Die Maetresse des Kaisers
Kamelen, einem Elefanten und mehreren Leoparden. Ob Mensch oder Tier, alle hatten Hunger und Durst, und alle hinterließen auch die Abfallprodukte ihrer Verdauung in den Straßen von Ravenna.
Und da ein Hoftag ein Ereignis darstellte, das niemand so schnell vergaß und bei dem sich außerdem lohnende Geschäfte machen ließen, trafen sich auch Händler, Kaufleute, Dirnen und Geldverleiher in der Stadt.
Alles in allem war Ravenna so überlaufen wie bestenfalls ein Kreuzfahrerhafen kurz vor dem Aufbruch ins Heilige Land, und nirgendwo in der Stadt gab es noch ein freies Quartier.
Der Tross des Kaisers war von Süden aus in die Stadt gezogen, der des deutschen Königs wurde aus Norden erwartet. Die Stadt war geschmückt mit den Fahnen des Kaisers, und überall sah man den Adler als Wappentier.
Die Wirte hatten Extraladungen Bier bestellt und doppelt so viele Weinfässer wie sonst in ihren Kellern gelagert. Für die Tiere im Wald bedeutete die Ankunft des Kaisers die Eröffnung der Jagdsaison, und auch die in den Ställen der Bauern wurden zu Ehren des hohen Besuchs geschlachtet.
Nachbarn, die seit Jahren im Streit lagen, planten, ihren Fall dem Kaiser vorzustellen, der auf jedem Hoftag auch zu Gericht saß, und Menschen, die zu Unrecht verleumdet worden waren, erhofften sich die Wiederherstellung ihrer Ehre.
Ein Hoftag war eine Mischung aus hoher Politik und niederem Vergnügen, aus Diplomatie und Jahrmarkt. Und über allem thronte als Zeremonienmeister der Kaiser.
Friedrich hatte diese Rolle seit je mit lässiger Nonchalance gespielt, und da er wusste, was von ihm erwartet wurde, koppelte er die Pflichten der Städter und Bauern an eine Reihe von Privilegien, die er ihnen im Gegenzug verlieh, nach dem Motto: Gebt meinem Hofstaat zu essen, und Wir geben euch das Recht, in den kaiserlichen Gewässern zu fischen.
Traditionell war der Höhepunkt eines Hoftags ein Fest, das nicht nur in dem Palast gefeiert wurde, den der Kaiser während seines Aufenthalts bezog. Die ganze Stadt war in Hochstimmung, und an jeder Ecke, vor allem aber auf den Marktplätzen hörte man die Melodien der Spielleute, die Verse der Dichter und die frechen Reime der Narren.
Die Huren machten das Geschäft des Jahres, und damit auch die armen Bauernburschen zu ihrem Vergnügen kamen, zahlte die kaiserliche Kanzlei die Rechnung. So taumelte eine ganze Stadt benebelt von Bier und Wein durch die Tage und Nächte und bestaunte die fremdartigen Tiere ebenso wie die verschleierten Frauen, die, so tuschelte man hinter vorgehaltener Hand, aus dem Harem des Kaisers stammten.
Ganz Ravenna roch nach Pferdemist, und die Damen des Hofes träufelten sich Rosenwasser auf seidene Tücher und hielten sie sich unter die Nase. In den Zimmern verteilten sie Säckchen mit getrocknetem Lavendel, um die Motten zu verjagen, aber auch, um mit dem Wohlgeruch dieses Krautes leichter einschlafen zu können.
Ein Hoftag konnte Wochen dauern, und bei diesem speziellen wollte sich Friedrich erst recht von keiner Zeitvorgabe leiten lassen. Wichtig war allein das Treffen mit seinem Sohn, der Rest bestand aus Routine.
Er erwartete König Heinrich noch an diesem Tag, und am Abend war ein Fest geplant, das schon seit einiger Zeit vorbereitet wurde.
Die Jäger hatten Wildschweine geschossen, Rehe und Hirsche erlegt. Hasen und Rebhühner, Fasane und Kapaune hatte man den Köchen übergeben, und im Hof balgten sich die Hunde um die Eingeweide und Köpfe der Tiere.
Die kaiserlichen Kellermeister verkosteten die Weine und entschieden sich für die aus dem Friaul, und die Imker schafften Honig herbei, denn wem der Wein zu trocken war, der süßte ihn mit dem goldfarbenen Produkt der Bienen.
Es waren Spielleute und Schauspieler verpflichtet worden, die Gäste zu unterhalten, und sie probten ihre Aufführungen im Hof. Die Dichter schrieben in aller Eile noch Verse zum Lobe des Kaisers, die sie am Abend vortragen wollten. Alle, die mit dem Fest zu tun hatten, waren in Eile und Hast, und in den Gängen der Residenz, in der der Kaiser wohnte, liefen Diener und Lakaien, Küchenmägde und Reitknechte aufgeregt hin und her.
Nur Friedrich war die Ruhe selbst. Er hatte sich in seine privaten Räume zurückgezogen und wünschte außer Karim und seinen engsten Vertrauten niemanden zu sehen. Das Spektakel, das sich heute Abend beim Bankett abspielen würde, langweilte ihn ohnehin, denn die Feste ähnelten einander, und er hatte einfach schon zu viele davon erlebt. Außerdem lag ihm nichts
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