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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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habe nichts mit alledem zu tun«, versicherte sie eilig. »Ein Dominikanermönch namens Ambrosio hat sie angezeigt.«
    »Ich rede nicht von den Nonnen, sondern von Giulia. Und dem Mann, der ihrer angeblichen Mordlust zum Opfer fiel.«
    Sie merkte, wie sich ihr Gesicht vor Hass verzerren wollte, doch die langjährige Meisterschaft im Versteckspiel ermöglichte es ihr, ebenso unbewegt dreinzuschauen wie Francesco.
    »Er war ein perverser alter Bock, schlimmer als sein Sohn. Um ihn ist es nicht schade, warum also regst du dich auf? Und eine Hure weniger in der Stadt wird der Serenissima auch nicht schaden.«
    Ihr Herz raste, und im Spiegel sah sie ihre Silhouette. Von dort wanderten ihre Blicke wieder zurück zum Bett, wo Francesco saß und ihr auf den Grund ihrer Seele schaute.
    Wenn ich ihn nur nicht so liebte, dachte sie. Alles könnte viel einfacher sein. Eines Tages wird einer von uns gehen müssen, und bitte, Gott, lass mich es sein. Lass das Leid, seinen Tod erleben zu müssen, an mir vorübergehen!
    Sie sprach es aus. »Von uns zweien ist in diesem Haus einer zu viel. Warum sind wir beide noch hier?«
    »Warum ich hier bin, weißt du genau.«
    Sie fuhr mit beiden Händen in ihr Haar und riss daran. Alles war so falsch, so quälend falsch! Ein trockenes Schluchzen entrang sich ihrer Brust.
    »Nicht!« Francesco stemmte sich vom Bett hoch, er wirkte bestürzt und trat zu ihr, um seine Hände auf ihre Schultern zu legen. »Ich wollte nicht … Du weißt, dass ich dich liebe!« Er schluckte. »Ich … ich wollte dich beschützen, damals. Aber er …«
    Sie schüttelte den Kopf. Sie wusste das alles und noch viel mehr. Wie hätte er sie beschützen sollen?
    »Er bezahlt dafür, weißt du. Schon die ganze Zeit.« Sie sagte es ruhig, und ihre Stimme klang so selbstsicher wie sonst auch, wenn sie ihre Rolle vor den anderen spielte.
    Francesco nickte unbehaglich, aber sie wusste, dass er keine Ahnung hatte, wovon sie sprach.
    Sie verging fast vor Liebe zu ihm, aber gleichzeitig war ihr klar, dass er sie töten würde, wenn er alles wüsste.
    Sanchia zuckte zusammen, als sie drei Dominikaner über die Piazza della Signoria kommen sah. Der dicht strömende Regen verwischte das Bild, doch sie hätte schwören mögen, dass der Verräter unter den Mönchen war. Erst, als die Männer im Vorbeigehen die Köpfe hoben und die hageren Gesichter zu erkennen waren, war sie im Stande, wieder Luft zu holen. Die drei Mönche sahen ihm nicht einmal ähnlich, abgesehen von den kahl geschorenen Stellen auf ihren Köpfen, den ausgemergelten Gestalten und den weißen Kutten unter schwarzen Kapuzenmänteln. Sie hatte Gespenster gesehen. Seit sie hier war, schien an allen Ecken der Verrat zu lauern, obwohl sie etliche Tagesreisen von Venedig entfernt waren.
    Neben ihr machte Girolamo eine beruhigende Geste.
    Er war es nicht , brachte er zum Ausdruck.
    Wie so oft schien er zu wissen, was sie dachte. Manchmal meinte sie sogar, dass er mehr von ihren heimlichen Ängsten wusste als Eleonora, von der sie seit ihrer Kindheit keinen Tag getrennt war.
    Nein, Ambrosio war nicht hier, aber der Gedanke, ihn hier auftauchen zu sehen, war weniger abwegig, als Sanchia es sich gewünscht hätte. Die Stadt schien ein Versammlungsort der Dominikaner geworden zu sein. Aus allen Teilen Italiens strömten sie nach Florenz, um sich Savonarola anzuschließen.
    Sanchia hatte an Allerseelen eine seiner Predigten gehört und war seither bekehrt – von ihm. Nicht nur, weil ihr jede Art von Fanatismus suspekt war, sondern weil er in seinen Gesten und seiner Ausdrucksweise auf beängstigende Weise Ambrosio glich.
    Fast täglich stand Savonarola auf der Kanzel im Dom und beschrieb mit erhobenen Fäusten die nahenden Heimsuchungen, die über die Stadt hereinbrechen würden, wenn nicht alle Menschen sofort der Sünde entsagten. Die Sünde war seinen Worten zufolge überall. Vornehme Gewänder, Reichtum, Luxus, üppiges Essen – alles Vorstufen der Verdammnis. Gottlose Bilder und Bücher, so verlangte er, sollten auf einen Scheiterhaufen geworfen werden, zusammen mit den Frevlern, die von ihrem gotteslästerlichen Tun nicht ablassen wollten.
    Die Mönche blieben stehen, als eine Gruppe von Männern mit Karren und Körben an der Nordseite des Platzes erschien und ein Ausrufer ihren Wohltäter pries, Piero de’ Medici, Sohn Lorenzos des Prächtigen. Die Männer verteilten ungeachtet des Regens Becher mit Schnaps und Süßigkeiten unter den Passanten.
    Sanchia

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