Die Mädchen (German Edition)
anderen
Eindruck.“
Janine nickte. „Das kann ich mir
vorstellen. Dazu wollte ich eben kommen. Sie hat sich im letzen halben Jahr
ziemlich verändert.“
„Soll heißen?“
„Soll heißen, dass sie sich
plötzlich schminkte, von einem Tag auf den anderen. Und sie trug Röcke, da wäre
ich ausgerastet, wenn sie meine Tochter gewesen wäre. Außerdem schien sie auf
einmal eine eigene Meinung zu haben. Sonst war sie immer eher wie Judiths
Schatten gewesen. Was die Schwester tat, machte sie nach. Wenn die keine Lust
zu etwas hatte, hatte sie auch keine und so weiter. Und plötzlich entwickelte
sie ihren eigenen Kopf.“
„Haben Sie eine Ahnung, woher der
Sinneswandel kam?“
„Nein. Aber mit mir hätte sie
ohnehin nicht gesprochen.“
„Und mit ihrem Vater?“
„Es gab ziemlichen Streit. Vor
allem wegen der kurzen Röcke. Aber er kam da auch nicht weiter. Außerdem, was
kann ein Vater für einen Einfluss haben, der seine Töchter alle vierzehn Tage
für ein Wochenende um sich hat?“
„Wer hat ihr denn die Sachen
gekauft?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Eben
das ist die Frage. Marius hat ihr kein Extrageld gegeben, das weiß ich genau,
und Almut hat das auch bestritten. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass das
Geld doch von ihrer Mutter stammt. Sie liebt es, Streit zu schüren.“
Frohloff trank nachdenklich aus
seinem Becher. „Kann die Veränderung mit einem Freund zusammen hängen?“ fragte
er, als er ihn abgesetzt hatte.
„Das kann schon sein, aber von
einem Freund weiß ich nichts. Da müssten Sie Judith fragen oder vielleicht
Birthe, Almuts Schwester.“ Sie nippte an ihrem Kaffee. „Ich weiß nicht, ich
hatte eigentlich einen anderen Eindruck.“
„Ja?“
„Ich hatte irgendwie das Gefühl,
als schwärmte Sina für Judiths Freund.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Kann ich nicht sagen. Es ist nur
so ein Gefühl.“
„Meinen Sie, da war was?“
„Da fragen Sie mich zuviel. Ich
hoffe nicht. Ich meine, dieser Bent ist wirklich nicht das, was sich jemand als
Freund für eine Vierzehnjährige wünscht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
den überhaupt jemand gern in seiner Familie hätte.“
„Aber die Töchter Ihres
Lebensgefährten sehen das anders?“
„Anscheinend.“ Sie lachte kurz auf.
„Und wenn ich mich zurückversetze in die Zeit, da ich ein Teeanger war, hätte
Bent mich wohl auch beeindruckt.“
Vorher
Sie war spät dran, mehr als eine
halbe Stunde. Ich sah zum wiederholten Mal auf die Uhr. Hatte sie nicht gesagt,
sie würde gegen vier da sein? Natürlich hatte sie das, in diesem Fall irrte ich
mich bestimmt nicht, es war mir viel zu wichtig, als dass mir dabei ein Fehler
unterlaufen würde. Ob das was mit dem Job zu tun hatte, von dem sie gesprochen
hatte? Ich wanderte unruhig im Wohnzimmer auf und ab. Ich war drauf und dran,
mir ein Glas Whiskey einzugießen, um mich ordentlich zu besaufen, als es klingelte.
Erleichtert atmete ich auf und eilte zur Tür. Ich riss sie förmlich auf und sie
zuckte regelrecht zusammen.
„Meine Güte.“
„Sorry, komm rein.“
Sie sah wieder wunderschön aus,
wenn sie auch etwas gehetzt wirkte. Ihr Haar trug sie lässig in einem
Pferdeschwanz zurückgebunden, was ihr Gesicht stärker zur Geltung brachte. Sie
sah dadurch noch jünger aus und mein Herz schlug mir bis zum Hals bei diesem
Anblick. Die lange Jeans, die sie ausnahmsweise trug, verstärkte das
jugendliche Aussehen noch. War ihre Kleidung sonst extrem sexy, war ihr
heutiges Outfit für mich noch viel aufregender.
„Kann ich dich um einen Gefallen
bitten?“ fragte sie, nachdem sie sich auf das Sofa hatte fallen lassen.
„Das weißt du doch“, erwiderte ich
stehend und in sicherem Abstand.
Sie musterte mich nachdenklich,
scheinbar nicht hundertprozentig überzeugt, was mich innerlich ein wenig
ungeduldig werden ließ. Wenn sie immer noch nicht gemerkt hatte, dass sie mir
vertrauen konnte, wusste ich auch nicht, wie ich ihr das noch begreiflich
machen sollte.
„Na ja, das letzte Mal, als ich
dich um einen Gefallen gebeten habe, warst du ja nicht gerade begeistert.“
Ach, das war es. „Das stimmt, aber
du weißt auch warum. Und wenn es wieder etwas in der Richtung ist...“
Sie winkte ab. „Geschenkt.“
Ich atmete erleichtert auf. Ich
wollte ihr helfen, natürlich, aber es gab Grenzen. Ein Risiko wie das letzte
Mal würde ich nicht noch einmal eingehen. Dazu stand zuviel auf dem Spiel.
Nach einer ganzen Weile, die sie
anscheinend gebraucht hatte, um
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