Die Mächte des Feuers
einundzwanzig, Mister Smithers, und vergesse, dass Sie mich eben angelogen haben.«
Der Concierge seufzte. »Verzeihung, Großmeisterin, aber der Eigentümer hat verfügt, dass wir Drachentötern erst wieder Quartier geben dürfen, wenn die ausstehenden Rechnungen von Ihrer Majestät beglichen wurden. Ich darf Ihnen die Unterkunft nicht geben.«
Silena verzog den Mund. »Das sehe ich gar nicht gern. Zuerst lobt man uns, weil wir den Himmel und die Erde vom Gewürm befreien, aber dann weigert sich die Queen, für unsere Auslagen aufzukommen.«
»Ich verstehe Ihren Unmut, Großmeisterin«, nickte Smithers und täuschte Bedauern vor, »aber uns sind die Hände gebunden.« Er legte eine Hand auf den Telefonhörer. »Soll ich mich nach einer anderen Unterkunft umhören?«
»Nein«, lehnte sie missgelaunt ab. »Ich schlafe auf dem Flughafen.« Sie wandte sich um und marschierte zum Ausgang.
Eine muskulös gebaute Frau kam ihr entgegen, die sie nur allzu genau kannte: Leida Havock. Ihre linke Gesichtshälfte war von Drachenfeuer verbrannt worden, weswegen sie die kinnlangen blonden Haare immer über die entstellten Züge fallen ließ; die unversehrte Gesichtshälfte dagegen war hübsch anzuschauen.
Leida war genauso groß wie Silena, besaß aber männlich wirkende Muskeln und breite Metzgerhände. Sie trug einen Mantel aus braunem Leder mit einem weichen Lammfellfutter, darunter ein längs gestreiftes weißes Männerhemd, schwarze Dreiviertelhosen und hohe Lederstiefel; wortlos schritt sie an der Großmeisterin vorbei und grinste boshaft, als ob sie die Unterredung mit dem Concierge verfolgt hätte, und tippte sich gegen ihre Gürtelschnalle. Jede einzelne der fünf Kerben daran stand für einen erlegten Drachen, und der Fingerzeig bedeutete eine Kampfansage an die Drachentöterin.
Silena zwang sich dazu, durch die Halle hinaus zum Phänomen zu gehen, anstatt sich auf ein Wortgefecht einzulassen, das unter Umständen in eine Prügelei ausarten würde. Wut traf die Gefühle nicht, die in ihr brodelten. Sie wusste genau, was im Empire vor sich ging: Viktoria die Zweite setzte mehr oder weniger offensichtlich auf die Drachenjäger.
»Verdammtes Pack«, fluchte sie, stieg in das Automobil und knallte die Tür zu, bevor ein Hotelangestellter sie schließen konnte.
»Dann haben Sie die Havock auch gesehen, Großmeisterin?«, meinte Sepp.
»Fragen Sie nicht«, knurrte Silena. »Bringen Sie mich zurück zur Theben, bevor ich wieder aussteige und dieser Dame auch noch die andere Hälfte ihres Gesichts so zurichte, als hätte sie ein Drache angehaucht.«
Sepp fuhr los. »Ich gestehe, ich war überrascht, die Havock hier zu sehen.«
»Mir ging es genauso. Wo sie ist, sind ihr Bruder und sein Haufen von Nichtskönnern nicht weit entfernt.« Sie trat gegen die Innenwand. »Woher haben sie nur so schnell von dem schwarzen Drachen gehört?«
»Ist es sicher, dass sie deswegen hier sind, Großmeisterin?«
»Aus welchem Grund sonst?« Sie verschränkte die Arme und sah aus dem Fenster, an dem die Regentropfen hinabrannen und die Sicht buchstäblich verwässerten. »Sie können nur auf Einladung des Kanzlers oder der Queen selbst hier sein.«
Sepp nickte. »Da haben Sie Recht, Großmeisterin. Das steinreiche Empire möchte anscheinend Kosten sparen.«
Silena erwiderte nichts. Es gab ein Abkommen des Officiums mit den europäischen Herrschaftshäusern und Regierungen, das sämtlichen Drachenheiligen freie Kost und Logis zusicherte und die lokalen Adligen und Verwaltungen zur Zusammenarbeit verpflichtete.
Das schmeckte vielen nicht, wohingegen die freischaffenden Drachenjäger alles auf eigene Gefahr unternahmen.
Sie tauchten in großen Gruppen auf und jagten die kleineren Exemplare, zerlegten sie und verkauften die Einzelteile als Glücksbringer, als Medizin, an die Universitäten oder reiche Sammler und verdienten dabei sehr, sehr viel Geld. Dass jeder Drache von Rechts wegen dem Officium gehörte, störte sie nicht im Geringsten.
»Vielleicht haben wir Glück, und der Drache frisst sie«, murmelte Silena. Die Ausfallrate bei den Jägern war hoch; sie wagten es nicht, die einzigartigen Methoden der Officium-Streiter anzuwenden, sondern gingen mit rabiater Gewalt vor, die nicht immer fruchtete. Jede dieser Einheiten besaß ein Arsenal von merkwürdig anzuschauenden Fallen und Vorrichtungen. Aber Drachenschuppen waren beständig gegen die meisten Waffen, und es bedurfte viel List, eines der Ungeheuer zu besiegen.
»Ich
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