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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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um ihm zu huldigen.
    Er errötete kurz und schob die Hand mit dem Ring angelegentlich in den Aufschlag seines Umhangs.
    »Wie geht es meiner kostbaren florentinischen Blume, der unvergleichlichen Giulia?«, fragte er. Sein Blick spiegelte echtes Interesse wider, und Sanchia setzte gerade zu einer Antwort an, als zu ihrem Schrecken Lorenzo näher kam, um sich zu ihr zu gesellen. Er begrüßte den Kardinal mit formvollendeter Höflichkeit.
    »Eminenz. Ihr kennt Madonna Sanchia bereits?«
    Giovanni zwinkerte verdutzt. »Nun, gewiss, wir trafen uns in Florenz im Hause von …«
    »Santissima Annunziata«, fuhr Sanchia dazwischen. »Seine Eminenz kam dorthin ins Ospedale degli Innocenti, um die Findelkinder zu segnen.«
    Giovanni tat so, als müsste er nachdenken. »Ähm … tja, in der Tat. Das Findelhaus … Wunderbare Majolikareliefs von della Robbia, ich liebe sie! Ähm, die Findelkindlein.«
    Lorenzo legte den Arm um Sanchias Mitte. »Meiner Frau lag das Schicksal armer Kinder immer schon am Herzen.«
    Giovanni hustete. »Eurer … Aha, natürlich. Diese Fürsorglichkeit fand ich bereits damals bewunderungswürdig. Äh – seid Ihr schon lange verheiratet?«
    Giustiniano, der sich während des letzten Teils der Unterhaltung hinter der ausladenden Kardinalsrobe verborgen hatte, kam grinsend zum Vorschein, und nun war es an Lorenzo, zusammenzuzucken. Doch er fasste sich mit überraschender Schnelligkeit. Kein Wort kam über seine Lippen, als Giovanni ihm den Zwerg mit fröhlicher Stimme als seinen Hofnarren vorstellte. »Er ist besser und unterhaltsamer als ein ganzes Rudel Windhunde und fast genauso schnell. Jedenfalls dann, wenn ich das Stöckchen heraushole.« Giovanni lachte sein gewohntes wieherndes Lachen, und nicht wenige der Umstehenden drehten sich in ihre Richtung.
    Im nächsten Moment verstummte er jedoch schlagartig und zog den Kopf ein, denn eine weitere Gruppe von Besuchern war erschienen, von deren Ankunft er nicht sonderlich angetan schien. Mit zusammengepressten Lippen zog er sich schweigend in einen angrenzenden Raum zurück, gefolgt von Giustiniano, der mit hochgezogenen Brauen über die Schulter zurückblickte. Sanchia schaute betont in eine andere Richtung, was sich in diesem Fall ohnehin anbot, da die neuen Gäste die Aufmerksamkeit aller auf sich zogen.
    Das Gefühl, gerade noch einmal davongekommen zu sein, wich mit einem einzigen Atemzug von ihr. Soeben hatte inmitten eines Gefolges bewaffneter spanischer Edelleute Seine Heiligkeit, Papst Alexander VI., den Raum betreten.
    Sanchia wusste, dass er bereits die Mitte der Sechzig überschritten hatte, doch für einen Mann dieses Alters sah er überraschend jung und vital aus. Bei seinem Anblick schoss Sanchia sofort die Frage durch den Kopf, ob jemand, der so fröhlich und freundlich wirkte, wirklich so abgrundtief böse sein konnte. War das der Giftmörder, der ganz Rom in Angst und Schrecken versetzte? Seine Nase sprang kühn vor und beherrschte das Gesicht mit dem kantigen Kinn, der klaren Stirn und dem lächelnden Mund. Er war groß, sicher so hoch gewachsen wie Lorenzo, und auch der schwere Brokatumhang täuschte nicht darüber hinweg, dass er noch eine ausgezeichnete Figur besaß, straff und kräftig, genauso wie die beiden Männer, die neben ihm den Saal betreten hatten.
    Den Papstsohn Cesare Borgia erkannte sie sofort wieder, diese dunklen Augen und das scharf geschnittene Gesicht würde sie niemals vergessen. Der Mann neben ihm musste folglich sein Bruder Juan sein, der Herzog von Gandìa. Sie sahen einander so ähnlich, dass man sie fast für Zwillinge halten konnte, obwohl Cesare ein Jahr älter war als sein Bruder.
    Cesare trug seine Kardinalsrobe und Juan den reich bestickten Wappenrock eines Herzogs, als wären sie nicht beide Bastarde des Papstes, sondern von Geburt her ihrer Ämter würdig. Hochmütig und gelangweilt blickten sie in die Runde, und es hätte Sanchia kaum gewundert, wenn alle Anwesenden sich vor ihnen auf die Knie geworfen hätten.
    Eine kleinere Gestalt tauchte hinter ihnen auf, und Sanchia hielt die Luft an, als sie Lucrezia sah.
    »Da soll mich doch gleich einer«, brummte Lorenzo neben ihr.
    Sanchia tastete unwillkürlich mit der Hand über die winzigen Perlen an ihrem Ausschnitt, und sie waren dort, genauso wie an dem Kleid von Lucrezia. Das Gewand der Papsttochter glich dem von Sanchia bis aufs Haar, und nicht nur das – auch der Rest ihrer Aufmachung war exakt so gewählt, dass sie Sanchia so ähnlich

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