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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Und wenn es mir nicht gelungen ist, sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen, so habe ich mich damit getröstet, daß sie irgendwann doch bekommen, was sie verdienen.
    Genau wie ich.
    Und das weiß ich, denn obwohl ich nicht die Kraft habe aufzustehen, obwohl ich mich selbst anfallen möchte, bis dieser Teil von mir restlos zerfetzt ist, gibt es in mir einen anderen Teil, der denkt: Er ist immer noch nicht aus der Welt .
    Ich greife zum Telefon, um Fisher anzurufen. Doch dann lege ich wieder auf. Er muß es erfahren, es könnte schließlich sein, daß er es irgendwie selbst herausfindet. Aber ich weiß nicht, wie sich das auf meinen Prozeß auswirken wird. Es könnte der Anklagevertretung nützen, weil ihr Opfer jetzt ein wahres Opfer ist. Andererseits ist Unzurechnungsfähigkeit nun mal Unzurechnungsfähigkeit. Es spielt keine Rolle, ob ich Pater Szyszynski getötet habe oder den Richter oder das gesamte Publikum im Saal – falls ich damals unzurechnungsfähig war, wäre ich nach wie vor nicht schuldig.
    Es könnte sogar sein, daß ich dadurch noch verrückter erscheine.
    Ich setze mich an den Küchentisch und vergrabe das Gesicht in den Händen. Es klingelt an der Haustür, und plötzlich steht Patrick in der Küche, ist ganz aufgelöst wegen der Nachricht, die ich auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen habe. »Was ist los?« fragt er, als er mich so dasitzen sieht und die Ruhe im Haus registriert. »Ist irgendwas mit Nathaniel?«
    Die Frage ist so bedeutungsschwanger, daß ich unwillkürlich lachen muß. Ich lache, bis sich mein Bauch verkrampft, bis ich keine Luft mehr bekomme, bis mir Tränen aus den Augen strömen und ich merke, daß ich schluchze. Patricks Hände sind auf meinen Schultern, meinen Armen, meiner Taille, als wäre das, was in mir zerbrochen ist, so etwas Simples wie ein Knochen. Ich wische mir mit dem Ärmel die Nase ab und zwinge mich, seinem Blick standzuhalten. »Patrick«, flüstere ich, »ich hab’s versaut. Pater Szyszynski … hat nicht … er war es nicht –«
    Er beruhigt mich, und dann muß ich ihm alles erzählen. Als ich fertig bin, starrt er mich eine halbe Minute an, bevor er etwas sagt. »Das kann nicht wahr sein«, stammelt Patrick. »Du hast den Falschen erschossen?«
    Bevor ich antworten kann, springt er auf und beginnt, auf und ab zu tigern. »Nina, Moment mal. In diesen Laboren arbeiten auch nur Menschen, da kann schon mal was schieflaufen.«
    Ich klammere mich an diesen Rettungsanker. »Vielleicht ist das die Erklärung. Ein Fehler bei den Tests.«
    Â»Aber wir hatten doch schon die Identifizierung, bevor wir den Spermabeweis fanden.« Patrick schüttelt den Kopf. »Wieso hätte Nathaniel seinen Namen sagen sollen?«
    Die Zeit kann stehenbleiben, das weiß ich jetzt. Man spürt, wie das eigene Herz aufhört zu schlagen, wie das Blut in den Adern stockt. »Was hat er gesagt?« Meine Worte klirren wie Steine. »Was genau hat er zu dir gesagt?«
    Patrick dreht sich zu mir um. »Vater Glen«, erwidert er. »Richtig?«

    Nathaniel weiß noch, daß er sich schmutzig gefühlt hat, so schmutzig, daß er dachte, er könnte tausendmal duschen und wäre trotzdem noch nicht sauber. Und das lag daran, daß das, was schmutzig an ihm war, unter seiner Haut lag. Er würde sich die Haut vom Leib schrubben müssen, um es wegzubekommen.
    Es brannte da unten , und sogar Esme wollte nicht mehr in seiner Nähe sein. Sie schnurrte und hüpfte dann auf den großen hölzernen Schreibtisch, starrte ihn an. Das ist deine Schuld , sagte sie. Nathaniel wollte seine Hose anziehen, aber seine Hände waren wie Knüppel, konnten nichts festhalten. Als er schließlich seine Unterhose zu fassen bekam, war sie ganz naß, was komisch war, weil ihm doch kein Malheur passiert war, das wußte er genau. Aber der Priester hatte seine Unterhose angesehen, sie in die Hand genommen. Die Baseballhandschuhe hatten ihm gefallen.
    Nathaniel wollte sie nie wieder anziehen.
    Â»Kein Problem«, sagte der Priester mit weicher Stimme und ging für einen Moment aus dem Zimmer. Nathaniel zählte bis fünfunddreißig, und dann noch mal, weil er noch nicht weiter zählen konnte. Er wollte weg. Er wollte sich unter dem Schreibtisch oder im Aktenschrank verstecken. Aber er brauchte eine Unterhose. Ohne die konnte er sich

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