Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
Vom Netzwerk:
ihr
geschlafen. Vielleicht war ihm erst im Nachhinein bewusst, wie falsch das war
und fühlte sich deshalb schuldig.“
    „Oder er fühlte sich schuldig, eben
weil er sie erst vergewaltigt und dann ermordet hat.“
    Er zuckte bei ihren Worten
zusammen. „Du bist knallhart, weißt du das?“
    Sie lachte. „Ich bin nicht umsonst
bei der Kripo.“
    „Scheint mir auch so.“
    „Timo, dein Glauben in allen Ehren,
aber du machst jetzt dasselbe wie die Polizei damals. Du gehst davon aus, dass
dein Bruder unschuldig ist und passt alle Faktoren an diese Vermutung an. Bei
aller Sympathie darfst du dabei keinesfalls aus den Augen verlieren, dass
Christopher trotzdem schuldig sein könnte.“
      
    Es war kurz vor neun Uhr abends und
der junge Mann, der unter dem Namen Mirco Hachmeister bekannt war, hatte den
Knauf der Wohnungstür in der Hand und warf einen letzten Blick auf seine Wohnung.
Er wusste, dass er sie jetzt länger nicht mehr zu Gesicht bekommen würde und
war schon ein wenig traurig, aber es ging nicht anders. Er seufzte, zog die Tür
zu und lief die Treppe hinunter nach draußen. Er winkte dem Taxifahrer zu, der
auf dem Bürgersteig neben seinem Fahrzeug stand, um zu signalisieren, dass er
es war, auf den er wartete. Der Fahrer, ein junger, ausländisch aussehender
Mann, nahm seine große Reisetasche und verstaute sie im Kofferraum, während
Mirco bereits auf dem Beifahrersitz Platz nahm.
    „Zum Flughafen Blankensee, bitte“,
sagte er, als er sich den Gurt anlegte und der Fahrer eingestiegen war.
    Der reagierte nur mit einem Nicken
und fuhr los. Mircos Blick fiel auf den Ausweis des Fahrers, der am
Armaturenbrett festgemacht war, und stellte fest, dass er sich nicht getäuscht
hatte. Hassan Yilmaz Karabuga. Also vermutlich ein Türke.
    „Geht es in Urlaub?“ fragte er
akzentfrei.
    „Ja.“ So ungefähr. Er hatte noch
keine Ahnung, wie lange er wegbleiben würde.
    „Nach Mallorca?“
    Der Flughafen Blankensee am Rande
der Stadt ist klein und fliegt nicht besonders viele Ziele an. Hauptsächlich
wird er von der Billig-Airline Ryanair genutzt, die nach Bergamo,
London-Stansted, Stockholm und Pisa fliegt. Außerdem kann man auch mit Wizzair
nach Danzig fliegen. Mallorca hat Ryanair erst seit kurzem im Programm.
    „Ja“, log Mirco. Aber flogen die
nicht vormittags? Egal, Hassan würde das sicherlich nicht überprüfen. Wo er hinwollte,
ging den Typen ja nun wirklich gar nichts an. Und auf Smalltalk hatte er auch
keine Lust. Vielleicht raffte er es ja, indem er so einsilbig wie möglich
antwortete.
    „Ich war dieses Jahr auch auf
Mallorca. Am Ballermann. Da war die Hölle los, kann ich Ihnen sagen. Aber so
wie man das im Fernsehen immer zeigt, war es nicht. Ich hab da keine Rieseneimer
mit Sangria gesehen.“ Er lachte. „Und nackt auf den Tischen getanzt hat auch
keiner.“
    „Mhm“, machte Mirco.
    Er schien nicht sonderlich
feinfühlig zu sein. „Wo genau fahren Sie hin?“
    Das durfte ja wohl nicht wahr sein.
Jetzt musste er sich doch tatsächlich was ausdenken. „Cala Ratjada“, sagte er.
Er konnte sich daran erinnern, dass er vor zehn Jahren oder so mal mit der
Familie dort gewesen war. Es war das erste, was ihm einfiel und er wollte nicht
noch mehr über den Ballermann hören.
    „Das soll ja auch ganz schön sein.“
    „Das hoffe ich.“
    Endlich schien es bei ihm
angekommen zu sein und er blieb still, was Mirco die Gelegenheit gab, seinen
eigenen Gedanken nachzuhängen. Er hatte ursprünglich nicht geplant, das Land zu
verlassen, aber da hatte er auch nicht gewusst, wie sich das alles entwickeln
würde. Na ja, einen wirklichen Plan hatte es gar nicht gegeben, er hatte halt
gehofft, dass sich ihm gewisse Möglichkeiten eröffneten, aber von den
tatsächlichen Entwicklungen war er dann doch überrascht worden. Und jetzt war
ein Untertauchen unvermeidlich.
    Solange die Polizei in dem Mordfall
an dem jungen Mädchen ermittelte, konnten sie immer noch auf ihn stoßen. Da war
es besser, er war nicht aufzufinden. Wenn der Mörder erst einmal gefasst war,
gab es für die Polizei keine Veranlassung mehr, weiter zu ermitteln. Dann
konnte er zurückkommen. Er hätte sich schon früher abgesetzt, wenn es mit den
Flügen geklappt hätte. Er hatte fieberhaft im Internet nach Verbindungen gesucht,
aber der früheste freie Platz nach Stansted war an diesem Abend, auch wenn ihm
ein Morgenflug lieber gewesen wäre. Er hätte dann zwar den ganzen Tag am Flughafen
rumhängen müssen, ehe es weiter nach Bangkok

Weitere Kostenlose Bücher