Die Maenner vom Meer - Roman
über und ging zum Haus des Bischofs. Poppo führte ihn in einen Raum, wo Horath, von mehreren Priestern umgeben, in einem faßähnlichen Zuber hockte. Als der Bischof den Kamm sah, erhob er sich ungeachtet seiner Blöße aus dem Wasser und wurde blaß vor Entzücken.
»Wer ist er, der einen Kamm von solch unvergleichlicher Schönheit gemacht hat?« stammelte er.
»Björn Hasenscharte«, antwortete Poppo, indem er Björn vor den Bischof schob. »Swains Gehilfe und nun selber ein Meister seines Handwerks.«
Bischof Horath musterte Björn, und an seiner Miene war abzulesen, daß es ihm schwerfiel zu glauben, die Hände dieses unscheinbaren Menschen könnten etwas so Vollkommenes geschaffen haben.
»Ist er getauft?« fragte er.
Die Priester schüttelten ihre Köpfe.
»Wie kann ein Heide ein solches Wunderwerk zustande bringen?« rief nun, gleichfalls den Kopf schüttelnd, der Bischof.
»Dieser Kamm beweist«, sagte Poppo, »daß Gottes Gnade zuweilen auch Ungetauften zuteil wird.«
»Und wenn es der Teufel war, der ihm die Hand führte?« fragte Horath besorgt.
»Ehrwürdiger Vater«, entgegnete Poppo, »wenn Luzifer soviel Kunstfertigkeit besäße, hätte Gott ihn dann aus dem Himmel verbannt?«
Jetzt nickten die Priester, und der Bischof gab Björn zwei Mark Silber für den Kamm. Als Björn den Beutel in der Hand wog, dachte er, daß dies das Doppelte dessen war, was Swain einst für ihn bezahlt hatte, und er kam sich sehr reich vor.
Der Tag, an dem er seinen ersten Kamm verkaufte, sollte Björn noch wegen eines anderen Ereignisses in Erinnerung bleiben. Auf dem Heimweg begegnete er zwei jungen, einfach gekleideten Männern, von denen der eine ihn am Arm packte und sagte: »Geh nicht ohne Gruß an deinen Brüdern vorbei, Kleiner.«
So traf Björn seine Brüder Asmund und Tryn wieder. Asmund überragte ihn jetzt um mehrere Haupteslängen, und sein schönes Gesicht mit den wasserblauen Augen umrahmte ein gestutzter Bart. Tryn dagegen war mehr in die Breite als in die Höhe gewachsen; das grobmaschige Hemd spannte sich über seiner Brust, und unter dem rötlichen Haarfilz seiner Arme zeichneten sich gewaltige Muskeln ab. Asmund trug ein kurzes Schwert und Tryn eineAxt; daran erkannte Björn, daß sie als freie Männer in die Stadt gekommen waren.
Er nahm seine Brüder mit in das Haus des Kammachers und ließ sie von Gerlög mit gesalzenem Fisch und Bier bewirten. Asmund schien verwundert, daß Björn eine Frau hatte, die dem Alter nach seine Mutter sein konnte, sagte aber nichts.
Nun erzählten die Brüder, daß sie mit Gillis Schiff in die Stadt gekommen waren. Der Sklavenhändler war unterhalb von Bosis Hof auf eine Sandbank geraten, die mit zunehmendem Nordwestwind völlig trockenfiel. Als Gilli sah, daß Menschenkraft allein nicht ausreichte, das Schiff wieder flottzumachen, ging er mit einigen Sklaven in den Wald, um Bäume zu fällen. So gelangte er zu Bosis Hof, und da er ein redegewandter Mann war, wußte er den Bauern zu überzeugen, daß er nicht in böser Absicht kam. Bosi, der selten Fremde zu Gesicht bekam und begierig nach Neuigkeiten war, schlug dem Sklavenhändler vor, günstigeren Wind abzuwarten, statt sich der Mühsal des Holzfällens zu unterziehen. Gilli stimmte zu und verbrachte nun manchen Abend an Bosis Herdfeuer, während der Sturm durch die Baumwipfel tobte.
Nach einigen Tagen flaute der Wind zwar ab, aber nun begann es so heftig zu regnen, daß Gilli sich genötigt sah, die Gastfreundschaft des einsilbigen Bauern noch eine Weile in Anspruch zu nehmen. Bosi brachte die Sklaven in seiner Scheune unter, und Gilli schenkte ihm zum Dank dafür eine schwarzhäutige Sklavin. Der Bauer lachte, als er sie sah, und fragte den Händler, ob die Kinder, die er ihr zu machen gedenke, ebenfalls eine schwarze Haut haben würden. Das läge in der Hand der Götter, antwortete Gilli, aber falls Bosi kein Gefallen an ihrer Hautfarbe finde, werde er sie ihm gern abkaufen, denn mit schwarzen oder braunen Sklaven ließen sich weiter im Norden gute Preise erzielen. »Und wenn die Kinder, die du mit ihr haben wirst, ebenso gut geraten wie diese beiden«, fuhr der Sklavenhändler auf Asmund und Tryn deutend fort, »dann möge dir deine Manneskraft noch lange erhalten bleiben.«
»Ich hätte sie längst verkauft, wenn sie nicht meine Söhne wären«,antwortete Bosi griesgrämig. »Denn für einen Bauern ist der eine zu eitel und der andere zu ungebärdig.«
»Sie sind zu anderem bestimmt, als die Arbeit
Weitere Kostenlose Bücher