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Die Männer der Raumstation

Die Männer der Raumstation

Titel: Die Männer der Raumstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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beobachtet. Nichts war geschehen.
    Ion zündete sich nachdenklich eine Zigarette an.
    Die Flamme des Feuerzeugs beleuchtete die tiefen Kerben in dem Gesicht des hageren Mannes. Die Sonnenstrahlen, die gefiltert durch die Quarzfenster drangen, hatten die Haut beider Männer dunkelbraun werden lassen. Und jetzt hatten sie, ohne daß es jemand ahnte, ein weiteres Problem, das mit dem silbernen Asteroiden zusammenhing.
    Die ovale Wolke, eine Astronomische Einheit entfernt.
    Ion dachte an jene phantastischen Romane, die hier in den Regalen standen. Nicht sehr viele, nur die besten aus langen Publikationsreihen. Etwas näherte sich dem Sonnensystem oder stand unbeweglich hoch über der Ekliptik der Planeten. Kein Schiff der Erde stand, ohne Signale zu geben, unbeweglich dort. Also war es ein Fremder, ein Schiff, dessen Besatzung von den Planeten ferner Sterne kam. Eine Flotte? Ion zuckte die Schultern.
    Es war gleichgültig, wie viele es waren.
    Wichtig war, was sie wollten. Was immer sich näherte, würde zuerst auf den Asteroiden treffen, der sich ebenfalls über der Ekliptik befand und jetzt den Scheitelpunkt einer annähernd runden Bahn erreicht hatte und auf Jupiter herunterfiel. War ein Feind im Anflug oder waren es Verirrte? Ion grinste plötzlich und blies einen Rauchkringel gegen das Bild der Sterne hinter den Kästen der Fenster.
    Der Gedanke begann ihm plötzlich Spaß zu machen. Er sah noch kurz durch eines der Fenster, bemerkte das Düsenfeuer zweier sich nähernder Prospektorenschiffe und legte sich dann schlafen. Und als er wieder erwachte, hatte sich alles verändert.

 
5
     
    »Sister, help to trim the sail ... hallelujah!« sang Ion und bückte sich, um den untersten Riegel des Büroschotts zurückzudrehen. Er sang zur Melodie dieses uralten Negerspirituals neuerfundene Texte, die hin und wieder recht originell waren. Ion verblieb in der gebückten Stellung und erstarrte. Blitzartig kam kalte Panik, nacktes Entsetzen in ihm hoch. Es roch hier nach etwas, wonach der Satellit sonst niemals roch. Die Nasen der Männer, deren Leben davon abhing, ob sie die Begleitgerüche einer Monoxydvergiftung oder jenen charakteristischen Geruch frühzeitig merkten, der einen überkochenden Meiler begleitete, waren darauf trainiert. Der Geruch war fremd und doch irgendwie vertraut. Eine längst vergessene Erinnerung wallte in Ion Sandage auf: Herbstlaub, Spaziergänge und ein goldener Sonnenball hinter grauem Dunst.
    Er richtete sich langsam auf und huschte zurück in seinen Wohnraum.
    »Verdammt ...«, flüsterte er, »wo ist dieses Ding ...?«
    Er fand, was er suchte. Ein langer Lauf mit einem schmalen, zierlichen Griffstück und einem Rundmagazin, das zwanzig der bleistiftdicken, sechs Zentimeter langen Projektile faßte. Seine Gyrojet-Pistole, Laufweite 13 Millimeter.
    Die Miniraketen, die diese Waffe verschoß, besaßen die vierfache Durchschlagskraft der normalen 11,7-Millimeter-Raumwaffe. Sie arbeitete mit einem durchdringenden Pfeifen und völlig rückschlagfrei. Ion schnallte den Gurt mit der Lederhülle und den Reservemagazinen zu, ließ die Schutzklappe über der Gyrojet offen und ging schnell zurück zum Büro.
    Die Schottür schwang auf; Ion huschte seitlich hinein und schloß sie, ohne einen Blick in den Raum zu werfen. Dann wirbelte er herum und hielt die Waffe in der Hand. Der Lauf zeigte nach unten.
    Er konnte nicht glauben, was er sah.
    Nach etwa dreißig Sekunden, in denen er die Szene vor sich erfaßt hatte, sagte er langsam:
    »Verdammt, Peer! Wir sollten die Flasche nicht mehr antasten, solange wir im Dienst sind. Verflixter Alkohol. Man bekommt direkt Halluzinationen.«
    Er versuchte zu ignorieren, was er sah. Es mißlang völlig.
    Er blickte wortlos und unfähig, sich zu bewegen, von Peer zu den beiden Geschöpfen, die hier saßen. Es waren zwei Mädchen, die direkt von einem der auftapezierten Photos herausgesprungen zu sein schienen. Sie betrachteten Ion Sandage mit der leidenschaftslosen Neugierde von Forschern, die einen merkwürdigen Sagittalschnitt studierten.
    »Peer!« würgte Ion heraus und stammelte dann: »Sag, daß es nicht wahr ist. Sag, daß ich lediglich schlecht geschlafen habe. Das ist ein verdammter Scherz – mit einsamen Männern solchen Blödsinn zu treiben!«
    »Du wirst dich mit dem Gedanken abfinden müssen«, sagte Peer heiser. »Wir haben Besuch. Schau etwas geistreicher drein, tritt näher und gib schön die Hand ...«
    Seine Stimme brach ab. Er schien sich vor dem Klang

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