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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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Wilden und anderen Gesindels zu sehen«, sagte Sven. »Nichts könnte deinem Ruf mehr schaden als ein Sieg, den du diesem Gesocks zu verdanken hättest.«
    »Du irrst, Sven Gabelbart«, widersprach ihm Torkel. »Noch schimpflicher wäre es, die Schlacht zu verlieren. Im übrigen will mir bei aller Wertschätzung für euch Dänen wenig einfallen, wodurch ihr euch von dem Gesindel, wie du es nennst, unterscheidet.«
    »Du wirst es erleben, lieber Freund«, versetzte Sven. »Es wird dich große Mühe kosten, diesen bunt zusammengewürfelten Haufen geschlossen in den Kampf zu führen. Weder die blutsaufenden Wilden noch die Diebe und Wegelagerer sind es gewohnt, in offener Feldschlacht zu kämpfen. Was aber die Angelsachsen betrifft oder die Bauern von Man, so fügen sie sich ungern dem Willen eines Mannes, der einem Schwächling dient.«
    »Ich dulde es nicht, daß du so von meinem Herrn redest«, wies Torkel ihn zurecht.
    »Ach, Torkel«, seufzte Sven, »könntest du ein wenig über die eigene Nasenspitze hinaus denken, du würdest dich nicht herbeilassen, für Aethelred die Kastanien aus dem Feuer zu holen.«
    »Achte auf deine Worte, Sven Haraldsson«, erwiderte Torkel, »und schilt mich nicht einen Dummkopf, weil ich tue, was mich mein Treueschwur zu tun verpflichtet. Ich komme aus einem Land, wo Eidbruch als das schlimmste aller Verbrechen gilt.«
    »Dafür achte ich euch Norweger wie kein anderes Volk«, sagte Sven. »Andererseits sollte auch ein rechtschaffener Mann hin und wieder darüber nachdenken, ob seine Gelöbnisse noch dem eigenen Vorteil dienen. Denn was wäre der Sinn eines Treueschwurs, wenn nicht der, daß man Gewinn daraus zöge, sei es Ansehen oder Reichtum?«
    »Es mag Leute geben, die an Geld denken, wenn sie einen Treueeid schwören, ich gehöre nicht zu ihnen«, entgegnete Torkel barsch.
    »Wenn es dir also nicht um Reichtum geht, um was dann?«
    Torkel versank eine Weile in Schweigen. Dann sagte er: »Ich bin der Sohn eines Schmieds. Für einen Mann meiner Herkunft ist es eine Ehre, einem König zu dienen.«
    »Dein König hält sich hinter Lundenwics dicken Mauern versteckt, lieber Freund«, sagte Sven. »Er ist ein König ohne Land, denn entweder werden wir sein Reich in Besitz nehmen oder jene, die er um Hilfe bat. Worin, Torkel Wurmfraß, liegt die Ehre, einem solchen König zu dienen?«
    Darauf gab Torkel keine Antwort, sondern stocherte griesgrämigin der Glut, bis die Flammen aufloderten und ein Funkenschwall emporstob. Über dem Lager der Engländer wölbte sich eine Kuppel aus rötlich schimmerndem Rauch. Von Osten schoben sich strähnige Wolken über den sternklaren Himmel. Björn sah, daß Sven Gabelbarts Augen ihnen folgten, bevor sie sich wieder auf Torkels Gesicht hefteten.
    »Ich gebe dir alles Land, das Erik Blutaxt gehörte«, sagte Sven. »Ich werde dich zum Jarl ernennen und zu meinem Statthalter in Danelag.«
    »Wer bist du, daß du solche Versprechungen machst?« entrüstete sich Torkel. »Du wirst morgen tot auf dem Schlachtfeld liegen, und weil ich dich achte, werde ich dich wie einen Häuptling begraben. Mehr kannst du von mir nicht erwarten.«
    »Du bist ein störrischer alter Esel, Torkel«, sagte Sven, indem er seinen Unmut hinter einer liebenswürdigen Miene zu verbergen suchte. »Wenn du so erpicht darauf bist, einem König zu dienen, was macht es für einen Unterschied, ob er Aethelred oder Sven Gabelbart heißt? Hilf mir, den Feigling vom Thron zu stoßen, und du sollst unter meinen Gefolgsleuten der erste sein.«
    »Ich hatte gehofft, gemeinsam mit dir eine Nacht zu verbringen, die mir in guter Erinnerung bleibt«, sagte Torkel verdrossen. »Statt dessen beschimpfst du mich und machst mir unlautere Angebote. Ich denke, ich sollte mich in mein Lager begeben.« Er machte Miene aufzustehen, aber Sven hielt ihn zurück.
    »Ich sehe ein, daß es keinen Zweck hat, dich umzustimmen, lieber Freund«, sagte er. »Laß uns also von etwas anderem reden. Erzähl von deinem Wurm.«
    Torkel war dafür bekannt, daß er dieser Aufforderung nur zu gern nachkam. So begann er ohne Umschweife, von dem Untier zu berichten, als dessen menschliche Hülle er sich sah. Der Wurm sei, obwohl sich ihm kaum noch Platz biete, in unaufhörlichem Wachstum begriffen. Neuerdings habe er manchmal das Gefühl, der Wurm schiebe den Kopf durch seinen Hals und versuche, aus seinem Mund zu blicken. Nachts höre er ihn mit tiefer Stimmegrunzen, was er als Zeichen dafür werte, daß der Wurm von seinen

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