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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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Styrbjörn zu, begrüßte ihn auf die gleiche Weise und sagte: »Willkommen daheim, Schwager. Ich will meine Schwester schonend darauf vorbereiten, daß du zurückgekehrt bist. Die langen Jahre ohne Mann haben sie ein wenig schrullig gemacht.« Dann deutete er auf Bue den Dicken und Björn und fragte: »Ist dein Gefolge nicht etwas klein für eine weite Reise, Bruder?«
    Da geschah es, daß König Harald in Tränen ausbrach. Mistui trat betroffen einen Schritt zurück und blickte Styrbjörn fragend an. Dieser berichtete nun in knappen Worten von den Ereignissen,die dazu geführt hatten, daß Harald sein Land verlassen mußte, und Mistui vernahm es mit wachsender Besorgnis. Als Styrbjörn geendet hatte, ließ Mistui einen Wind fahren. Sogleich näherte sich Jaczko mit geblähten Nasenflügeln Mistuis Gesäß und begann, andächtig zu schnuppern. Dann richtete er sich auf und flüsterte Mistui etwas zu.
    »Dein Sohn ist ebenso hartnäckig wie schlau«, sagte der Obodritenkönig zu Harald. »Ich rate dir, weiter nach Osten zu fahren, Bruder. Dort, in der Gegend von Aldeigjuborg, lebt mein Vetter Vanhala, ein karelischer Fürst. In seinen Wäldern seid ihr sicherer als hier.«
    Styrbjörn deutete auf den dürren Mann: »Hat er dir das ins Ohr geflüstert, Schwager?«
    »Jaczko sagt, ihr bringt mich in Gefahr«, erwiderte Mistui. »Und ich habe allen Grund, ihm zu glauben. Denn bislang hat er sich noch nie geirrt.«
    »Ein seltsamer Ratgeber, der seinem Herrn am Arsch schnüffelt«, ließ sich Bue der Dicke vernehmen.
    Nun erfuhren sie, daß Jaczko über die Gabe verfügte, aus dem Geruch eines Furzes mehr oder weniger bedeutsame Erkenntnisse zu gewinnen. So roch er nicht nur, was der Furzende gegessen und getrunken hatte, wie es um seine Gesundheit bestellt war und welche Sorgen ihn drückten, sondern auch, wie sich seine Zukunft gestalten würde, falls er den Dingen ihren Lauf ließ. Durch diese Fähigkeit hatte er sich Mistui unentbehrlich gemacht, und es hieß, daß der König morgens nicht das Bett verließ, bevor Jaczko seine ersten Fürze auf das zu Erwartende hin gedeutet hatte.
    »Mistui, bist du mein Freund?« fragte Harald mit zitternder Stimme.
    »Bislang gab ich dir keinen Anlaß, daran zu zweifeln«, erwiderte Mistui abwartend.
    »Dann höre, daß ich nicht die Absicht habe, mich in den karelischen Wäldern zu verkriechen. Ich bitte dich, mir und meinen Leuten Gastfreundschaft zu gewähren.«
    Der Obodritenkönig furzte ein weiteres Mal, und wiederum sog Jaczko den Geruch begierig ein. Der Befund schien Mistui etwas zuversichtlicher zu stimmen, denn er sagte: »Du sollst nicht um etwas bitten, worauf du mehr als jeder andere Anspruch hast, Bruder. Fühlt euch wie zu Hause.« Er klatschte in die Hände, woraufhin ein gutes Dutzend junger Frauen mit einer stattlichen Kinderschar hereinkam.
    »Da seht ihr, daß ich nicht faul war«, sagte Mistui. »Ich habe dreiunddreißig Söhne gezeugt. Der jüngste wurde gestern geboren, und die ältesten üben sich schon im Schwertkampf. Eines Tages werden sie ihre toten Brüder rächen.« Mit einer Handbewegung scheuchte er die Frauen und Kinder wieder hinaus und ließ sich mit seinen Gästen auf dem Fußboden nieder. Mägde brachten Brot, Fleisch und Bier, und Björn sah mit Erstaunen, welche ungeheuren Mengen der Obodritenkönig verschlang.
    Währenddessen tauschten die beiden Könige Erinnerungen an ihre Jugendzeit am Hof Gorms des Alten aus, und mehr als einmal sanken sie einander tränenselig in die Arme. Später gesellte sich Gaut zu ihnen, weil es Mistui danach verlangte, seine lustigen Geschichten zu hören. Der Seeräuber erntete lärmende Heiterkeit; auch Björn lachte ein wenig, damit man ihm nicht unterstelle, daß er neidisch sei. Als die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht hatte, lüpfte Harald seinen Hintern, ließ einen knarrenden Wind streichen und bat Jaczko, ihn zu deuten. Dieser kauerte sich hinter dem König nieder, und nachdem er eine Weile geschnuppert hatte, sprach er zu Mistui in wendischer Sprache.
    »Was sagt er?« fragte Harald gespannt.
    »Deine Seele ist vergiftet von Haß«, erwiderte Mistui.
    »Das ist nicht alles, er hat noch mehr gesagt«, warf Styrbjörn ein. »War nicht auch vom Tod die Rede?«
    »Alle alten Männer riechen nach Tod«, sagte Mistui und reckte sich gähnend. »Ihr sollt in diesem Zimmer schlafen; es ist das schönste in der ganzen Burg.« Damit stand er auf und ging hinaus. Jaczko folgte ihm wie ein gekrümmter

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