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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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als ich. Ich bebe immer noch, aber jetzt weiß ich wenigstens, daß es nicht an der Kälte liegt.
    Als das Licht gelöscht wird, versuche ich an Wärme zu denken. Ich erinnere mich an Mason, wie er als Welpe auf meinen Füßen gelegen hat, sein weicher Bauch warm auf meinen nackten Zehen. Und der Strand von St. Thomas, unsere Flitterwochen, als Caleb mich bis zum Hals in dem heißen Sand eingegraben hat. Schlafanzüge, am frühen Morgen frisch von Nathaniels Körper, noch warm und nach Schlaf duftend.
    Selbst in der dumpfen Stille des Gefängnisses kann ich hören, wie Nathaniel nach mir schreit, als man mir Handschellen anlegt. Nathaniel, dem es wieder so gutging – er war fast schon wieder ganz normal –, wie wird er das verkraften? Wartet er am Fenster auf mich, auch wenn ich nicht nach Hause komme? Schläft er aus Angst vor Alpträumen bei Caleb?
    Ich denke immer wieder über mein Verhalten im Supermarkt nach – was ich getan habe, was ich hätte tun sollen. Ich hatte gedacht, es wäre harmlos, ein paar Worte mit Peter zu wechseln … und jetzt hat diese eine Unvorsichtigkeit Nathaniel vielleicht wieder weit zurückgeworfen.
    Ich habe immer geglaubt, ich wüßte, was gut für Nathaniel ist.
    Aber was, wenn ich mich getäuscht habe?

    Â»Ich hab ein bißchen Kakao zu deiner Schlagsahne geschüttet«, sagt Caleb, ein lahmer Witz, als er die Tasse auf Nathaniels Nachttisch stellt. Nathaniel sieht ihn nicht mal an. Er blickt zur Wand, eingewickelt wie in einen Kokon, die Augen so rot vom Weinen, daß er völlig verändert aussieht.
    Caleb zieht seine Schuhe aus, legt sich zu Nathaniel ins Bett und schließt den Jungen fest in die Arme. »Nathaniel, ist ja gut.«
    Er spürt das kurze Schütteln des kleinen Kopfes. Caleb stützt sich auf einen Ellbogen und dreht seinen Sohn sachte auf den Rücken. Er grinst, versucht mit aller Kraft, so zu tun, als wäre alles ganz okay, als wäre Nathaniels Welt nicht zu einer von diesen Glaskugeln mit Schneeflocken drin geworden, die jedesmal erneut geschüttelt wird, wenn die Sicht wieder klar wird. »Was meinst du? Trinkst du ein bißchen von deinem Kakao?«
    Nathaniel setzt sich langsam auf. Er zieht die Hände unter der Decke weg und drückt sie an den Körper. Dann dreht er eine Handfläche nach oben, die Finger gestreckt, und legt den Daumen ans Kinn. Will zu meiner Mommy .
    Caleb erstarrt. Nathaniel war nicht sehr gesprächig, seit Peter ihn nach Hause gebracht hat, hat nur geweint. Irgendwann nach dem Baden, und bevor Caleb ihm den Schlafanzug angezogen hat, hat das Schluchzen aufgehört. Aber er kann doch wohl sprechen, wenn er will. »Nathaniel, sag mir was du willst.«
    Wieder das Handzeichen, und ein drittes Mal.
    Â»Kannst du es sagen, Kleiner? Ich weiß, daß du zu Mommy willst. Sag es.«
    Nathaniels Augen glänzen, und die Tränen quellen hervor. Caleb ergreift die Hand des Jungen. »Sag es«, bettelt er. »Bitte, Nathaniel.«
    Aber Nathaniel gibt kein Wort von sich.
    Â»Schon gut«, murmelt Caleb und läßt Nathaniels Hand los. »Ist schon gut.« Er lächelt, so gut er kann, und steigt aus dem Bett. »Ich bin gleich wieder da. In der Zwischenzeit kannst du ja schon mal was von dem Kakao trinken, ja?«
    In seinem eigenen Schlafzimmer greift Caleb zum Telefon. Wählt eine Nummer, die er von der Visitenkarte in seiner Brieftasche abliest. Er hinterläßt Dr. Robichaud, der Kinderpsychiaterin, eine Nachricht. Dann legt er auf, ballt seine Hand zur Faust und schlägt mit aller Kraft gegen die Wand.

    Nathaniel weiß, daß das alles seine Schuld ist. Peter hat gesagt, das stimmt nicht, aber er hat gelogen, so wie Erwachsene es tun, wenn sie dich mitten in der Nacht davon ablenken wollen, daß unter dem Bett irgendwas Schreckliches lebt.
    Er hatte Peter gesehen und ihn begrüßt, und das war böse gewesen. Sehr, sehr böse.
    Nathaniel weiß: Er hat geredet, und der böse Mann hat seine Mutter am Arm gepackt. Er hat geredet, und die Polizei ist gekommen. Er hat geredet, und sie haben seine Mutter weggebracht.
    Und deshalb wird er nie wieder reden.

    Am Samstag morgen ist die Heizung repariert. So gut repariert, daß es jetzt fast siebenundzwanzig Grad im Gefängnis sind. Als ich in das Besprechungszimmer geführt werde, wo Fisher wartet, trage ich eine Jacke und eine Hose mit Gummizug, und

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