bepflanzt werden müssen, schon vier Jahre lang brach gelegen haben. Auf solchem Boden lassen sich gute Erträge erzielen. Außerdem kenne ich ein paar Tricks, die uns bei jeder Auktion ein paar Dollar Aufpreis bringen.«
    Frederic war sofort Feuer und Flamme. »Und was genau schlägst du vor?«
    »Erst einmal alles abbrennen, dann ein bisschen Holzkohle. Die verleiht dem Tabak ein rauchiges Aroma. Außerdem müssten wir eine Trockenscheune errichten, aber das sollte nicht allzu schwierig sein.«
    »Dann lass uns gleich damit anfangen. Wo ist deiner Meinung nach der günstigste Standort?«
    John war überrascht. Sein Vater zog sein Urteil in keiner Weise in Zweifel. Als sie sich auf den Weg machten, um einen geeigneten Ort für die Trockenscheune zu suchen, wurde ihm mit einem Mal bewusst, dass sie schon seit zehn Jahren nicht mehr gemeinsam gearbeitet hatten. Seit Colette vor zehn Jahren ihre Wahl getroffen hatte.
    Samstag, 12. Mai 1838
    Eines Abends saß Paul allein im Wohnraum seines neuen Hauses. Inzwischen war es einen Monat her, seit ihm das Leben, wie er es bisher gekannt hatte, unter den Händen zerronnen war. Auf die triumphale Eröffnung seiner Firma war vom ersten Augenblick an ein Schatten gefallen. Er dachte an den Streit bei Johns Ankunft, als sein Bruder aus dem Testament ihres Vaters gestrichen werden wollte und er die Wahrheit über seine Herkunft erfahren hatte. Agatha war seine Mutter. Selbst nach einem Monat wollte ihm das nicht in den Kopf. Jahrelang hatte er gefragt, wer ihn in die Obhut seines Vaters gegeben hatte, doch heute wünschte er, dass er es nie erfahren hätte.
    Er hatte mehr erreicht, als er je für möglich gehalten hätte, und war nun sogar der Erbe des väterlichen Vermögens. Und doch stand er mit leeren Händen da. John war ehelich geboren, John hatte Charmaine, und John war Manns genug, um auf eigenen Füßen zu stehen. Wie hatte sein Bruder ihn vor Monaten genannt? Einen bemitleidenswerten Narren. Ja, das Mitleid war durchaus angebracht. Er hatte seinen Vater immer verehrt, aber hatte ihm das seinen Respekt eingetragen? Nein. Nur sein Geld … und das auch nur, weil John es abgelehnt hatte.
    Dann war da noch Charmaine. In der Ballnacht hatte sie wunderschön ausgesehen. Doch er hatte sich von Agatha ablenken lassen und es als selbstverständlich betrachtet, dass Charmaine da war und nur auf ihn wartete. John dagegen war entschlossen genug, um einer leichtfertigen Versuchung zu widerstehen und sich das zu holen, was er wirklich begehrte. Sicher hatte Charmaine seine Zurückhaltung imponiert. Dagegen hatte sein unreifes Getändel mit Anne London nur bestätigt, dass er im Grunde doch der Frauenheld war, als den er sich Charmaine präsentiert hatte. Er rieb sich die Brauen und erinnerte sich, wie sie gegen seine Brust gehämmert und ihre Wut hinausgeschrien hatte. Er hätte sie lieben können, doch nun war sie für immer verloren.
    John hatte lange nichts gehabt, und jetzt hatte er alles. Sogar die Liebe seines Vaters. Auch wenn Frederic noch so wütend war – letztlich liebte er doch nur seinen legitimen Sohn. Und seinen unehelichen Sohn? Frederic hatte Agatha Geld gegeben, damit sie das Kind, das er gar nicht haben wollte, irgendwo großzog. Nach all den Jahren begriff Paul zum ersten Mal, warum er nie gut genug gewesen war.
    Scham und Selbstmitleid überkamen ihn. Wie oft hatte er Agatha verspottet … und doch hatte sie ihn immer vorgezogen. Sie hatte Schreckliches getan, trotzdem konnte er sich in sie hineinversetzen und ihr vergeben. Sein Vater hatte ihr übel mitgespielt, und er wollte zumindest dafür sorgen, dass sie nie wieder leiden musste.
    Laute Stimmen in der Halle rissen ihn aus seinen Gedanken. Agatha schien mit jemandem zu sprechen. »Geh weg! Frederic liebt mich! Er kommt bald, und ich will nicht, dass er dich hier erwischt.«
    Neugierig ging Paul zur Tür, doch Agatha starrte einfach nur ins Leere. »Agatha?« Das Wort »Mutter« kam ihm nicht über die Lippen. »Mit wem reden Sie denn da?«
    Sie fuhr herum und lächelte ihn an. »Oh, Paul, da bist du ja«, hauchte sie. »Wann kommt dein Vater zurück?«
    »Vater?« Ihm wurde ganz anders. »Vater kommt nicht zu uns, Agatha. Er lebt in seinem Haus auf Charmantes. Fühlen Sie sich nicht wohl?«
    »O doch, es geht mir gut. Aber Frederic kommt bald, und dann muss ich ihm alles erklären. Wenn er erst Bescheid weiß, wird er mich auch verstehen.«
    »Warum ruhen Sie sich nicht ein wenig aus, Agatha. Ich rufe

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