Die Mädchen (German Edition)
verblüfft den Hörer auf. „Herr und Frau Keller sind auf dem Weg
nach oben zu uns.“
Behrend sah ihn an. „Und?“
„Sie glauben, dass sie etwas
Wichtiges für uns haben.“
„Na, da bin ich ja mal gespannt. Wo
sind eigentlich Roman und Doreen?“
„Roman hat mich um einen freien
Nachmittag gebeten, weil Johanna aus dem Krankenhaus entlassen wird. Und wo
Siewers steckt, weiß ich, ehrlich gesagt, nicht.“
„Komisch.“
Funke zuckte mit den Achseln. „Du
kennst sie ja. Wahrscheinlich ist sie irgendeiner Eingebung gefolgt und bringt
sich damit in Schwierigkeiten.“
Es war nicht ernst gemeint, obwohl
es nicht ganz von der Hand zu weisen war, hatte sie doch durch die Sache mit
Panowsky wieder einmal bewiesen, dass sie sich nicht immer an die Regeln hielt.
Ein Klopfen an der Tür hinderte Behrend an einer Antwort.
„Herein“, rief Funke.
Die Tür ging auf und Herr und Frau
Keller kamen herein. Funke erhob sich und begrüßte beide mit Handschlag.
Behrend machte es ihm nach und stellte sich dabei dem Mann vor. Funke hatte die
beiden bereits am Wochenende zusammen gesehen, als sie sich ihre Tochter
angesehen hatten und stellte eine deutliche Veränderung fest. Von der tiefen
Verzweiflung, die er bei beiden gespürt hatte, war nichts mehr zu sehen. Stattdessen
strahlten sie eine Bestimmtheit aus, als ob sie sich auf einer Mission
befanden.
„Wir haben das Tagebuch unserer
Tochter gefunden“, begann Herr Keller. „Eigentlich hat Judith es gefunden. Ist
ja auch egal. Jedenfalls sollten Sie wissen, dass Zoe Ludwig, die Freundin meiner
Exfrau, für Sinas blaue Flecken verantwortlich war.“
Funke riss die Augen auf. „Was?“
„Dürfen wir uns setzen?“ fragte
Frau Keller.
„Natürlich.“ Funke zeigte auf die
Stühle vor seinem Schreibtisch und nahm ebenfalls Platz. Behrend blieb stehen,
lehnte sich dabei aber an die Fensterbank.
„Ich bin immer noch ganz
geschockt.“ Frau Keller schüttelte den Kopf. „Dass meine beste Freundin mich so
hintergehen konnte. Es ist unglaublich.“
„Vielleicht erzählen Sie uns erst
mal, was genau Sie entdeckt haben.“
Und das taten sie. Auf einmal war
Funke klar, warum die Ludwig soviel Energie darauf verwendet hatte, jeden in
der Familie Keller schlecht aussehen zu lassen. Sie hatte um jeden Preis verhindern
wollen, dass man sich mit ihr auseinandersetzen würde.
„Und Sie glauben jetzt, dass Frau
Ludwig Ihre Tochter ermordet hat?“
„Im Tagebuch steht, dass sie Sina
massiv gedroht hat.“
„Außerdem waren wir vorhin bei
ihr“, warf ihr Mann ein. „Sie hat es abgestritten, aber sie hat eindeutig ein
schlechtes Gewissen.“
„Also weiß Frau Ludwig bereits,
dass Sie sie verdächtigen?“
„Ja.“
Damit war das Überraschungsmoment
dahin. Super! Er seufzte. „Es wäre natürlich besser gewesen, Sie wären mit
Ihrem Verdacht erst zu uns gekommen.“
Frau Keller nickte. „Vielleicht.
Aber es geht um unsere Tochter und meine Freundin. Ich wollte erst einmal
sehen, was sie dazu zu sagen hat, bevor ich ihr die Polizei auf den Hals
hetze.“
„Wo ist das Tagebuch?“ fragte
Behrend vom Fenster aus.
Funke entging nicht, wie die beiden
einen Blick wechselten, den er nicht deuten konnte.
„Bei uns zu Hause“, sagte Frau
Keller schließlich.
„Dann lassen Sie es uns mal holen.“
„Muss das sein?“
„Na ja, es ist ein Beweisstück.“
„Aber es ist doch etwas höchst
Privates von unserer Tochter.“
„Das mag zwar sein, aber da wir in
ihrem Mordfall ermitteln, müssen wir es unbedingt einsehen. Da können wir
darauf keine Rücksicht nehmen.“
Frau Keller seufzte und griff nach
der Hand ihres Exmannes. „Wir werden wohl nicht darum herumkommen“, sagte sie
zu ihm.
Marius Keller griff in seine
Jackentasche, holte ein Buch heraus und legte es vor sich auf den Tisch. „Wir
hatten eigentlich gehofft, dass es auch ohne das Buch geht. Wissen Sie, es
stehen auch Sachen darin, die unsere Tochter nicht eben gut aussehen lassen.“
Funke sah vielsagend über ihre
Köpfe hinweg zu Behrend hinüber und griff nach dem Buch. Aufgrund ihrer
Reaktion zuvor hatte er schon damit gerechnet, dass sie es dabei hatten. Sein
junger Kollege zog nur die Augenbrauen hoch.
„Steht etwas über Sinas Pläne für
den Mittwoch drin?“
Frau Keller schüttelte den Kopf.
„Danach haben wir gleich als erstes gesucht.“
„Sie sagten eben, es würde Ihre
Tochter nicht gut aussehen lassen. Meinen Sie wegen der Website und wie sie
dazu gekommen
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