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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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Thorgeir und seine Männer saßen beim Bier; ihr grölender Gesang mischte sich mit den Schreien der Seevögel. Über dem Meer türmten sich gewaltige Wolkengebirge von strahlendem Gelb.
    Björn befahl den Seeländern zurückzubleiben und ritt allein über die sandige Böschung in die Bucht hinab. Tryggve, Thorgeirs alter Steuermann, bemerkte ihn als erster; er tippte dem Wikingerhäuptling auf die Schulter und deutete auf Björn. Thorgeir erhobsich ächzend, und während er die steifgewordenen Glieder streckte, wandte er sich zu Björn um. Sein Haar war grau geworden, und das Gesicht zeigte die ersten Anzeichen greisenhafter Erschlaffung. Wie schon bei ihren früheren Begegnungen trug er den zottigen Pelz, der die kräftigen, tätowierten Arme frei ließ. An dem Grinsen, das seine groben Züge verzerrte, erkannte Björn, daß Thorgeir betrunken war.
    »Ich kenne dich, Kleiner«, sagte der Wikinger, während sein Blick rasch zu den Seeländern hinüberglitt. »Ich vergesse kein Gesicht, das ich einmal gesehen habe. Aber ich weiß nicht, wer du bist.«
    Björn nannte seinen Namen und sagte, daß er in Sven Gabelbarts Auftrag komme.
    »Steig ab, kleiner Mann«, sagte Thorgeir. »Ich rede nicht mit Leuten, die zu Pferde sitzen, während ich stehe. Auch sagt mir der Name dessen nichts, der dich schickt. Wer ist Sven Gabelbart?«
    Björn stieg ab und sagte: »Laß uns ein wenig abseits gehen, Thorgeir Bryntroll, ich will mit dir über Geschäfte reden, und je mehr zuhören, desto geringer könnte dein Gewinn ausfallen.«
    »Das klingt vernünftig und läßt ein gutes Gespräch erhoffen«, sagte Thorgeir. Sie setzten sich auf einen Baumstamm, und der alte Tryggve brachte ihnen zwei Kannen dunklen Bieres.
    »Du hast Glück, Kleiner, daß du mich bei guter Laune antriffst«, sagte der Wikinger. »Mit Leuten, die mich unerwartet besuchen, verfahre ich sonst anders.«
    »Thorgeir Bryntroll ist dafür bekannt, daß er sich nur mit ebenbürtigen Gegnern schlägt«, erwiderte Björn. »Und weder bin ich dir an Kraft gewachsen, noch trage ich Waffen bei mir.«
    »Bis auf die beiden Messer, die du unter deinem Mantel verbirgst«, sagte der Wikinger nachsichtig. »Aber wir wollen nicht von Kleinigkeiten reden.«
    Sie sprachen lange miteinander und leerten etliche Kannen. Die Farbe der Wolkenberge wechselte in ein trübes Weiß über, das Meer kehrte in die Bucht zurück, die Schiffe richteten sich langsamauf, und Thorgeirs Männer schliefen, über den Strand verstreut, den todähnlichen Schlaf der Trunkenen.
    »Du hast mir zu mancher Einsicht verholfen, Björn Bosison«, sagte Thorgeir schließlich. »Doch zu der einen wäre ich auch ohne dein Zutun gelangt: daß ich nicht mehr jung genug bin, mich auf die Seite der Verlierer zu stellen. Richte Sven Gabelbart aus, daß er auf mich zählen kann.«
    Björn gab ihm den Beutel mit dem Silber und sagte: »Sieh darin den Tropfen, dem der Regen folgt, Thorgeir Bryntroll. Sven Gabelbart wird dich reichlich belohnen.«
    »Eines Tages«, sagte Thorgeir Bryntroll mit schwerer Zunge und glasigen Augen, »werde ich nach Westen segeln, immer weiter nach Westen. Tryggve wird mein Steuermann sein, wenn er noch lebt. Dort, ganz weit im Westen, gibt es Land, grünes Land, fruchtbares Land. Man wird uns freundlich aufnehmen, weil vor uns noch kein Wikinger dort war. Man wird uns mit Reichtümern überschütten, und die Frauen werden uns zu Willen sein, ohne daß wir Gewalt anwenden müssen. Ja, so wird es sein, dort weit im Westen.«
    »Woher weißt du das, Thorgeir?«
    »Ich habe es geträumt«, antwortete der Wikinger. Dann ließ er sich rücklings in den Sand fallen und schlief ein.
    Sven Gabelbart lauschte Björns Bericht geduldig und sparte nicht mit Lob. Als Björn aber geendet hatte, fragte er: »Ist es wahr, daß du zwei Messer bei dir trägst?«
    Björn nickte und verwünschte sich im stillen für seine Unbedachtsamkeit.
    »Wozu zwei?«
    Das, antwortete Björn nach kurzem Zögern, habe sich schon manchesmal als nützlich erwiesen, und um dies zu erläutern, zugleich auch weiteren Fragen auszuweichen, setzte er zu einer Geschichte an.
    Doch Sven unterbrach ihn: »Auch ein einziger Dolch hätte genügt, dem alten Seeräuber den Garaus zu machen. Es wäre deinen Leuten und dir ein leichtes gewesen, sie alle umzubringen, die datrunken am Strand lagen. Warum hast du es nicht getan, Björn Hasenscharte?«
    »Ich habe daran gedacht, Herr«, gab Björn kleinlaut zur Antwort. »Aber etwas in mir

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