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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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finden könnte?«
    Es hätte mich wirklich nicht überraschen sollen. Als John Kerry sich um die Präsidentschaft bewarb und man nachweisen wollte, dass er diese Purple Hearts wirklich erhalten hatte, wandte man sich an Totte. Dasselbe passierte, als man die Urkunden der Nationalgarde für George W. Bush suchte. Oder die Militärunterlagen von John McCain. An meinem ersten Arbeitstag fragte ein Mitarbeiter Totte nach den Akten einer speziellen Einheit aus dem spanisch-amerikanischen Krieg. Totte nannte ihm aus dem Gedächtnis die Dokumentengruppe, das Magazin, die Reihe, den Abschnitt und die Regalnummer. An seinem vierzigsten Dienstjubiläum wurde er nach dem Geheimnis seines hohen Dienstalters gefragt. Er sagte: »Als ich hier anfing, habe ich einfach die Kartons geöffnet und nachgesehen, was drin ist. Und das fasziniert mich immer noch.«
    »Aber mal im Ernst, Beecher … warum hast du mich nicht gleich angerufen?«, fragt Totte. »Wenn du Hilfe brauchst …«
    »Ich brauche Hilfe«, gebe ich zu. Ich kann vielleicht den Starken spielen oder den Schüchternen oder wie der Hauptdarsteller in jedem neuen Sommerfilm alles auf dumme, machomäßige Weise selbst regeln … oder aber ich bin schlau und gebe zu …
    »Ich brauche Hilfe, Totte. Ich brauche dringend Hilfe. Und zwar eine möglichst unauffällige Hilfe.«
    Sein Gesicht ist mir immer noch zugewandt, während er das Lenkrad des alten Mustang mit zwei gekrümmten Fingern hält. Von diesem Auto hat er geträumt, als er jung war … als er mit fünfzig in die Midlife-Krise kam … und als er schließlich mit fünfundsechzig in den Ruhestand ging. Aber es war immer unerreichbar, bis vor drei Jahren, als seine Frau nach einundfünfzig Jahren Ehe an einem Aneurysma im Kopf gestorben ist. In derselben Woche habe ich meine Stelle im Archiv angetreten. Damals hatte er noch nichts. Aber irgendwie hat er mich gefunden und ich ihn … Als ich noch in dem Buchladen arbeitete, sagte mir Mr. Farris einmal, dass wir alle viele Väter in unserem Leben haben. Und gerade jetzt hoffe ich inständig, dass er recht hat.
    »Dann schieß mal los mit deiner Geschichte, Beecher. Ich meine mit der wirklichen Geschichte.«
    Ich brauche die ganze Fahrt, um genau dies zu tun, wir nehmen mit dem Rest des Berufsverkehrs seine gewohnte Abkürzung über den Rock Creek Park. Ich erzähle ihm alles, angefangen von Clementine, die ich durchs Gebäude führe, bis zu Orlando, der uns in den SCIF hereinlässt. Ich erwähne den vergossenen Kaffee und das im Stuhl versteckte Buch.
    Totte unterbricht mich kein einziges Mal. Er ist nun mal Archivar und weiß, dass man zunächst einmal sämtliche Informationen sammelt. Als wir in die Constitution Avenue einbiegen, komme ich zum großen Finale mit Orlandos Tod, dem plötzlich verschwundenen Videoband und allen anderen Details, die mir gerade einfallen, vom überall herumschleichenden Dallas bis zu der angedeuteten Drohung von Khazei, mich als Mörder hinzustellen. Der taubenblaue Mustang bahnt sich grollend den Weg über Washingtons matschige Straßen, und Tottes einzige Reaktion ist: »Du hättest mir nichts davon erzählen sollen.«
    »Was?«
    »Du musst jetzt clever sein, Beecher. Und das bist du nicht.«
    »Wovon sprichst du? Ich bin schlau. Ich bemühe mich um Hilfe.«
    »Das ist in Ordnung. Aber wenn man etwas zurücktritt und sich genau anschaut, in was du da geraten bist, dann gibt es eigentlich nur eine Sache, die nicht zu bestreiten ist.«
    »Außer dass ich am Arsch bin?«
    »Das Buch, Beecher. Wo hast du das Buch gefunden?«, fragt er und zeigt auf das Wörterbuch.
    »Im Stuhl.«
    »Genau, es war im Stuhl versteckt. Verstehst du, was ich damit sagen will? Du weißt vielleicht nicht, ob es dort vom Präsidenten versteckt wurde oder für den Präsidenten oder von oder für die Secret-Service-Agenten oder aber von einer Partei, von der wir noch überhaupt nichts wissen. Aber damit man etwas versteckt und findet, braucht man zwei Parteien. Eine, die es versteckt, und die andere, die es findet. Also um das Buch im SCIF zu verstecken … und überhaupt in den Raum zu gelangen …«
    »Du meinst, es muss jemand aus unserer Belegschaft sein«, sage ich.
    »Aus unserer Belegschaft oder von der Security – auf jeden Fall muss es jemand aus unserem Gebäude sein«, sagt Totte, als wir an einer roten Ampel halten. »Ich meine, wenn du etwas verstecken willst, würdest du dir einen Raum aussuchen, zu dem du keinen Schlüssel hast?«
    Rechts vor mir steht

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