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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Quentin Brown, der die Arme verschränkt hat. O-Saft , denke ich. Roastbeef und Käse. Spargel, Ritz-Kräcker, Milch. Vanillejoghurt . Der Gedanke an den Inhalt meines verlassenen Einkaufswagens läßt mich bis zum Gefängnis nicht los.

    Als Caleb die Tür öffnet, sieht er seinen Sohn schluchzend auf dem Arm von Peter Eberhardt. »Was ist mit Nina?« fragt er hastig und greift nach Nathaniel.
    Â»Der Typ ist ein Arschloch«, sagt Peter verzweifelt. »Der will hier bei uns Spuren hinterlassen. Er –«
    Â»Peter, wo ist meine Frau?«
    Peter verzieht das Gesicht. »Wieder im Gefängnis. Sie hat gegen eine Kautionsbedingung verstoßen, und der stellvertretende Generalstaatsanwalt hat sie festnehmen lassen.«
    Einen Moment lang wird Nathaniel in seinen Armen zu einem bleiernen Gewicht. Caleb taumelt unter der Verantwortung, ihn tragen zu müssen, doch dann fängt er sich wieder. Nathaniel weint noch immer, leiser jetzt, ein Tränenstrom, der sein Hemd benetzt. Caleb malt mit der Hand kleine Kreise auf dem Rücken des Kindes. »Sag schon. Was ist passiert?«
    Caleb versteht zuerst nur einzelne Worte: Supermarkt, Obstabteilung, Quentin Brown , der Rest geht in dem Tosen in seinem Kopf unter, das ein einziger Satz erzeugt: Nina, was hast du jetzt wieder getan? »Nathaniel hat mich gerufen«, erklärt Peter. »Ich war so froh, ihn wieder sprechen zu hören, ich konnte ihn nicht einfach ignorieren.«
    Caleb schüttelt den Kopf. »Du … du bist zu ihr gegangen?«
    Peter ist rund dreißig Zentimeter kleiner als Caleb, und im Augenblick spürt er jeden einzelnen Zentimeter. Er macht einen Schritt zurück. »Caleb, du weißt genau, daß ich ihr nie absichtlich Ärger machen würde.«
    Caleb stellt sich seinen brüllenden Sohn vor, seine Frau, die von Polizisten abgeführt wird, eine Lawine von Obst, die bei der Rangelei auf den Boden rollt. Er weiß, daß es nicht Peters Schuld ist, jedenfalls nicht seine allein. Zu einem Gespräch gehören zwei. Nina hätte einfach weggehen sollen.
    Aber wie Nina jetzt sagen würde, sie hat in dem Augenblick wahrscheinlich nicht nachgedacht.
    Peter legt Nathaniel eine Hand auf die Wade und streichelt ihn sanft. Prompt fängt das Kind wieder an zu weinen. Seine Schreie gellen über die Veranda und prallen von den dicken, kahlen Ästen der Bäume. »Meine Güte, Caleb, es tut mir so leid. Das ist lächerlich. Wir haben nichts Falsches getan.«
    Caleb dreht sich um, so daß Peter für einen Moment den Rücken von Nathaniel sieht, der von Angst geschüttelt wird. Er berührt das feuchte Haar seines Sohnes. »Ihr habt nichts Falsches getan?« fragt Caleb bitter und läßt Peter draußen stehen.

    Ich bewege mich steif, als ich wieder zu den Einzelzellen geführt werde, aber ich kann nicht sagen, was mich so starr macht – die Festnahme oder einfach nur die Kälte. Die Heizung im Gefängnis ist defekt, und die Strafvollzugsbeamten tragen alle dicke Jacken. Die Insassen, die aus Bequemlichkeitsgründen meistens nur Shorts oder Unterwäsche tragen, haben sich Pullover übergezogen; ich habe keinen und bleibe zitternd in der Zelle sitzen, nachdem die Tür hinter mir verschlossen wurde.
    Â»Hallo, Liebes.«
    Ich schließe die Augen, wende den Kopf zur Wand. Heute abend will ich nichts mit Adrienne zu tun haben. Heute abend muß ich erst mal darüber hinwegkommen, daß Quentin Brown mich reingelegt hat. Es war schon ein Wunder, daß ich beim ersten Mal auf Kaution freigelassen wurde. So ein Glück werde ich wohl kaum ein zweites Mal haben.
    Ich frage mich, ob Nathaniel die Sache gut überstanden hat. Ich frage mich, ob Fisher mit Caleb gesprochen hat. Diesmal habe ich mich bei der Einlieferung, als ich einen Telefonanruf machen durfte, für meinen Anwalt entschieden. Aus purer Feigheit.
    Caleb wird sagen, daß es mein Fehler war. Das heißt, falls er überhaupt noch mit mir spricht.
    Â»Liebes, deine Zähne klappern so laut, daß du noch eine Wurzelentzündung bekommst. Hier.« Am Gitter höre ich etwas rascheln. Ich wende den Kopf und sehe, daß Adrienne mir einen Pullover zuwirft. »Angora. Leier ihn mir nicht aus.«
    Mit unbeholfenen Bewegungen ziehe ich mir den Pullover über, den ich nie im Leben weiten könnte, weil Adrienne fünfzehn Zentimeter und zwei Konfektionsgrößen mehr hat

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