Die Mächte des Feuers
Vorschein. Er streifte das Wasser vom Koffer und stellte ihn auf den Tisch, danach zog er seine schwarzen Handschuhe aus.
»Das braucht man, wenn man einen ungewöhnlichen Auftrag zu erfüllen hat«, gab sie zurück und schenkte von dem Tee aus, der auf der Warmhalteplatte gestanden hatte. »Milch und Zucker, nehme ich an?«
»Sehr gern, Großmeisterin.« Wieder dieses unglaubliche Erobererlächeln, mit dem er gewiss Stein sprengen und Stahl erweichen konnte. Er zog die Tasse zu sich, sie sah lange, gepflegte Fingernägel. »Lassen Sie mich erklären, warum mich mein Weg zu Ihnen führte.« Er rührte um und betrachtete, wie sich die Schwärze des Assamtees nicht länger gegen die Milch durchsetzte und zu einer hellbraunen Flüssigkeit wurde. »Die beiden Herrschaften stehen schon lange auf der Liste des Geheimdienstes Ihrer Majestät. Wir beobachten sie, ohne bislang etwas Konkretes gegen sie in der Hand zu haben.« Er blickte Silena an, die inzwischen ihm gegenüber Platz genommen hatte und auf den Klang seiner Stimme lauschte, jede Silbe in sich aufsog. »Mit Ihrer Hilfe möchten wir das ändern, Großmeisterin.« Er nahm eine Mappe aus dem Koffer.
»Der Grund, weswegen sie in Ihr Fadenkreuz gerieten, würde mich schon interessieren.« Sie grinste, weil sie Skelton vor ihrem inneren Auge sah. »Wissen Sie, ein Versicherungsmensch erscheint mir nicht so gefährlich, dass sich der SIS darum kümmern müsste.« Sie fröstelte, ließ ihren Mantel an.
Er öffnete die Mappe und breitete mehrere Fotografien vor ihr aus. Sie zeigten Skelton und Zadornov abwechselnd auf der Straße, den einen in einer Hotellobby, den anderen an einer Bar. »Dann werden Sie überrascht sein zu hören, dass wir beide Herrschaften einem extremistischen Lager zurechnen. Dieses ist unseren Beobachtungen zufolge an einem gesamteuropäischen Umsturz beteiligt, dessen Verhinderung auch im Sinne des Officiums ist. Deshalb habe ich diesen Schritt unternommen.« Er legte ein Schreiben auf den Tisch, das Silena vor nicht allzu langer Zeit in einer Zeitung abgedruckt gesehen hatte.
»Die Drachenfreunde?«, lachte sie auf. »Skelton ein Teufelsanbeter?« Sie prustete, winkte ab und sah rasch zu Mandrake. »Verzeihen Sie, Sir, aber die Vorstellung ist zu komisch.«
»Skelton kommt als Versicherungsmensch an sehr viele Orte, an denen wichtige Artefakte aufbewahrt werden.« Mandrake sah keineswegs amüsiert aus. »Er ist derjenige, der mit der Wiederbeschaffung von Marduks Zepter beauftragt wurde. Muss ich anmerken, dass er im Vorfeld im Museum war und die Örtlichkeiten in- und auswendig kannte? Skelton ist der perfekte Mittelsmann.« Er schob ihr ein Bild von Zadornov zu. »Dieser russische Fürst ist ein einflussreicher Hellseher, der so manchen Reichen und Mächtigen an osteuropäischen Höfen beraten hat. Er ist der aufgehende Stern, Großmeisterin. Wenn er durch gezielte Manipulationen die Stimmung an den Höfen ändert, wird die Front gegen die Drachenanbeter bröckeln.«
Mandrake lächelte und trank von seinem Tee. Er gönnte sich eine Pause und erlaubte der Stille in dem kleinen Kabuff, die Tragweite seiner Worte zu unterstreichen.
Silena nahm die Münze aus der Tasche, ließ sie abwesend über die Knöchel wandern und dachte über seine Ausführungen nach. »Da Sie diese Leute verfolgen, wissen Sie, dass ich mit beiden Kontakt hatte«, sagte sie langsam und forderte ihn dadurch zu weiteren Erklärungen auf.
Er nickte. »Ich muss wissen, mit welchen Anliegen diese Extremisten auf Sie zukamen, Großmeisterin. Sie planen etwas Großes.«
Silena schilderte Mandrake, was sie mit Zadornov und Skelton erlebt hatte. »Aber jetzt müssen Sie mir erklären, was deren Absicht ist und wie ich Ihrer Meinung nach das nächste Mal handeln soll, wenn sie mir wieder begegnen.«
Er zeigte ihr ein Bild, das die zwei Männer auf einer Parkbank zeigte, beide schauten in den Koffer, den Skelton beim Zusammentreffen in der Mince Lane bei sich getragen hatte. »Wir, also der Geheimdienst Ihrer Majestät, vermuten, dass sie absichtlich auf getrennten Pfaden wandeln, um ihr Vorhaben von unterschiedlichen Ebenen aus anzugehen. Es gibt eine Entwicklung, die uns sehr, sehr nachdenklich macht. Mister Skelton reist sehr viel, auch ohne auf der Suche nach Wertgegenständen zu sein. Er befand sich unseren Informationen nach zu dem Zeitpunkt in München, als der Mord an Großmeisterin Martha geschah. Und er besuchte das Medium Irmser kurz vor dessen Tod.« Seine
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