Die Mächte des Feuers
zu.«
»Damit kann man dem Gargoyle echtes Kopfzerbrechen bereiten«, kommentierte er ihren Fund und rüstete sich ebenfalls.
Als sie das Hauptschiff betraten, wurden sie bereits erwartet.
Der Gargoyle stand mit dem Rücken zu ihnen. Die riesigen Schwingen waren ausgebreitet, und er sah zu den großen Fenstern hinauf, als wolle er die unentwegten Blitze zählen. Weder Silena noch Grigorij sprachen, sondern begaben sich hinter ihn und warteten.
»Hass hielt mich am Leben. Der Gedanke an Mord erfreute mich«, sagte er mit seiner altertümlichen, mahlenden Stimme. »Und nach Rache trachte ich. Sie sollen vernichtet werden. Von ihren eigenen Sklaven.« Die Worte hallten dunkel in der Kathedrale nach.
Silenas Nackenhaare stellten sich auf; in den Worten lagen wahrhaftig starke Empfindungen.
Er wandte sich um, die Flügel erzeugten einen kleinen Windstoß. »Die Drachen und wir entstammen derselben Blutlinie, aber während wir kleiner und schwächer blieben, wuchsen sie und schwangen sich zu Tyrannen empor, die nichts und niemanden achten. Als wir uns gegen sie auflehnten, warfen sie den steinernen Bann über uns. Versteinert und dennoch wach, mussten wir fortan mit ansehen, wie die Welt sich veränderte.« Seine Augen leuchteten grün. »Aus den harmlosen Wesen mit Pelz und einer kaum verständlichen Sprache entwickelten sich Kreaturen mit Verstand und Wissen, die, ohne es zu ahnen, unsere einstigen Herren in Bedrängnis brachten.«
Silena lehnte sich gegen die Kirchenbank und entlastete die schmerzende Stelle an der Seite und am Rücken, auf der sie das Kirchendach hinabgerutscht war. »Ich soll dir glauben, dass es dich und die … Gargoyles schon vor Tausenden von Jahren gegeben hat?«
»Wie es die Drachen gab und gibt.« Cyrano setzte sich, faltete die Flügel zusammen und schaute auf den Fußboden. »Die Menschen fanden einige von uns in der versteinerten Form und setzten sie auf ihre Gebäude. Zur Abschreckung, zur Zier, zu was auch immer. Sie schufen weitere Statuen, die unser Aussehen nachahmten, aber nicht die gleiche Lebendigkeit besitzen wie wir. Im Lauf der vielen Jahrhunderte haben uns die Drachen vergessen.« Die Muskeln an dem mächtigen Leib spannten sich. »Aber wir sie nicht.«
Grigorij betrachtete Cyrano fasziniert. Ein Blitz zuckte nieder und beleuchtete den Gargoyle von hinten, schuf Licht und Schatten in dem markanten Antlitz, das trotz der Zerstörung eine ungeheuerliche Würde und Ausstrahlung besaß. »Wie wurdest du zum Leben erweckt?« Er wurde sich bewusst, dass er seine Stimme gesenkt hatte.
»Durch Menschen. Menschen, die aus den Reihen derer kommen, die sich heute selbst Spiritisten und Medien nennen.« Er sah hinauf zur Kathedralendecke. »Sie haben im Verlauf ihrer Seancen oder Anbetungen oder Beschwörungen Kräfte freigesetzt, die bei einigen von uns den Fluch der Drachen zum Teil aufgehoben haben. Im Mittelalter hat man solche Männer und Frauen als Zauberer und Hexen verbrannt.« Ein langes, schweres Seufzen entwich seiner Brust. »Doch noch ist der Bann nicht gänzlich vernichtet. Viele von uns warten sehnsüchtig darauf, und wir, die halb Befreiten, sind teilweise noch Stein.«
»Unsinn! Es gibt keine Magie.« Silena sah Cyrano widerspenstig an.
Der Gargoyle fuhr sich mit Zeige- und Mittelfinger über die zerstörte Stelle in seinem Gesicht, die nach Stein aussah. »Wie kann dann das sein, Silena?« Er lachte bedauernd. »Du kannst nicht alles verstehen, was auf der Welt geschieht. Auch wenn du groß und erwachsen geworden bist. Es gibt nach meinem Wissen niemanden unter den heutigen Medien, der sich seiner magischen Fertigkeiten bewusst ist. Das machte die Suche für uns so schwierig. Viele sind Scharlatane, eine Hand voll verfügt über besondere Kräfte, und ein Bruchteil von diesen wiederum sind echte Magier.«
Silena schnaubte. »Sàtra? Sàtra soll zu denen gehören, die schwarze Künste beherrschen?«
»Sicher, Großmeisterin!« Grigorij schulterte den Klöppel. »Erinnern Sie sich an Edinburgh. Wie sie uns vor dem Drachenfeuer rettete und die Treppe vor dem Einsturz bewahrte.« Er rieb sich über den Bart. »Natürlich! Sie weiß es jedoch nicht! Sie hält die Erscheinungen für Geisterkräfte, für Ektoplasma. Dabei ist sie es selbst.«
Zwar weigerte sich alles in der Drachentöterin, Magie als existent anzuerkennen, aber seltsamerweise befahl ihr der Verstand, Cyranos Erklärung vorerst so hinzunehmen. »Die schwarze Kunst.« Das würde der Inquisition zu
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