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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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hatten jede Menge Zeit bis zum RV mit dem Hubschrauber, wenn wir nur aus diesem Scheiß hier herauskamen und uns im Schutz der Dunkelheit bewegen konnten.
    Ich war angespannt, fühlte mich aber ansonsten gut. Wir hatten nach der anstrengenden Planungsphase und dem Fußmarsch, der Ortung der MSR und dem Pech mit dem Funkgerät etwas Besseres verdient. Ich hatte schon geglaubt, wir hätten es geschafft. Um vier Uhr morgen früh würden wir wieder einsatzbereit sein. Denn schließlich waren wir ein acht Mann starker Stoßtrupp, wir hatten Gewehre, Munition, wir hatten 66er. Was konnte man mehr verlangen?
    »Komm schon«, sagte Mark. »Wir machen es wie die Irakis.«
    Wir zogen unsere Tarntücher vors Gesicht. Die Sonne schien uns direkt in die Augen. Ich führte den Gänsemarsch an. Wir patrouillierten nach Vorschrift, mit genügend Zeit und unter Beobachtung des Geländes.
    Das Wadi wurde flacher und ging in eine Ebene über. Wir hielten uns in Richtung Westen und wandten uns dann unter Ausnutzung der Bodenwellen nach links, Richtung Süden.
    Ich blickte immer wieder nach Norden, denn ich wollte nicht auf die gleiche Linie mit den Luftabwehrgeschützen geraten. Bei jedem Schritt erwartete ich, eine 57er um den Kopf pfeifen zu hören. Warum kamen die nicht? Hatten sie dem Jungen nicht geglaubt? Warteten sie auf Verstärkung? Oder einfach darauf, daß sie genügend Mumm für ein Gefecht gesammelt hatten?
    Wir marschierten weitere fünf Minuten lang in Richtung Westen. Dabei hielten wir ziemlichen Abstand voneinander, um bei einem größeren Zwischenfall Risiken zu vermeiden. Das war korrekt so, aber wenn der Feindkontakt genau vor uns geschah, mußte der letzte etwa 60 Meter rennen, je nachdem, welche Aktionen dann erforderlich waren.
    Beim Abbiegen nach Süden lag links von uns eine Erhebung, die sich bis zur Versorgungsstrecke hinzog. Wir bewegten uns immer noch im toten Winkel zu den Geschützen, die weiter entfernt auf der anderen Seite der MSR lagen. Als wir in Richtung Süden weitergingen, konnten wir unser Glück kaum fassen. Nichts geschah. Doch dann hörten wir aus dem Osten, von links her, das Geräusch von Kettenfahrzeugen.
    Ein Adrenalinstoß, der Puls ging schneller. Wir blieben stehen. Nach vorn konnten wir ebensowenig weitergehen wie nach hinten. Wohin sollten wir uns wenden? Wir wußten, daß nun was passierte.
    Ich sah, wie alle sich bereitmachten. Sie wußten, was sie zu tun hatten. Die Rucksäcke wurden abgelegt und alle Taschen überprüft. Es hat wenig Sinn, in einen Angriff zu rennen und dann festzustellen, daß man keine Magazine mehr hat, weil sie herausgefallen sind. Sie überprüften die Waffen und führten alle Vorkehrungen wie in Trance aus, weil sie sie wohl Tausende von Malen geübt hatten. Bis zu einem Kontakt waren es vermutlich nur noch wenige Sekunden. Ich sah mich nach einer Bodensenke um.
    Der dunkelste Moment ist immer der vor dem eigentlichen Schußwechsel. Man sieht nichts mehr. Man kann nur noch lauschen und denken. Wie viele Fahrzeuge rücken an? Werden sie direkt auf einen zudröhnen? Wenn sie einigermaßen gescheit sind, tun sie genau das. Richten sie dann ihre MGs auf uns wie einen Abspritzschlauch? Wir konnten nirgendwohin. Wir mußten einfach stehenbleiben und kämpfen. Das Kreischen von Panzerwagen und hoch drehenden Motoren ertönte von ringsum. Wir wußten immer noch nicht, von woher sie kamen.
    »Scheißdreck, legen wir los, legen wir einfach los!«
    schrie Chris.
    Mich überwältigte dieses plötzliche Gefühl von Zusammenhalt. Wir saßen alle in der gleichen Scheiße. An Sterben dachte ich nicht, nur daran, daß wir das hier überstehen mußten.
    Manche Leute haben einen Hinterhalt allein aufgrund ihrer aggressiven Reaktion überlebt. So könnte es auch hier kommen. Ich zog die Rohre meiner 66er auseinander und sah nach, ob die Flügel sich aufgerichtet hatten. Dann legte ich sie neben mich. Ich überprüfte, ob mein Magazin straff saß, ob mein 203 er eine Granate geladen hatte. Ich wußte es eigentlich genau, aber prüfen mußte ich doch noch mal. Dadurch fühlte ich mich ein bißchen sicherer.
    Instinktiv möchte man sich so platt wie möglich hinlegen, aber man muß sich auch umsehen. Ich hockte mich halb aufrecht hin. Die anderen tauchten ebenfalls immer wieder auf in ihrem 10-Meter-Radius, um eine vorteilhaftere Stellung zu suchen und zu sehen, was auf uns zukam. Je eher man etwas sieht, um so besser. Dann verschwindet die schreckliche Angst vor dem Unbekannten.

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