Die Macht
Sorgen wegen ihres Gewichts und war vor allem bemüht, es den Fotografen und Werbeleuten recht zu machen. Sie war dumm und schwach gewesen und hatte sich von den dunklen Seiten des Model-Daseins verführen lassen. Ihr ganzes Leben war eine einzige Party gewesen, die sie mit reichen Männern an irgendwelchen exotischen Orten feierte. So ging es eine Zeit lang dahin, bis schließlich der unvermeidliche Absturz kam. Als sie einmal zu einem Fotoshooting nach Tel Aviv flog, bekam sie große Probleme, als die Zollbeamten fünfzig Gramm Heroin in ihrem Gepäck fanden. Sie kam in den Knast, wo man sie sehr schlecht behandelte. Die Erinnerung daran war ein wenig verschwommen, sodass sie nicht mehr in allen Einzelheiten wusste, was ihr widerfahren war, doch sie wusste noch, dass sie viel geschrien hatte und auch geschlagen worden war. Vor allem aber erinnerte sie sich an die eisige Kälte in ihrer Zelle. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, bis schließlich ein Mann zu ihr kam, der ihr eine Decke brachte. So war ihr erster Eindruck, den sie von Ben Freidman hatte, der eines freundlichen, mitfühlenden Menschen. Beim nächsten Besuch brachte er einen Arzt mit, der ihr eine Spritze gegen die Entzugserscheinungen gab. Und er schlug ihr ein Geschäft vor, das sie nicht ablehnen konnte. Er stellte sie vor die Wahl, entweder die besten Jahre ihres Lebens in einem israelischen Gefängnis zu verbringen oder für ihn zu arbeiten. Die Entscheidung fiel ihr nicht schwer, zumal sie ja nicht wusste, was sie für ihn würde tun müssen. Sie wusste nur eines – dass sie nicht im Gefängnis bleiben wollte.
Freidman sorgte dafür, dass Donatella in einer israelischen Klinik behandelt wurde. Sie rief ihre Agentin in Mailand an und teilte ihr mit, dass sie völlig am Boden wäre und eine Entziehungskur machen würde. Ihre Agentin war keineswegs überrascht; was Donatella passierte, war alles andere als ein Einzelfall. Sie wünschte ihr alles Gute und sagte ihr, dass sie sich erst einmal um ihre Gesundheit kümmern solle. Dann rief Donatella ihre Mutter an und gestand ihr alles; beide Frauen waren erleichtert, dass das ganze Theater endlich vorüber war. Sie teilte ihrer Mutter mit, dass sie nur einmal die Woche, am Sonntag, mit ihr telefonieren könne, und gab ihr eine Nummer für Notfälle. Doch es war nicht die Entziehungsklinik, mit der man über diese Telefonnummer verbunden wurde, sondern das Hauptquartier des Mossad, wo man eventuelle Nachrichten an sie weitergeben würde.
Es gab in Wirklichkeit gar keine Entziehungsklinik. Donatella wurde zu einem Armeelager in der Nähe von Abda im Süden Israels gebracht. Ein Arzt und einige Schwestern kümmerten sich um ihre Gesundheit. Außerdem bekam sie eine intensive Ausbildung im Umgang mit Waffen sowie in Selbstverteidigung und absolvierte ein beinhartes Fitnesstraining. Sie schuftete Tag für Tag von morgens bis abends und hatte des Öfteren das Gefühl, dass sie nicht länger durchhalten würde. In den Momenten größter Verzweiflung wünschte sie sich fast, sie wäre im Gefängnis geblieben. Doch immer wenn es ihr besonders schlecht ging, tauchte Ben Freidman auf.
Erst viel später kam sie dahinter, dass das nicht ohne Berechnung geschah; er wollte, dass sie ihn als ihren Retter sah, als den einen Menschen, auf den sie immer zählen konnte. In jenen kalten Nächten in dem tristen Lager kam er gelegentlich mit Brot und einer Flasche Wein und hörte ihr stundenlang zu. Er wollte so viel wie möglich über sie erfahren – zumindest dachte sie das damals. In Wahrheit wusste Ben Freidman schon eine ganze Menge über sie. Das Ganze war vielmehr eine Prüfung, um herauszufinden, wie ehrlich sie war.
Je schwerer es ihr fiel, durchzuhalten, umso mehr freute sie sich auf die Abende mit Ben Freidman. Es war das erste Mal, dass sie auf rein geistiger Ebene eine Beziehung mit einem Mann hatte. Aufgrund ihres Aussehens waren die Männer in ihrem Leben bisher immer viel mehr an ihrem Körper interessiert gewesen als an ihrer Persönlichkeit. Freidman war anders; er wollte sich einfach nur mit ihr unterhalten. Zuerst dachte Donatella, dass er wohl verheiratet war, und dann, dass er vielleicht schwul sein könnte, doch beides stellte sich als falsch heraus. Er war einfach nur ein Mann, der seine Arbeit sehr ernst nahm.
Nach und nach begann auch Freidman mehr zu reden. Er erklärte ihr ganz genau, in welch schwieriger Position sich Israel befand, und half Donatella, sich ihrer jüdischen Wurzeln bewusst zu
Weitere Kostenlose Bücher