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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Computerfreak.«
    Er beugt sich über Emilio und drückt eine Taste. Zehn Fotos erscheinen auf dem Bildschirm, eines davon zeigt Pater Szyszynski.
    Ich trete näher, betrachte es genauer. Nichts in den Augen oder dem entspannten Lächeln des Priesters könnte mich ahnen lassen, daß er zu einer solchen Abscheulichkeit fähig ist. Die eine Hälfte der abgebildeten Männer trägt Priesterkleidung, die andere den üblichen Overall des hiesigen Gefängnisses. Patrick zuckt die Achseln. »Das einzige Bild von Szyszynski, das wir auftreiben konnten, zeigt ihn im Priestergewand. Also müssen wir die Häftlinge auch wie Priester ausstaffieren. Damit das Verfahren später nicht angezweifelt werden kann, wenn Nathaniel ihn identifiziert hat.«
    Er sagt das so, als wäre es eine Gewißheit. Und dafür könnte ich ihn küssen. Wir sehen zu, wie Emilio dem Foto eines fleischgesichtigen Schlägertyps einen Priesterkragen verpaßt. »Hast du noch einen Augenblick Zeit?« fragt Patrick mich, und als ich nicke, führt er mich aus dem winzigen Büro durch eine Seitentür hinaus auf den Hof.
    Ich sehe einen Picknicktisch, einen Basketballring und drum herum einen hohen Maschenzaun. »Also«, sage ich sofort, »wo liegt das Problem?«
    Â»Es gibt kein Problem.«
    Â»Wenn es kein Problem gäbe, hättest du auch vor dem kleinen Hacker mit mir sprechen können.«
    Patrick setzt sich auf die Bank des Picknicktisches. »Es geht um die Gegenüberstellung.«
    Â»Ich hab’s doch gewußt!«
    Â»Hörst du jetzt bitte mal auf?« Patrick wartet ab, bis ich mich gesetzt habe, und blickt mich dann eindringlich an. Diese Augen und meine Augen haben eine gemeinsame Geschichte. Seine waren das erste, was ich sah, als ich wieder zu mir kam, nachdem ich während eines Schulspiels von einem Baseball am Kopf getroffen worden war. Sie gaben mir die Ermutigung, die ich brauchte, als ich mit sechzehn zum erstenmal Sessellift fahren sollte, obwohl ich unter panischer Höhenangst leide. Solange ich zurückdenken kann, haben mir diese Augen immer signalisiert, daß alles gut werden wird. »Eins mußt du wissen, Nina«, sagt Patrick. »Selbst wenn Nathaniel prompt auf Szyszynskis Bild zeigt … dann ist das immer noch kein zwingender Beweis. Eine Gegenüberstellung ist für einen Fünfjährigen eigentlich eine Überforderung. Kann sein, daß er das einzige ihm bekannte Gesicht herauspickt, kann sein, daß er einfach auf irgendwen zeigt, damit wir ihn in Ruhe lassen.«
    Â»Meinst du, das wüßte ich nicht?«
    Â»Dir ist doch klar, was wir brauchen, um eine Verurteilung zu erreichen. Wir dürfen Nathaniel nicht dahingehend manipulieren, daß er den Priester identifiziert, nur weil du die Sache schnell vorantreiben willst. Ich will damit nur sagen, daß Nathaniel vielleicht in einer Woche wieder sprechen kann. Vielleicht schon morgen. Irgendwann wird er in der Lage sein, den Namen des Täters auszusprechen, und das ist dann ein sehr viel schlagkräftigerer Beweis.«
    Â»Und was soll ich dann machen? Ihn aussagen lassen?«
    Â»So läuft das nun mal.«
    Â»Nicht, wenn mein Kind das Opfer ist«, fauche ich.
    Patrick streicht mir über den Arm. »Nina, ohne Nathaniels Aussage gegen Szyszynski hast du keine Chance.« Er schüttelt den Kopf, überzeugt davon, daß ich mir das nur noch nicht richtig klargemacht habe.
    Aber in meinem ganzen Leben war ich mir noch nie einer Sache so sicher. Ich werde alles tun, um meinen Sohn vor dem Zeugenstand zu bewahren. »Du hast recht«, sage ich zu Patrick. »Und deshalb verlasse ich mich darauf, daß du den Priester dazu bringst, ein Geständnis abzulegen.«

    Bevor mir wirklich bewußt ist, was ich tue, bin ich zur Kirche St. Anne gefahren. Ich halte auf dem Parkplatz, steige aus dem Wagen und lasse dann den Haupteingang links liegen, um auf Zehenspitzen zur Rückseite des Gebäudes zu gehen. Dort liegt das Pfarrhaus, das an die Kirche angebaut ist. Meine Sportschuhe hinterlassen Abdrücke auf dem frostigen Boden, die Spur einer Unsichtbaren.
    Ich steige auf ein Mäuerchen, so daß ich durch das Fenster spähen kann. Ich sehe in Pater Szyszynskis privates Wohnzimmer. Auf einem Couchtisch steht eine Tasse Tee, der Teebeutel ist noch drin. Ein Buch – Tom Clancy – liegt aufgeklappt auf dem Sofa. Überall entdecke ich

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