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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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stiegen, beinhalteten alles, von Abfallgestank über Essensdüfte und Gewürze, gleich darauf wurde der Nebel warm und roch nach Seife, plötzlich wehte ihr der Hauch von Exkrementen entgegen. Sie wagte es nicht, nach unten zu schauen und nach dem zu sehen, in das die Stiefel traten.
    »Gleich hier, Großmeisterin«, rief ihr der Constable zu und bog um die Ecke. »Aber erschrecken Sie nicht. Es ist ein grausamer Anblick.«
    »Falls ich überhaupt etwas erkennen kann«, murmelte sie und folgte dem Mann. Beinahe wäre sie gegen seinen Rücken gelaufen; er hatte vor einem kleinen Berg angehalten, salutierte und erstattete seinem wartenden Vorgesetzten Bericht.
    Was Silena zunächst für einen sich auftürmenden Abfallhaufen gehalten hatte, erwies sich beim zweiten Blick als die aufgedunsenen Innereien eines Drachen. Sie waren aus der aufgeschlitzten Seite hervorgequollen und hatten sich aufgebläht, der Gestank war widerlich und Silena zugleich vertraut.
    Ohne sich um die Polizisten zu kümmern, trat sie näher und betrachtete das fünf Schritt lange, dunkelbraune Tier, das mit dem Rücken zu ihr lag; die Schwingen hatte es eng an den Leib gepresst, beide waren durch schwere Schläge mit einer scharfkantigen Waffe gebrochen worden.
    »Ein mittelgroßes Exemplar, nicht wahr, Großmeisterin?«, meinte der Mann in der schwarzen Polizeiuniform und heftete sich an ihre Fersen. Er wollte hören, was eine Drachentöterin zu diesem Fund sagte.
    Noch ließ sie ihn im Dunkeln. Sie beugte sich nach vorne, fuhr über die Schuppen am Hals und zückte ihren Dolch aus Drachenzahn, stach zu. Die Klinge fuhr mühelos zwischen den Hornplatten hindurch ins Fleisch. »Ein Einender, nicht sehr alt, keine geschätzte fünfundzwanzig Jahre«, sagte sie, zog einen Block und einen Stift aus ihrem Mantel und machte sich Notizen. »Die Panzerung ist leicht zu durchdringen.« Sie wanderte den Hals entlang und stand vor dem, was einmal ein Kopf gewesen war. »Ach du Schande«, entfuhr es ihr.
    Wie auch immer der Drache ausgesehen hatte, der Zustand des Schädels machte es unmöglich, die ursprüngliche Form zu rekonstruieren. Der Sieger in diesem Kampf hatte dem offenkundigen Verlierer den Kopf zermalmt, ihn mit einem spitzen und schweren Gegenstand zerschmettert.
    Silena betrachtete die Wunden und dachte augenblicklich an das Zepter des Marduk. »Die Schädelknochen wurden auseinander gebogen«, erklärte sie dem Polizisten und bohrte mit dem Dolch zwischen den Hautfetzen, zerbrochenen Hornschuppen und Knochen herum. »Das Gehirn ist zerschnitten worden.« Sie hob die Augenbrauen. Sie hatte noch nie gesehen, dass sich jemand die Mühe gemacht hatte, auch den Sitz des Verstandes zu zerstören.
    »Da ist der Drache nicht der Einzige. Kommen Sie, Großmeisterin.« Der Polizist deutete in den Nebel. »Da liegt noch mehr, was Sie betrachten können, auch wenn es eher in mein Ressort fällt als in Ihres.« Er lotste sie durch die Waschküche, sie traten drei Schritte vom Drachen weg und platschten durch eine Pfütze.
    »Vorsicht, das ist Blut, Großmeisterin«, warnte er sie.
    Gleich darauf standen sie vor vier Leichen, drei Männer und eine Frau, die allesamt unauffällige, keinesfalls teure Kleidung trugen. Sie lagen in der Seitengasse, achtlos übereinander gestapelt. Silena machte Schussverletzungen aus, sah aber auch Schnittverletzungen und gebrochene Gliedmaßen.
    »Den hier kenne ich«, sagte sie und betrachtete den Toten, dessen Gesicht zur Hälfte unter einem Bein hervorstarrte und eine klaffende Wunde in der linken Wange aufwies. »Das ist Scottings, der Pfandleiher aus der Shankstreet.«
    Der Polizist nickte zustimmend. »Ganz recht, Großmeisterin. Auch die anderen drei sind uns bekannt. Es ist eine Bande von Zwischenhändlern, die sich auf den Verkauf von Drachenteilen spezialisiert haben. Scotland Yard beobachtete sie schon seit langem, aber wir konnten ihnen bislang nur kleinere Verstöße nachweisen. Nach ein paar Tagen und dem Zahlen einer Geldstrafe waren sie immer wieder auf freiem Fuß.«
    Silena versuchte, eine eigene Theorie zu entwerfen, was sich in dem vernebelten Hinterhof in East End abgespielt hatte. Scottings hatte versucht, den Tresorinhalt an die anderen Menschen zu verkaufen, doch dann war der Drache aufgetaucht und hatte die Transaktion gestört. »Haben Sie irgendetwas gefunden, Sir?«
    »Nein, Großmeisterin. Den Toten hat man, soweit wir das beurteilen können, die Taschen umgedreht. Sie trugen nichts von Wert bei

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