Die Mädchen (German Edition)
Tochter.“
Ole nickte nachdenklich. „Mit der
es womöglich Probleme gab.“
„So ist es. Und dann eben die
Tatsache, dass Sina gelogen hatte.“
„Die Sache mit Marius.“
„Genau.“
„Also geht die Polizei davon aus,
dass sie sich ein Alibi verschaffen wollte.“
„Die Frage ist nur, wofür?“
„Hm. Aber könnte es nicht wirklich
sein, dass Sina für diese Nacht verabredet war? Irgendetwas, wovon ihre Eltern
auf keinen Fall etwas wissen durften?“
„Und genau das denkt die Polizei
auch. Sie gehen davon aus, dass Sina morgen wieder da ist.“
Er deutete ihren Ton richtig. „Aber
du glaubst das nicht.“
„Nein. Es macht keinen Sinn.“
„Wieso?“
„Ich glaube schon, dass sie etwas
vorgehabt hat, aber die Nacht wollte sie bestimmt nicht wegbleiben. Almut hätte
in jedem Fall Alarm geschlagen. Also hätte Sina dafür gesorgt, dass sie entweder
wirklich bei Marius ist oder eben so früh nach Hause kommt, dass Almut gar
nichts mitbekommt.“
Ole nickte langsam, als konnte er
es nachvollziehen. Ihre Ausführungen hörten sich auch in ihren Ohren stimmig
an. „Du denkst, ihr ist etwas zugestoßen.“
„Keine Ahnung, aber irgendetwas
stimmt nicht mit ihr. Ich finde, sie hat sich sehr verändert in den letzten
Monaten und damit meine ich nicht nur die Art, wie sie rumläuft. Da gibt es
irgendetwas anderes. Vielleicht ist etwas vorgefallen, das das alles ausgelöst
hat, ich weiß es nicht. Aber Sina hatte definitiv ihre kleinen Geheimnisse. Hat
sie dir denn nichts gesagt?“
Ole fuhr überrascht zurück. „Mir?“
„Na ja, du hast doch auch ein paar
Mal mit ihr allein gegessen. Vielleicht hat sie dabei ja mal etwas fallen
gelassen.“
Sie merkte, wie es ihm unbehaglich
wurde. „Also, was du immer hast. Sie ist doch seit Monaten nicht mehr hier
gewesen.“
Das war keine Antwort auf ihre
Frage, aber sie ließ es ihm durchgehen.
„Wie geht es Almut?“
Als ob ihn das interessiert hätte.
„Sie ist ziemlich durcheinander.“
„Meinetwegen hättest du nicht
kommen müssen, du hättest ruhig bei ihr bleiben können.“
„Marius ist ja noch da. Und dann
diese Trulla, du weißt schon, ihre bescheuerte Freundin. Diese Zoe. Was für ein
beknackter Name. Gott, wie ich diese Frau hasse. Die hat schon früher immer bei
uns rum gehangen und alles aufgesogen, was bei uns passiert. Ich könnte mich
schütteln.“
„Woher weiß die denn Bescheid?“
„Die rief zufällig an, nachdem
Marius mit der Polizei gesprochen hatte und kam etwa zehn Minuten später mit
ihrem Schlitten angerauscht.“
Und auch die blöde Kuh hatte sie
kaum eines Blickes gewürdigt. Zu jenem Zeitpunkt war ihr klar gewesen, dass sie
verschwinden würde, sobald die Polizei gegangen war. Diese selbstgefällige
Ziege konnte sie nicht um sich haben.
„Na, dann hat sie ja genug
Beistand.“
„Ach Schatz, ich fühl mich so
schlecht. Wenn ich besser aufgepasst hätte...“
Er nahm sie bei den Armen. „Jetzt
hör mir mal gut zu, mein kleiner Liebling. Ich finde es wirklich rührend,
welche Sorgen du dir um deine Nichte machst. Aber hör bitte auf, dich selbst zu
quälen.“
„Aber es stimmt doch…“
„Sieh mich an“, unterbrach er sie.
Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte ihr Gesicht zu sich
herum. Sie sah ihm in die Augen und die Wärme, die von ihrem dunklen Braun
ausging, ließ ihr das Herz schwer werden. In diesem Moment wurde ihr wieder bewusst,
wie sehr sie ihn liebte.
„Sorgen machen ist gut und schön,
die mach ich mir auch. Aber es macht keinen Sinn, wenn du dich selbst fertig
machst. Dich trifft keine Schuld daran, dass Sina verschwunden ist.“
„Aber wenn ich früher eingegriffen
hätte. Ich meine, als sie angefangen hat, sich so nuttig anzuziehen, vielleicht
hätte ich da ja was verhindern können.“
Ole strich ihr mit dem Handrücken
über die Wange. „Mein liebes Mädchen, du weißt doch gar nicht, was passiert
ist. Woher willst du wissen, ob das überhaupt zusammenhängt?“
Er merkte nicht, wie es ihr
innerlich bei seinen Worten den Rücken rauf und runter lief. „Ich weiß es
einfach.“
Er seufzte. „Und selbst wenn.
Soweit ich mich erinnern kann, hast du versucht, mit ihr darüber zu sprechen.
Und hat es etwas genutzt?“
Er hatte Recht. Sie hatte mehrmals
versucht, mit ihrer Nichte zu reden, aber Sina hatte sie nur angefahren, sie
sollte sich um ihren eigenen Dreck kümmern. Seither war ihr Verhältnis getrübt
und Birthe hatte das ungute Gefühl, dass sie
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