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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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aber du hast mich immer weggestoßen.“
    Das stimmte. Sie hatte entweder so
getan, als ob sie nicht merkte, was er vorhatte oder ihm klipp und klar gesagt,
dass sie keine Lust hatte, weil sie zu müde war und im Moment zu viel Stress
hatte. Was hätte sie sonst tun sollen? Wie sollte sie ihm begreiflich machen,
was mit ihr los war, wenn sie es sich selbst nicht erklären konnte?
    „Ich weiß.“
    „Ich hab schon gedacht, du hast
einen anderen.“
    „Was?“
    „Was könnte es sonst sein?“
    Tja, was sonst? Für Männer war die
Welt so einfach gestrickt. Wenn die Frau keine Lust hatte, war sie entweder
frigide oder sie hatte einen anderen. Dass es weit tiefere Gründe dafür geben
könnte, auf diese Idee kamen sie nicht. Dass Ole es überhaupt in Betracht zog,
sie könnte einen anderen haben, machte ihr nur deutlich, wie wenig er sie
eigentlich kannte. Sie hätte sich niemals mit einem anderen einlassen können,
dafür war sie nicht der Typ. Sie hatte sich zu Ole bekannt und erwartete von
ihm dasselbe, denn so sah sie eine Beziehung. Aber der Trieb des Mannes hatte
ihrer Vorstellung mal wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht.
    Sie hatte Ole letztendlich
verziehen, zumindest nach außen, auch wenn sie die demütigende Szene im
Schlafzimmer nicht vergessen konnte. Das Bett wurde ausgetauscht, das ganze Zimmer
renoviert, aber trotzdem hatte der Raum seine ursprüngliche unschuldige Aura
verloren. Weil sie Ole nicht verlieren wollte, hatte sie auch Zugeständnisse
anderer Art gemacht. Sie schlief wieder mit ihm, wenn auch längst nicht so oft
wie früher. Mittlerweile erkannte sie die Zeichen ganz gut, wann sie Sex
einsetzen musste, um ihn bei der Stange zu halten. Es kostete sie immer noch Überwindung,
aber sie hatte gelernt damit umzugehen, wenn sie ihn nicht verlieren wollte.
Und dennoch hatte sie Zweifel, ob sie ihm genügte. So hatte sie keine Ahnung,
ob er nicht merkte, dass ihre Lust nur vorgegaukelt war. Wenn ihm das bewusst
war, konnte sie dann nicht annehmen, dass er sich jemand anderen suchte, bei
dem er das Gefühl hatte, dass der Wunsch nach Körperlichkeit auf Gegenliebe
stieß?
    Das Gespräch mit Judith hatte sie
ins Grübeln gebracht. Sie ging zurück ins Wohnzimmer, öffnete die Balkontür
erneut und zündete sich eine Zigarette an, weil sie dabei am besten nachdenken
konnte. Die Polizei vermutete den Täter im näheren Umfeld, aber was hieß das?
Gehörten die Mädchen auf der Website auch dazu? Merkwürdig, dass die Polizei
die Männer, die sich vor dem Bildschirm an ihrer Nichte aufgegeilt hatten, von
vornherein ausschloss. Es konnte doch durchaus sein, dass einer von denen
Kontakt mit ihr aufgenommen hatte. Vielleicht hatte sie ja auch jemand erkannt
und gedacht, dass sie ihm ja auch privat zur Verfügung stehen konnte.
    Dieser widerliche Bent. Sie nahm
einen weiteren Zug an ihrer Zigarette und stieß verächtlich den Rauch durch die
Nasenlöcher aus. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre Sina niemals wie eine Nutte
herumgelaufen und das Ganze wäre höchstwahrscheinlich nicht passiert. Sie war
ziemlich sicher, dass er der Auslöser für das alles gewesen war. Selbst wenn er
nicht der tatsächliche Täter war, wovon die Polizei anscheinend ausging, würde
er in ihren Augen immer die Schuld am Tod ihrer Nichte tragen. Wie hatte er ihr
das nur antun können? Hatte er gar keine Skrupel? Minderjährige dazu zu
bringen, vor einer Kamera blank zu ziehen. So ein Schwein. Okay, die Schwester
seiner Freundin dazu zu bringen, ging ja vielleicht noch, aber seine eigene
Nichte zu verschachern war schon ein starkes Stück. Wahrscheinlich hätte er
nicht einmal vor seiner eigenen Schwester haltgemacht.
    Apropos Schwester. Was hatte Judith
gesagt? Sein Schwager hatte ihm ein blaues Auge verpasst. Also war das Mädchen
die Tochter seiner Schwester, hieß demnach nicht Masio. Handelte es sich bei
ihr vielleicht um das Mädchen, das zunächst als verschwunden galt und wieder
aufgetaucht war? Wie hieß die noch? Hauptkommissar Funke hatte sie doch nach
ihr gefragt. Merle Grothe, genau. Okay, das ließ sich herausfinden. Sie drückte
hastig ihre Kippe aus, schloss die Tür und schnappte sich ein Telefonbuch. Sie
schlug es auf und suchte nach den Einträgen unter Grothe. Bingo! Simon Grothe.
Bent hatte laut Judith Simon zu seinem Schwager gesagt, daran erinnerte sie
sich. Birthe lehnte sich in ihrem Sessel zurück und überlegte, was sie jetzt
tun sollte.  
     
    Hauptkommissar Funke legte
einigermaßen

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