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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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sie
über den Anruf erschrocken war. Sie war aufgesprungen und kam auf sie zu. „Was
war los? Jetzt schon die Presse?“
    Judith schüttelte den Kopf.
    „Ein Perverser?“
    Wenn Zoe das sagte, hörte sich das
an, als ob für sie jeder Mann ein Perverser war. Wenn das alles nicht so bizarr
gewesen wäre, hätte Judith vermutlich lauthals gelacht.
    „Scheint so“, sagte sie nur.
    „Unglaublich.“ Zoe strich ihr über
den Arm. „Und das gerade heute. Alles in Ordnung?“
    Außer, dass ihre Mutter anscheinend
von einem Verrückten am Telefon bedroht wurde, meinte sie? Merkwürdig war nur,
dass ihr die Stimme irgendwie bekannt vorgekommen war.
    „Ja“, sagte sie nur.
    Klack, machte es und ihr Armreifen
fiel auf den Tisch. „Scheiße.“
    „Ist der Verschluss kaputt?“
    Judith legte ihn wieder an. „Ein
bisschen locker.“
    „Soll ich ihn für dich reparieren
lassen?“
    Es war sicher nett gemeint, aber
irgendwie war ihr das Angebot nicht angenehm, auch wenn sie nicht hätte sagen
können, warum. „Nein, lass nur.“
    Zoe zuckte nur mit den Schultern.
„Wär kein Problem.“ Sie sah sie mit mitleidiger Miene an. „Du willst jetzt
sicher nicht allein sein. Wollen wir uns zusammen einen Film ansehen?“
    Ganz bestimmt nicht. „Ehrlich
gesagt, ich würde gerne einen Augenblick auf mein Zimmer.“
    Zoe drehte sich um und ging zurück
zum Sofa. „Zu Bent?“ Sie fragte es beiläufig, als ob es eine
Selbstverständlichkeit war, doch Judith fiel fast der Hörer aus der Hand.
    „Was?“
    Zoe fuhr herum. „Glaubst du, ich
weiß nicht, dass er die Nacht über hier war?“
    „Bitte Zoe, sag Mama nichts davon.“
    Zoe setzte sich und klopfte erneut
auf den Platz neben ihr. „Komm mal her.“
    Judith legte das Telefon aus der
Hand und setzte sich wieder zu ihr.
    „Was findest du eigentlich an ihm?“
    Ging sie das was an? Sie reagierte
nicht auf die Frage und wich ihrem prüfenden Blick aus.
    Zoe fuhr ihr mit dem Handrücken
über die linke Wange. „Du bist doch viel zu gut für ihn.“
    Und das konnte sie beurteilen? Sie
fühlte sich genötigt, ihn zu verteidigen, obwohl Zoe nicht so falsch lag. Es
störte sie halt, wenn jemand sich ungefragt in ihr Leben einmischte. „Du kennst
ihn doch gar nicht.“
    „Aber ich kenne dich. Und glaub
mir, ihr passt nicht zusammen.“
    Mit dieser Erkenntnis kam sie ein
bisschen spät. Als ob sie das nicht längst selbst gemerkt hatte. Sie zuckte nur
mit den Schultern.
    „Du bist viel zu schön, um dich mit
solch einem Abschaum zufrieden zu geben.“
    Langsam wurde es peinlich und die
Art, wie Zoe sie ansah, jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. Ihr
Körper rebellierte plötzlich gegen die Nähe zu dieser Frau. Sie entzog sich ihr
und stand auf.
    „Bitte Zoe, versprich mir, dass du
Mama nichts davon erzählst, dass Bent hier war.“
    „Du brauchst dir keine Sorgen zu
machen“, winkte Zoe ab. „Ich werd ihr schon nichts sagen.“
    „Danke.“
    „Aber du brauchst nicht nach ihm zu
sehen. Er ist schon eine Weile weg.“
    „Was?“
    „Als du bei deiner Mutter warst
vorhin. Da ist er gegangen.“
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und
lief nach oben. Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und sah sich um. Zoe hatte
Recht, er war tatsächlich nicht mehr da. Sie konnte es nicht fassen. Da war er
einfach abgehauen, ohne ihr Bescheid zu sagen. Sie sah auf ihr Handy. Er hatte
ihr nicht mal eine SMS geschickt.
     
    Philipp König saß mit seinem
älteren Bruder in der Remise, einem netten Lokal in einem Hinterhof in der
Altstadt, das im Sommer auch viele Tische draußen hatte, und hatte soeben ein
Frühstück bestellt. Nachdem Glen ihm telefonisch mitgeteilt hatte, dass er vor
abends nicht zu Hause sein würde, hatte er sich angezogen und seinen Bruder gefragt,
ob sie sich in der Stadt treffen wollten. Gunnar schrieb an seiner Diplomarbeit,
die letzte Etappe kurz vor dem Examen, und war für ein wenig Ablenkung dankbar.
    „Erzähl, wie läuft es zu
Hause?"
    „Ganz okay. Du weißt ja, ich bin
meistens am Computer und die Alten lassen mich weitestgehend in Ruhe. Aber ich
bin froh, wenn ich die Arbeit fertig habe und ich dann in aller Ruhe nach einer
Wohnung suchen kann."
    „Du willst hier bleiben?"
    Gunnar studierte eigentlich in Kiel
und hatte dort ein Zimmer im Studentenwohnheim, war aber wegen der
Ungestörtheit für die Diplomarbeit vorübergehend in sein altes Zimmer gezogen.
    „Erst mal ja. Ich hab von Kiel die
Schnauze voll. Und so oft muss ich bis zum Examen

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