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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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Wohnzimmer
ging. Sollte sie nicht alles mithören?
    „Was?“ hörte sie ihre Mutter mit
gesenkter Stimme sagen. „Nein...Tut mir leid, Pierre. Das hab ich total
vergessen....“
    Judith zwang sich, wegzuhören. Sie
kümmerte sich stattdessen um den Kaffee, der durchgelaufen war. Sie nahm einen
Becher aus dem Küchenschrank über der Spüle und goss ihn bis zum Rand voll.
Ihre Mutter trank ihren Kaffee schwarz und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass
sie ihn nach diesem Gespräch ordentlich stark brauchen konnte.
     
    Während Glen den Tisch deckte, war
Philipp dabei, die Flasche Rotwein zu öffnen.
    „Zehn Minuten noch, wenn sie
pünktlich sind.“
    „Gunnar ist bestimmt ein bisschen
zu spät. Das ist er meistens.“
    „Doreen ist eher pünktlich.“ Glen
nahm ein paar Gläser aus dem Schrank und stellte sie neben die Teller. „Was
hast du Gunnar genau gesagt?“
    „Nur, dass ich es gut fände, wenn
ihr euch mal kennen lernt.“
    „Und Doreen hast du nicht erwähnt?“
    Philipp goss den Wein in den
Decanter, den Glen ihm vorher hingestellt hatte. „Nein. Er hat keine Ahnung,
dass sie kommt.“
    „Ich hab Doreen auch nicht gesagt,
dass wir zu viert sein werden, aber ich denke, dass sie den Braten riecht,
sobald sie deinen Bruder sieht.“
    Er hatte sie gefragt, als sie gegen Mittag kurz
gemeinsam in die Kantine gegangen waren, um sich eine Kleinigkeit zu essen zu
holen.
Sie waren allein
im Fahrstuhl zum zwölften Stock und er hatte die Gelegenheit genutzt.
    „Sag mal, hast du heute schon was
vor?“
    „Was soll ich schon vorhaben?“ hatte sie geseufzt.
    „Ich meine nur, hättest du vielleicht Lust
,
heute Abend zu mir zum Essen zu kommen?

    Sie hatte ihn fragend angesehen. „Gibt es was zu
feiern?“
    Der Fahrstuhl hielt und sie betraten den Gang.
„Nein. Ich dachte nur, es wäre
nett.

    Sie hatte tief Luft geholt
und

dann
hörbar wieder ausgeatmet.

„Ich glaube, das wäre echt eine gute Idee. Weißt
du, nach der Sache mit Tuchel kann ich ein wenig Aufmunterung gut gebrauchen.

    Glen nickte mitfühlend. Er kannte sie ziemlich gut
und wusste genau, was im Moment in ihr vorging. „Das hab ich mir gedacht. Du
machst dir Vorwürfe, oder?“
    „Das kannst du laut sagen.“
    „Aber woher solltest du wissen, dass er sich das
alles so zu Herzen nimmt
?

    „Das ist es ja, was mich so wundert.

    Er blieb stehen. „Du bist überrascht.

    Sie dreht
e
sich zu ihm herum. „Ja. Ich hätte nie
im Leben
damit gerechnet. Er hatte so stark
gewirkt, wie er Roman und mich neulich vor die Tür gesetzt hat.
Und auch
bei unserem zweiten Besuch hat er alles andere als einen verzweifelten Eindruck
gemacht.

    Er schloss zu ihr auf und legte den Arm um sie. „Du
kannst nichts dafür. Es war seine Entscheidung.

    „Das mag sein, aber trotzdem fühle ich mich
mitschuldig. Wenn wir ihn nicht aufgesucht hätten, hätte er sich
nicht

aufgehängt.“
    „Das kannst du gar nicht wissen. Vielleicht hätte
er das sowieso früher oder später getan.“
    Dieses Mal blieb sie stehen. „Wie meinst du das?“
    „Na ja, man hört doch immer wieder, dass Menschen,
die aus dem Gefängnis entlassen werden, nicht in der Lage sind, sich in
der
Freiheit
zurecht zu finden. Und
vielleicht war das bei
Tuchel
ja genauso. B
evor er in den Knast kam, war er Azubi zum
Bankkaufmann, hatte Abitur. Ihm stand die Welt offen. Und jetzt?“
    Sie schien nicht überzeugt.
„Ich weiß nicht. Er wirkte
irgendwie nicht, als ob er keinen Funken Hoffnung mehr in sich hatte.“
    „Aber du kannst
nicht

in die Menschen hineinsehen. Wer sagt dir denn,
dass er nicht nur eine Fassade aufgebaut hatte und es in ihm ganz anders aussah?“
    Sie hakte sich bei ihm ein. „Es tut gut, mal wieder
unter vier Augen mit dir zu reden.“
    „Finde ich auch.“
    „
Ich denke trotzdem, dass es da noch etwas anderes
gab, was ihn zu diesem Schritt getrieben hat. Deshalb
bin ich froh, dass
Funke seine Akte angefordert hat. Ich bin gespannt, ob ich da etwas finden
kann, was mich den Selbstmord verstehen lässt.

    Ihr Ton war ein wenig trotzig, aber Glen war nicht
überrascht. Er
hatte
eh
schon vermutet, dass sie das tun würde.
Doreen ging Dingen gern auf den
Grund und hasste es, wenn sie sich etwas nicht erklären konnte, auch wenn es
nur ein winziges Detail war.

Gerade diese Eigenschaft machte sie zu einer
perfekten Kandidatin für die Mordkommission und hatte ihrem Team schon des
öfteren weitergeholfen.

 
    „Ich hatte übrigens nicht

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