Die Mädchen (German Edition)
Welt. „Aber ich möchte Ihnen trotzdem sagen, dass ich
nicht davon begeistert bin. Was schlagen Sie vor?“
„Irgendwo in der Stadt? Jetzt
gleich?“
Dusche, Fernsehen und Rotwein ade.
„Ich hab noch nichts gegessen. Dann lassen Sie uns mal zu Ulla gehen. Kennen
Sie das?“
„Die Kneipe in der Mühlenstraße.
Klar. Wann können Sie dort sein?“
„Ich komm zu Fuß. Etwa in einer
Viertelstunde.“
„Dann also bis gleich. Und Frau
Siewers?“
„Ja?“ Was noch?
„Bitte sagen Sie Timo nichts
davon.“
Da konnte sie beruhigt sein. Es war
ja nicht so, dass sie sich um eine Unterhaltung mit ihm riss, nachdem sie ihn
das letzte Mal so übel beschimpft hatte.
Glen Behrend startete seinen Wagen
und legte seinen Gurt an. Er verließ seine Parklücke im Parkhaus des
Behördenhauses und fuhr an Funke vorbei, der eben wieder ausstieg. Hatte er
etwas vergessen? Glen drehte die Scheibe hinunter. „Musst du noch mal ins
Büro?“
„Nein. Die Scheißkarre springt
nicht an. Ich glaub, das ist irgendetwas mit der Batterie. Ich hatte das
neulich schon mal.“
Glen hielt und warf dabei
verstohlen einen Blick auf die Uhr. Es war fast zehn. Wenn er seinen Boss jetzt
noch nach Hause fuhr, war es bald elf, bis er zu Hause war. Er seufzte. Was
sollte es? Dass Philipp noch bei ihm war, konnte er wohl sowieso vergessen, er
war bestimmt in seine Bude abgehauen. Er hatte ihm ein paar Mal eine SMS
geschickt, aber keine Antwort erhalten. Er hoffte nicht, dass das ein
schlechtes Omen war.
„Soll ich dich rumfahren?“
„Das wäre klasse“, sagte Funke.
„Oder hast du ein Überbrückungskabel?“
„Nein, leider nicht.“
„Ich hab eins zu Hause. Super,
oder? Na, da muss sowieso mal einiges durchgecheckt werden. Wenn du mich jetzt
mitnimmst, kann Kevin mich vielleicht morgen herfahren. Und dann werde ich
gleich meinen Spezi anrufen, dass er den Wagen hier abholt und ein Kabel
mitbringt.“
„Steig ein“, sagte Glen und Funke
folgte der Aufforderung ohne zu zögern.
Eine Zeitlang schwiegen sie, jeder
seinen eigenen Gedanken nachhängend. Glen dachte daran, wie schön diese erste
gemeinsame Nacht mit Philipp gewesen war und wie schade es war, dass sie so
abrupt hatte enden müssen.
„Es tut mir leid, dass ich dir
deinen freien Tag versaut habe“, sagte Funke auf einmal, als hätte er seine
Gedanken erraten. „Wir hätten es sicher auch ohne dich geschafft.“
Und warum hast du mich dann
angerufen? „Ist schon gut. Ich finde es besser, dass ich mich jetzt nicht
einarbeiten muss, sondern von Anfang an dabei bin.“
„Ich hoffe, du hattest nichts
Besonderes vor.“
Außer den Tag mit meinem neuen
Freund zu verbringen? „Nein.“
Funke seufzte. „Die nächsten Tage
werden sicher mächtig anstrengend. Ich kann nicht versprechen, dass das
Wochenende frei bleibt. Ich werde auf jeden Fall rausfahren müssen, um nach dem
Rechten zu sehen. Die Presse wird uns ganz schon einheizen, vom
Oberstaatsanwalt ganz zu schweigen. Ich bin nur froh, dass wir die Grothe von
der Backe haben. Was meinst du, was sonst los wäre?“
Glen kannte den Oberstaatsanwalt
nicht besonders gut. Er sprach immer direkt mit dem leitenden Hauptkommissar,
eben mit Funke. Aber er wusste, dass Oberstaatsanwalt Rohwedder stolz auf seine
Erfolgsquote war und sich diese von ihnen nicht kaputt machen lassen wollte.
Das war für das Team zwar anstrengend, aus seiner Sicht aber nachvollziehbar,
denn als Leiter der Staatsanwaltschaft trug er als oberste Instanz die
Verantwortung für die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und die Gründlichkeit
des Ermittlungsverfahrens sowie dessen schnelle Durchführung. Bei dem Mord an
einem Mädchen ist der Druck der Öffentlichkeit besonders groß. Man musste kein
Prophet sein, um zu wissen, dass die Freizeit solange auf der Strecke blieb,
bis sie Ergebnisse lieferten.
„Na, einen Vorgeschmack hatten wir
ja heute Morgen.“
„Mach ich dir jetzt eigentlich
irgendwelche Pläne kaputt?“
Welche Pläne konnte man um diese
Zeit noch haben, wenn man am nächsten Morgen schon wieder fit auf der Matte
stehen musste? Glen wusste, dass Funke diese Frage nur als Floskel meinte, um
sein Gewissen zu beruhigen.
„Nein, alles gut. Und bei euch?
Nervt Helen euch immer noch mit dem Klavier?“
Funkes jüngste Tochter Helen hatte
vor einiger Zeit mit dem Klavierspielen begonnen und nahm zweimal die Woche
Unterricht. Die Lehrerin hatte sie zum Üben verdonnert, was diese auch mit
Genuss tat, sehr zum
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