Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)
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»Oh, ja, natürlich! Foscari, das ist sein Name!« Giovanni wirkte ehrlich erfreut. »Sie sind ganz wunderbar! Sagt das Eurem Meister!«
»Er lebt nicht mehr«, warf der Sklave mit unbewegter Miene ein.
»Das erklärt manches«, sagte Giovanni betroffen. »Ich fragte mich schon, warum er nie mehr hier erschienen ist.«
»Hat man Euch nicht gesagt, dass ich es war, der die Fenster einbaute?«, fragte Pasquale misstrauisch.
Giovanni schüttelte irritiert den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Ich war zu der Zeit nicht da. Soweit ich mich entsinne, habe ich eine Reise auf die Terraferma unternommen. Wir haben da einige Monate gelebt. Rufio, war das nicht um diese Zeit?«
»Jawohl, Domine.«
Pasquale kam es so vor, als ginge hier einiges nicht mit rechten Dingen zu. Er hätte schwören können, dass Giovanni Caloprini tatsächlich keine Ahnung hatte.
Giovanni blickte ihn fragend an. »Und Ihr sagt, Ihr habt noch Geld zu bekommen?«
Pasquale nickte. »Ihr habt meinen Meister noch nicht entlohnt. Er starb, also konnte er seine Forderung nicht mehr geltend machen.«
Der Schwarze entblößte sein weißes Gebiss in einem impertinenten Grinsen. »Mit welcher Berechtigung meint Ihr, dass Ihr das nun könnt?«
»Per Testament«, sagte Pasquale mit mehr Gelassenheit, als er empfand. »Ich habe die Glaswerkstatt von Piero Foscari geerbt, mit allen Aufträgen, Außenständen und Verbindlichkeiten. Es ist bei der Scuola verbrieft.«
»Ich verstehe nicht, warum wir hier diese Unterhaltung führen müssen«, sagte Giovanni Caloprini sichtlich verärgert. »Ihr hättet schon längst Euer Geld bekommen müssen. Warum ist das noch nicht geschehen? Rufio?«
Der Schwarze zuckte die Achseln. »Es fühlte sich niemand zuständig. Ihr wart oft abwesend, Domine.«
»Nun, jetzt bin ich da. Gib ihm sein Geld. Sofort. Messèr Glasmacher. Meine Empfehlung.« Mit diesen Worten schob der Patrizier sich an Pasquale vorbei und entfernte sich, bis er nach wenigen Schritten das Ende der Gasse erreicht hatte und um die Ecke verschwand.
Der Sklave nahm die Unterhaltung wieder auf, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. »Der Glasbläser. Hatte er keine Nachkommen, auf die seine Forderungen übergehen konnten?«
»Keine Menschenseele.«
»War da nicht eine kleine blonde Tochter?«, fragte der Sklave.
Pasquale betrachtete ihn mit bohrenden Blicken. »Sie ist verschwunden, wahrscheinlich ertrunken.«
»Armes Ding.« Der Schwarze wies nachlässig nach unten. »Schaut an, Ihr habt ein Bein verloren!«
»Was du nicht sagst«, entgegnete Pasquale gehässig. »Als ich das letzte Mal hier war, kam ich auch schon auf einem Bein.«
»Es muss mir entgangen sein«, gab Rufio zurück.
Der Gleichmut, mit dem der Sklave diese Bemerkung hervorbrachte, machte Pasquale klar, dass er hier vor dieser Tür weniger zählte als ein streunender Hund, der um Futter bettelt.
»Wie viel Geld bekommt Ihr denn nun?«
Pasquale sagte es ihm. Falls er erwartet hatte, dass der Schwarze nach Luft schnappen würde, so sah er sich getäuscht. Rufio zuckte nicht mit der Wimper.
»Wartet hier. Ich bin gleich zurück.«
Der Schwarze verschwand im Inneren des Hauses, und Augenblicke später hörte Pasquale seine Zòccoli auf der Treppe nach oben klappern.
Als er ein weiteres Mal zu den Fenstern seines Meisters hinaufschaute, sah er die Frau. Sie stand im Schatten der Veranda, den Schleier zurückgeschlagen. Vermutlich hatte sie jedes Wort der vorangegangenen Unterhaltung mit angehört. Ihre Augen waren voller Hass, aber um ihren Mund spielte ein zufriedenes Lächeln.
Sie holte das Seidenkleid aus der Truhe und das goldene Haar. Die Perücke war im letzten Jahr umgearbeitet worden, das Haar war jetzt noch voller und glänzender. Sie kicherte, denn die Symbolik war einfach zu perfekt.
Mutter und Tochter, beide nach dem Tod in trauter Zweisamkeit vereint. Dazu bestimmt, ihr zu dienen und zugleich Sühne zu leisten.
Ihr Lächeln im Spiegel war nur eine verzerrte Parodie der Schönheit, die sie eigentlich erwartet hatte, und in ihrer Enttäuschung hätte sie fast das Glas zertrümmert. Eilig holte sie die Schminkschatulle und hellte ihre Haut auf, bis sie richtig weiß war.
Besser, befand sie. Viel besser.
Bereit für ihren Liebhaber. Rufio lag auf seinem Bett, als sie den Raum betrat. Er hatte das Zimmer auf der anderen Seite des Flurs, gegenüber von der Kammer des Alten, damit er schnell dort war, wenn die Schreie kamen.
Ihr schöner Liebhaber! Sie
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