Die Mädchen (German Edition)
Sie nicht
beantwortet.“
Andresen sah Behrend durch seine
Brille hindurch an. „Warum ich auf dem Friedhof war?“
Er war ja ein Schnellmerker. Funke
verdrehte nur die Augen.
„Einfach so. Ich wohne ja sozusagen
genau daneben. Für mich hat es immer irgendetwas Beruhigendes, nachts zwischen
den ganzen Gräbern herumzulaufen.“
„Das ist jetzt nicht Ihr Ernst:“
Behrend kratzte sich am Kopf. „Eine bessere Ausrede haben Sie nicht? Sie sehen
mir nicht eben wie der typische Grufti aus.“
„Ich hab gewusst, dass Sie mir
nicht glauben würden, aber es ist die Wahrheit. Und mit Gruftis hat das
überhaupt nichts zu tun. Ich genieße einfach die Stille, die dort herrscht.“
„Warum haben Sie überhaupt die
Polizei angerufen? Wäre es nicht einfacher gewesen, Sie hätten einfach jemand
anderen die Leiche finden lassen?“
Er machte ein verdutztes Gesicht.
„Darauf bin ich gar nicht gekommen.“
Das konnte sich Funke bei ihm sogar
vorstellen. „Okay. Dann versuchen wir es noch einmal anders. Wo waren Sie am
Mittwochnachmittag zwischen vierzehn und siebzehn Uhr?“
Er riss die Augen auf. „Sie wollen
ein Alibi von mir? Glauben Sie, dass ich das Mädchen umgebracht habe? Warum
sollte ich das tun?“
„Wo waren Sie am
Mittwochnachmittag?“ wiederholte Funke.
„Warten Sie. Mittwoch…Da war ich
hier bis um vier und dann bin ich nach Hause gefahren.“
„Und da sind Sie geblieben?“
„Ja. Meine Mutter wird Ihnen das
sicher bestätigen.“
Zehn Minuten später und keinen
Schimmer schlauer saßen die beiden Beamten wieder in ihrem Dienstwagen. „Und?
Was meinst du?“
„Klingt bescheuert, aber irgendwie
dadurch auch wieder glaubhaft.“
Funke nickte langsam. „Du denkst, er
sagt die Wahrheit?“
„Für eine Lüge war das zu
schlecht.“
Funke startete den Wagen und legte
den Rückwärtsgang ein. Er war geneigt, Behrend zuzustimmen, aber hatte trotzdem
das Gefühl, als ob Andresen nicht alles gesagt hatte, was er wusste. Ob das
allerdings mit dem Mord zusammenhing, stand auf einem anderen Blatt. Er lenkte
den Wagen vom Parkplatz zurück in die Einsiedelstraße.
„Ich hab mich noch gar nicht
richtig bei dir bedankt, dass du mich gestern noch rumgefahren hast.“
Behrend winkte ab. „Gern geschehen.
Ist dein Wagen jetzt in der Werkstatt?“
„Ja. Aber ob ich ihn bis Montag
wiederhabe, konnte mir Theo noch nicht sagen. Hängt davon ab, ob das bestellte
Teil rechtzeitig kommt.“
Der BMW vor ihnen war der letzte,
der noch bei dieser Ampelschaltung mitkam. Funke fluchte. „Mann, wenn der nicht
so blind gewesen wäre, wären wir auch noch mit rüber gekommen. Du willst nicht
über gestern reden, oder?“
Behrend sah überrascht zu ihm
rüber. „Was?“
„Das ist mir gestern Abend schon
aufgefallen. Glen, du hättest mir ruhig sagen können, dass zu Hause jemand auf
dich wartet. Ich hätte auch Maggie oder Kevin anrufen können, dass sie mich
abholen.“
Eine Weile saßen sie schweigend
nebeneinander, während Funke den Wagen Richtung Zentrum dirigierte.
„Du kennst mich ziemlich gut“,
sagte Behrend schließlich.
Das war für ihn kein Kunststück
gewesen, wenn er jedes Mal auswich oder einsilbig wurde, sobald die Sprache
darauf gekommen war, was er am gestrigen Abend noch vorgehabt hatte.
„Aber es ist nicht Torben.“
„Nein, das ist vorbei.“
Funke war sich da nicht so sicher,
wenn er daran dachte, wie sein junger Partner ausgesehen hatte, als er am Haus
der Schneiders vorbeigefahren war.
„Und? Ist es etwas Ernstes?“ Er
hatte nicht vergessen, dass Behrend ihm vor einiger Zeit Berührungsängste
vorgeworfen hatte, zu Recht im übrigen. So sehr er Behrend schätzte, aber wenn
es nach ihm gegangen wäre, hätte er das Privatleben seines jungen Kollegen
immer ausgeklammert. Ihm war das Thema halt einfach unangenehm, weil sich ihm
automatisch Bilder aufdrängten, was zwei Männer miteinander anstellten, wenn
sie für sich waren. Er konnte nichts dagegen tun, so sehr er sich auch bemühte.
Aber ihre berufliche Partnerschaft konnte nur funktionieren, wenn sie sich
gegenseitig absolutes Vertrauen entgegen brachten, und deshalb durfte er das
Private nicht vollkommen außen vor lassen. Außerdem wäre es nicht fair gewesen,
denn immerhin hatte Behrend sich von Anfang an sehr interessiert an ihm und
seiner Familie gezeigt, ohne dabei neugierig zu sein. Also sprang er das ein
oder andere Mal über seinen Schatten.
„Ich glaube schon.“
„Freut mich für dich.“
Behrend
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