Die Mädchen (German Edition)
mit offenen Karten zu spielen, als
wenn sie es hinterher von jemand anderem erfuhren, auch wenn das nicht bedeutete,
dass sie bis ins kleinste Detail gehen würde.
„Das Übliche, denke ich. Bemühungen
von meiner Seite, Ignorieren und Frechheiten von ihrer Seite, später dann auch
Ignorieren von meiner Seite.“
„Sie hatten aufgegeben.“
„So kann man es sagen, ja. Wissen
Sie, Marius und ich sind seit über drei Jahren zusammen und die beiden sind so
klein nicht mehr, dass sie nicht in der Lage wären, das zu akzeptieren, aber
sie wollen es einfach nicht. Marius hat auch immer wieder versucht, ihnen zu
erklären, dass ich nichts mit der Trennung ihrer Eltern zu tun hatte, aber es
war alles zwecklos. Und mittlerweile haben wir aufgegeben. Sollen die glauben,
was sie wollen.“
Sie nahm einen weiteren Zug von
ihrer Zigarette. „Dabei kann ich den Mädchen nicht einmal einen Vorwurf machen,
weil sie von ihrer Mutter einfach nichts anderes hören. Aber ich bin es leid,
um ihre Zuneigung zu buhlen.“
„Dann war es sicher nicht leicht für
Sie, wenn eines der Mädchen zu Besuch war.“
Wusste sie etwas oder klopfte sie
nur auf den Busch? Ihr Ton klang verständnisvoll, aber Janine wusste es besser,
als sich von ihr einlullen zu lassen. Die Frau versuchte, einen Mord zu klären.
Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Befindlichkeiten für sie eine Rolle
spielten. Na, wenn sie dachte, sie mit ein wenig geheucheltem Mitgefühl dazu
bringen zu können, irgendwelche Geheimnisse auszuplaudern, hatte sie sich
geschnitten.
„Ich kam damit zurecht.“
„Wie wir gehört haben“, schaltete
sich erstmals auch der Mann ein, „wollte Sina gestern bei Ihnen
übernachten.“
„Das hat sie behauptet, wie ich von
Marius weiß, aber abgesprochen war das nicht.“
„Sie waren gestern am Nachmittag zu
Hause?“
Sie zog die Augenbrauen hoch.
„Warum fragen Sie?“ Dann ging ihr ein Licht auf. „Ach so. Sie meinen, ob Sina
doch bei uns gewesen ist. Nein, war sie nicht. Jedenfalls nicht nach sechzehn
Uhr.“
„Sie haben also gestern nicht bis
neunzehn Uhr gearbeitet wie Ihr Lebensgefährte?“
„Nein, ich hatte um halb eins
selbst einen Arzttermin und hatte mir den Nachmittag frei genommen. Gegen
sechzehn Uhr war ich zu Hause und Sina hat sich nicht blicken lassen.“
„Gibt es sonst irgendetwas, das Sie
uns sagen können, was uns weiterhelfen könnte?“
Janine nahm einen weiteren Zug von
ihrer Zigarette und pustete die Luft aus, während sie die beiden nachdenklich
musterte.
„Sie gehen nicht davon aus, dass
Sina ein zufälliges Opfer von irgendeinem Triebtäter ist. Sie glauben, sie hat
ihren Mörder gekannt.“
Frohloff schüttelte den Kopf. „Es
ist viel zu früh, um solche Aussagen zu treffen. Wir wollen nur gründlich sein
und jeder möglichen Spur nachgehen. Wir werden auch die Öffentlichkeit einschalten,
aber das dauert immer seine Zeit. Und bis wir da vielleicht ein paar Anrufe
erhalten, vergeht wieder wertvolle Zeit. Deshalb versuchen wir momentan, so
viele Hinweise zu sammeln wie möglich.“
„Ich verstehe.“ Sollte heißen,
verarschen kann ich mich alleine.
„Wir möchten uns ein möglichst
genaues Bild von der Ermordeten machen und vielleicht können Sie uns dabei
helfen.“
Sie nahm einen letzten Zug und
drückte anschließend die Kippe auf dem Teller aus. „Und Sie glauben, dass ich
das besser kann als die Eltern?“
„Na ja“, fing er an.
Sie winkte ab. Es war klar, was er
meinte. „Schon gut. Ich hab verstanden.
Also schön, mein Bild von Sina wird zwar nicht von elterlicher Liebe
gekennzeichnet sein, aber objektiv wird es wohl auch nicht.“
„Ist nicht alles, was wir
wahrnehmen, subjektiv?“
„Auch wieder wahr.“
„Also, was für ein Mädchen war
Sina?“
Janine überlegte einen Moment.
„Eigentlich ein ganz normales. Eines, das seinen Vater vermisste und die neue
Frau nicht leiden konnte. Sie war in sich gekehrt und hatte nicht viele
Freunde, denke ich. Anders als ihre Schwester.“ Sie sah von einem zum anderen.
„Haben Sie Judith schon kennen gelernt? Nein? Da werden Sie Augen machen. Sie
ist so was wie eine Abschlussballkönigin, wenn Sie wissen, was ich meine. Jeder
Junge an der Schule würde gern ihr Freund sein, da bin ich sicher. Sie strahlt
irgendwie. Sina dagegen wirkte immer ein bisschen wie eine kleine graue Maus.“
„Entschuldigung, aber ich war heute
Morgen dabei, als wir die Leiche gefunden haben, und da hatte ich einen
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