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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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den Eltern von Silke Schröder? Während Sie die Mädchen leiden lassen. Oder längst getötet haben. So ist es doch, oder?«
    »Das ist lachhaft«, antwortete Alex. Genauso absurd wie der Gedanke, dass –
    Also war immer Herr Radkowski dabei , hallte Frank Theis’ Stimme durch Alex’ Verstand.
    Theis musterte ihn. »Packen Sie endlich aus: Wo ist Lisa?«
    Alex schüttelte den Kopf.
    » Wo , verdammt noch mal!«
    Alex sah hilflos zu dem Polizisten auf. Dieser sprang auf, durchquerte die Kombüse und klopfte gegen die Tür. Augenblicklich traten zwei uniformierte Beamte ein.
    »Schaffen Sie ihn mir aus den Augen, aber ganz schnell!«
    Lisa kniff die Lider zusammen. Aber das, was vor ihr lag, war keine Täuschung, dem ihr erschöpfter Verstand im Mondlicht erlegen war. Die Tannenzweige auf dem Erdhügel vor ihr waren nicht natürlich gewachsen. Jemand hatte sie liebevoll aufeinandergeschichtet. Es wirkte wie ein – Grab .
    Lisa schnürte es das Herz zusammen. Ein Windstoß hob einige der Äste empor. Ein bleicher Armstumpf schimmerte im Mondlicht, und ein Stück tiefer ein Fuß mit kleinen Zehen.
    Im Wald knackte es. Als schliche sich jemand an Lisa heran. Sie stolperte los, dem Pfad entgegen, blindlings in die Dunkelheit des Waldes.
    Bäume streckten ihre Äste wie Finger nach ihr aus. Büsche griffen gierig nach ihren Füßen, wollten sie zu Boden zerren. Lisa wankte darüber hinweg. Behielt das Gleichgewicht. Stolperte erneut. Und wieder. Immer weiter. Vorwärts. Nur weg. Wo, verdammt noch mal, bin ich hier? , dachte sie verzweifelt.
    Nur beiläufig bekam sie mit, wie sie vom Pfad abkam. Es spielte sowieso keine Rolle mehr. Jedes Glied ihres Körpers brannte vor Erschöpfung und Schmerz. Sie war am Ende. Vor einem Stapel gefällter Bäume sank sie zu Boden. Einige der Baumstämme waren hohl. Sie schleppte sich in einen der Hohlräume und zog die Beine an den Körper. Bibbernd schlugen ihre Zähne aufeinander. Sie würde erfrieren. Sie würde sterben – so wie Silke und Christina.
    Aber du bist ihm entkommen! , schoss es ihr durch den Sinn.
    Es war nur ein schwacher Trost. Lisa schloss die Augen. Sie wollte schlafen. Nur noch schlafen.
    Kapitel 49
    Es gab nur selten Momente, in denen ich meine Angst und den Wahnsinn vergaß. Meist fand ich Frieden draußen im Garten, bei den Tieren, zusammen mit meinem Sohn. Manchmal erzählte ich ihm von früher, von meinem Vater, meiner Mutter, ihrem Pflaumen-Prasselkuchen, dem Picknick mit meiner Freundin Regina im Wald. Er lauschte meinen Worten mit großen Augen, als erzählte ich ihm von einer fremden Welt. In gewisser Weise war sie das ja sogar.
    Währenddessen verfolgte Ferdinand in der Stube die Aktuelle Kamera , die keinen Zweifel daran ließ, dass unser Land einem Wandel unterworfen war. Uns erreichten diese Veränderungen nicht.
    Ich suchte Zuflucht bei den Hühnern und bei Eduard, meinem Kater. Eduard, der durch unseren Garten und die Beete tigerte, sich schnurrend an mein Bein schmiegte. Wann hatte man mich das letzte Mal so liebevoll berührt? Meine Eltern waren es gewesen, meine Mutter und mein Vater. So viel Zeit war seither vergangen. So viele Qualen. An manchen Tagen kam es mir so vor, als spürte Eduard all mein Leiden und schliche nur deshalb zu mir, um mir etwas Trost zu spenden.
    Häufig erwartete er mich bereits, wenn ich nach draußen ging. Nur selten war er noch auf der Pirsch. Dann sagte ich leise seinen Namen, und meist trippelte er gleich darauf mauzend um die Ecke.
    Auch an jenem Nachmittag, als ich die Hühner füttern wollte, rief ich nach ihm. Diesmal kam er nicht. Ich versuchte es noch einmal, doch er ließ sich nicht blicken. Das geschah gelegentlich, weshalb ich mir nichts dabei dachte. Auch nicht, als Ferdinand nach unserem Sohn rief: »Komm!«
    »Gleich«, antwortete mein Junge, »ich helfe Mama mit den Hühnern.«
    »Ich sagte: Komm!«
    Folgsam trottete mein Sohn ins Haus. Inzwischen war er zehn und ein stolzer Pionier, so wie ich einst, in einer anderen Zeit. Ich kletterte über den Zaun, verstreute das Futter im Gehege und suchte mir eines der Viecher aus. Nachdem ich es geschlachtet und gerupft hatte, ging ich in die Küche. Als ich gerade das Kartoffelwasser abgoss, drang aus der Stube ein Schrei. Beunruhigt rannte ich nach nebenan. »Was ist …«
    Mein Sohn starrte auf ein strampelndes Etwas zwischen Ferdinands Händen. »Siehst du«, sagte mein Mann, »es ist ganz einfach.«
    Ferdinand machte eine schnelle Bewegung. Knochen

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