Die Mächte des Feuers
sofort ein Karree nach römischem Vorbild bildeten und die ersten Lohen abwehrten. Bei einem Einender funktionierte diese Taktik, die Bespannung aus Drachenhaut und Schuppen hatte bislang immer gehalten.
Leida pirschte vorwärts, die Harpune in der Linken haltend, und näherte sich dem Loch, das hinter dem Vorhang aus Wasser zu sehen war. Die Steine wurden rutschig, sie rang bei jedem Schritt um einen sicheren Stand, der wichtig für einen guten Wurf war.
Als sie vor dem Eingang zur Höhle angelangt war, senkte sie die Waffe und schaute nach links, wo die Harpuniere der zweiten Gruppe erschienen. »Da ist nichts«, rief sie gegen das Tosen des Wasserfalls an. »Das ist nur eine Einbuchtung, kein Gang. Hier ist kein Drache.«
»Scheiße«, fluchte einer der Harpuniere. Die Neuigkeit verbreitete sich rasch durch die Reihen bis nach hinten.
»Zurück«, ordnete sie an, und ein ungutes Gefühl breitete sich in ihren Eingeweiden aus. Jetzt musste Ramachander entscheiden, was zu tun war. Sie hoffte sehr, dass er sich fürs Warten entschied.
Sie rutschten über die scharfkantigen Steine zurück und entfernten sich von der Kaskade, als ein lauter Schrei erklang, der schlagartig endete.
»Das war der Agent!«, rief Leida und packte die Harpune, sah zu dem Felsbrocken, hinter den sie den Mann geschickt hatte.
Ramachander erschien an ihrer Seite und befahl die Harpuniere sowie die Schildträger zu sich. Es machte nichts, dass die Ketten diesmal laut und vernehmlich klirrten und über den Boden schleiften.
Ein warmer Wind strich über die Hügel, der Rauch und Edinburghs Asche mit sich trug, und erinnerte Leida an den Hauch eines Drachen. Sie schluckte und spürte – Angst. Es war mehr als die übliche Anspannung vor einem Kampf. »Wo ist er?«, flüsterte sie mit belegter Stimme.
»Er wird sich früh genug vorstellen.« Ramachander wies die Männer an, die Umgebung nicht aus den Augen zu lassen. »Wir ziehen uns sofort zurück«, teilte er ihr mit. »Ich denke, dass er uns beobachtet und eine Falle gestellt hat. Auf ein Gefecht werde ich mich unter diesen Bedingungen nicht einlassen.«
Leida hätte normalerweise sofort dagegen rebelliert, sie liebte es, die Teufel zu jagen. Normalerweise. »Was ist mit dem Agenten?«
Ramachander zuckte mit den Achseln. »Unsere eigenen Leute haben Vorrang.«
»Ich übernehme die Vorhut«, sagte sie, löste die Kette am Ende der Waffe und nahm zwei Harpuniere sowie Schildträger mit sich, um den Weg zu erkunden.
Sie bewegte sich langsam und geduckt, die Augen schweiften ständig umher und achteten auf alles, auf jede noch so kleine Regung im Gelände. Die vorbeitreibenden Qualmwolken waren nun nicht mehr ihre Verbündeten, sondern die des Drachen.
Ohne Schwierigkeiten erreichte sie den Weg, der von Calton Hill zurück in die Stadt führte; das Feuer des brennenden Nelson Towers leuchtete das Gelände hier gut aus. »Ihr wartet hier«, befahl sie den Männern. »Ich hole die anderen.«
Leida hastete so schnell es ihr die Crags erlaubten zu ihrem Bruder zurück. Sie hatte die Hälfte des Weges geschafft, als ihr Blick von einem Schatten unterhalb von Arthur's Seat abgelenkt wurde. Etwas pirschte sich an die Männer heran. Sie öffnete den Mund zu einem warnenden Ruf – da wurde der Drache von der Einheit bemerkt.
Jetzt gab es für die Drachenjäger kein Zurück mehr.
Leida sah mit an, wie Ramachander an der Spitze der Harpuniere auf den Fünfender zulief und zum Wurf ausholte, während die Bohrmannschaft die Treibladungen zündete und den Bolzen in den Stein trieb; Funken sprühend kreiselte er um die eigene Achse und wurde von der Mannschaft durch lange Stangen in senkrechter Position gehalten, fraß sich nach unten.
Die erste Harpune wurde vom Drachen mit einem Schwanzschlag abgewehrt, die zweite dagegen traf ihn in die Brust.
Die fünf Köpfe stießen gemeinsam einen alles Lebendige lähmenden Schrei aus, schrill und packend, mehrstimmig drang er in die Ohren und jagte in den Verstand, schüttelte und rüttelte daran. Es war unmöglich, etwas zu denken oder gar zu tun. Sogar Leida blieb stehen, weil sie der Ton selbst auf diese Distanz durch und durch erschütterte.
Der Drache nutzte den Schrecken aus. Die fünf Mäuler öffneten sich, zwei Häupter richteten sich auf den Wasserfall, die anderen duckten sich und schienen aus dem Tümpel saufen zu wollen. Im nächsten Augenblick schossen schwarze, lange Schatten aus den Schlünden und trafen mitten ins Wasser und auf die
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