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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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entweder einen Weinkrampf von Eleonora auszuhalten oder lieber auf dem Abtritt noch eine Weile zu lesen, gewann das Lesen um Längen.
    Der Abtritt war besetzt, was durch die mürrische Bemerkung der Benutzerin noch bekräftigt wurde. »Es dauert noch!«
    Aus den tiefer gelegenen Räumen waren Stimmen und Gelächter zu hören. Neugierig folgte Sanchia den Geräuschen und ging weiter nach unten in Richtung der Gemeinschaftsräume. Der Lärm kam aus dem Besucherzimmer, das sich neben dem Refektorium befand. Die Tür war geschlossen, aber auch so war nicht zu überhören, dass Männer anwesend waren. Es war für Sanchia nichts Neues, dass manche der Nonnen im Kloster Männerbesuch empfingen, manche im Besucherzimmer, andere direkt in ihren Zellen. Doch heute bekam sie es zum ersten Mal aus der Nähe mit.
    Hinter der Tür spielte jemand ziemlich misstönend auf einer Flöte, und eine Gruppe von zwei oder drei Frauen sang dazu, begleitet von männlichem Johlen.
    »Diese Flöte zu spielen ist nicht gerade dein größtes Talent! Vielleicht versuchst du dich einmal an einem anderen, etwas willigeren Blasinstrument, meine Süße!«
    »Was bist du für ein unverschämter Wüstling!«, stieß eine Frauenstimme unter haltlosem Gekicher hervor.
    »Stets zu Diensten, mein Nönnchen! Komm, gib mir noch einen Becher Wein!«
    »Habt ihr keine Angst, dass Euch dieser fischäugige Kuttenpriester erwischt?«, ließ sich eine andere Männerstimme vernehmen, die Sanchia vage bekannt vorkam.
    »Der hat zu viele Feigen gegessen. Ich habe ihm einen ganzen Korb voll geschenkt. Er sitzt seit dem Abendgebet auf dem Abtritt des Priesters.«
    »Aha, er ist sich also nicht zu vornehm, Geschenke von den Nonnen zu nehmen?«
    »Woher denn! Wer soll ihm denn die Laken waschen und die Wäsche ausbessern? Und für sein leibliches Wohl sorgen? Er betrachtet uns als seine spirituellen Töchter!«
    Wieherndes Gelächter folgte auf diese für Sanchia unverständliche Bemerkung.
    »Spirituelle Töchter! Was du nicht sagst!«
    »Jawohl! Wann immer wir ihm Gutes tun, so betrachtet er es als Hingabe an Gott!«
    Erneutes allseitiges Gelächter.
    »Und eure Äbtissin? Macht sie euch nie Probleme?«
    »Sie versteht uns«, kam die Antwort von einer der Nonnen. »Nicht nur, weil man sie auch ins Kloster abgeschoben hat, als sie jung war. Sie ist außerdem eine gescheite Frau mit einem klaren Verstand. Und der sagt ihr, dass Frauen, die gegen ihren Willen eingesperrt werden, sich jedes kleine Stückchen Freiheit holen dürfen, wenn sie es brauchen.« Neckisch und zweideutig fügte die Nonne hinzu: »Und wenn es noch so klein ist.«
    »Oho, da wird aber eine frech! Komm her und lass dich auf deinen vorlauten Mund küssen!«
    Weiteres Gelächter folgte, unterbrochen von Kichern, das rasch in Stöhnen überging.
    Betreten wich Sanchia einen Schritt zurück. Das waren Geräusche, die sie in ähnlicher Form früher manchmal aus der Schlafkammer ihrer Eltern gehört hatte. Sie konnte nur ahnen, was sich hinter dieser Tür abspielte, doch sie war nicht so naiv, dass sie nicht wenigstens eine ungefähre Vorstellung davon hatte.
    Wenn sie verstört war, dann jedoch nicht deswegen, weil da drin Nonnen lachten, sangen und lästerten, sondern dass es eine ganze Runde von Männern und Frauen war, die sich gemeinsam ihren Vergnügungen hingaben.
    Plötzlich ging die Tür auf, und eine der Nonnen erschien, ohne Schleier, das elegante Seidenkleid bis zum Bauchnabel aufgeschnürt. Als sie Sanchia sah, trat ein Ausdruck von Ärger in ihr erhitztes, gerötetes Gesicht. »Was machst du denn hier?«
    Sanchia wusste nicht, wohin sie schauen sollte und entschied sich in ihrer grenzenlosen Verlegenheit für ihre in Wollpantoffeln steckenden Füße.
    »Wen hast du da, Annunziata? Eine leckere kleine Novizin? Bring sie mit rein!«
    »Halt den Mund. Sie ist ein Kind.«
    Annunziata, von kompaktem Körperbau und auch sonst von eher solidem Aussehen, war eine der Nonnen, von denen Sanchia stets angenommen hatte, dass sie außer dem Dienst an Gott im Leben nichts mehr anstrebten. Mit einem Alter jenseits der vierzig gehörte sie für die jüngeren Nonnen zu einer Generation, die hart an der Grenze zum Greisenalter stand. Dass Frauen in dem Alter noch Männern schöne Augen machen konnten, war für Sanchia nicht nur eine Überraschung, sondern ein Schock.
    Ungläubig blinzelnd blickte sie auf. »Es tut mir leid. Ich wollte nicht lauschen.« Sie verbesserte sich rasch. »Das heißt, ich wollte es

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