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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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verschwunden. Ihr war anzusehen, dass sie trotz des dicken Pelzes fror. »Du hast die Hebammenprüfung abgelegt und kannst Kranken helfen.«
    »Dafür kannst du andere Dinge, die genauso nützlich sind. Zum Beispiel Tiere retten. Und backen.«
    »Mit einem Stück Kuchen kann man Leuten nicht das Leben retten.«
    »Aber den Tag versüßen.«
    Ihre launige Bemerkung verfing bei Eleonora nicht. Offenbar war ihre Laune auf den Tiefpunkt gesunken. Schweigsam legten sie die restlichen Schritte entlang der Klostermauer zurück. Sie kamen vor dem Wassertor von San Lorenzo an und ließen Moses den Vortritt, damit er den Türklopfer betätigen konnte. Girolamo öffnete die Pforte und bedachte sie mit seinem stummen Lachen. Sanchia zwang sich, es zu erwidern, während Eleonora mit hängenden Schultern an dem massigen Torwächter vorbeitrottete.
    »Was hast du mit dem Hund vor?«, fragte Sanchia auf der Treppe. »Soll er sich nur bei uns aufwärmen oder einziehen?«
    »Hector ist schon alt. Er wird sich über ein bisschen Gesellschaft freuen. Wie findest du den Namen Herkules?«
    »Mythologisch«, sagte Sanchia.
    »Was ist das?«
    »Nichts Wichtiges.«
    »Du gibst wieder mit deiner Bildung an«, sagte Eleonora ärgerlich.
    »Es war nicht böse gemeint.«
    »Du meinst nie etwas böse. Aber dennoch sagst du oft Dinge, die für mich wie Stacheln im Fleisch sind.«
    »Es tut mir leid.« Sanchia bemerkte Eleonoras unversöhnlichen Gesichtsausdruck. »Es tut mir wirklich leid«, wiederholte sie betreten. »Ich erkläre dir gern, was Mythologie ist.«
    »Ich will es gar nicht wissen. Es ist garantiert genauso langweilig wie alles andere, womit du dich befasst.«
    Sie schwiegen eine Weile. Schließlich meinte Eleonora schnippisch: »Du bist klüger als ich, das gebe ich zu. Aber für alles, was man aufessen kann, ist deine Begabung jämmerlich.«
    Damit war das Thema zu Sanchias Erleichterung abgehakt. Es hätte auch richtig unangenehm werden können. Wenn Eleonora es auf Streit anlegte, war der Tag meist endgültig verdorben.
    Sie kleideten sich um, brachten die geborgten Sachen zu der Holzhütte, in der Moses wohnte, und gingen anschließend weiter zur Hauptküche des Klosters. Sanchia hätte sich lieber mit ein paar Bögen ihrer Aufzeichnungen unter die Bettdecke verkrochen, doch Eleonora wirkte so verloren und niedergeschlagen, dass Sanchia kein gutes Gefühl dabei hatte, sie allein zu lassen. Anscheinend machten die heutigen Ereignisse Eleonora mehr zu schaffen, als man nach Lage der Dinge hätte erwarten können.
    Alle Mädchen und Frauen in San Lorenzo hatten ihre eigene Art, der Enge und der Beschränkung, die ihnen das Klosterleben auferlegte, Widerstand zu leisten. Sanchia las und schrieb und ging zu Simon ins Spital. Elisabetta sang und bemalte Seidenpapier, aus dem sie Lampenschirme bastelte. Andere stickten, bepflanzten den Garten oder pflegten in endlosen Ritualen ihren Körper und ihr Haar. Es gab sogar zwei oder drei Nonnen, die pausenlos beteten, und von einer wusste Sanchia, dass sie sich für alle möglichen eingebildeten und echten Verfehlungen in der Zurückgezogenheit ihrer Zelle geißelte.
    Eleonora buk und kochte. Sie tat es auf eine Weise, die alle begeisterte, doch sie selbst wusste ihre eigenen Fähigkeiten nicht wirklich zu würdigen.
    In der Küche, die sich in einem großen Anbau neben dem Refektorium befand, war es wärmer als sonst irgendwo im Kloster. Eine wohltuende Hitze empfing sie, als sie den von Dunstschwaden erfüllten Raum betraten. Nach der beißenden Kälte draußen war es herrlich, sich von der bulligen Wärme umfangen zu lassen, und Sanchia war froh, dass sie Eleonora begleitet hatte. Anders als ihre Zimmergenossin war sie nicht sonderlich darauf versessen, zu naschen oder während der Zubereitung von den Speisen zu kosten, und am wenigsten konnte sie der eigentlichen Küchenarbeit abgewinnen, doch sie liebte die Hitze der Öfen und das flackernde offene Feuer.
    Während ihrer ersten Zeit in San Lorenzo hatte sie für eine Weile geglaubt, nie wieder in die Nähe eines Ofens gehen zu können. Doch dann hatte sie festgestellt, dass sie sich nicht einmal dazu zwingen musste. Es hatte sie hingezogen, beinahe so, als könnte sie durch den Anblick der Flammen und das Gefühl von Hitze auf bloßer Haut ein Stück ihres Vaters zurückbekommen.
    Zwischen den rußigen Wänden des gemauerten Kamins hing ein eiserner Kessel, in dem Gemüsesuppe für das Abendessen kochte. Durch die Ritzen der Ofenluke

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