Die Maetresse des Kaisers
Kloster selbst gegründet und stand ihm viele Jahre als Äbtissin vor. Rupertsberg ist sehr wohlhabend, dort lagern unschätzbare Kostbarkeiten.«
»Ich dachte, alle Nonnen legen auch ein Armutsgelübde ab«, wandte Bianca ein.
»Das tun sie auch, Liebe. Aber Hildegard war Benediktinerin und eine scharfe Kritikerin der Bettelorden. Überhaupt hatte sie ihre eigenen Ansichten. Sie war eine kämpferische Verfechterin gesunder Ernährung und hat dafür gesorgt, dass die Nonnen in Rupertsberg ordentlich zu essen bekommen. Und immerhin ist sie ja selbst sehr alt geworden. Ich glaube, sie war über achtzig, als sie starb.«
»Und ich glaube, Ihr verehrt Hildegard sehr.«
»Stimmt«, gab Clara von Siena zu. »Sie war eine mutige Frau, die immer für ihre Überzeugungen eingetreten ist, selbst wenn alle anderen gegen sie waren.«
»Dann seid Ihr ihr gleich«, sagte Bianca.
»O nein. Keine Frau, die ich kenne, kommt ihr gleich. Sie bildete eine Ausnahme in der großen Masse der Menschen. Aber eigentlich wollte ich nicht über Hildegard mit dir sprechen.«
»Sondern?«
»Über dich, Bianca. Und natürlich auch über Konstanze.«
Biancas ängstlicher Blick traf auf die gütigen Augen der Äbtissin.
»Keine Angst, meine Liebe, du musst das Kloster nicht verlassen.«
Bianca atmete auf.
»Ganz im Gegenteil. Ich wollte dich fragen, ob du nicht hierbleiben willst.«
»Wie meint Ihr das?«
»So, wie ich es sage. Wir alle hier würden uns freuen, wenn du und deine Tochter auf Dauer zu unserer Gemeinschaft gehören würdet.«
»Ihr meint, ich soll den Schleier nehmen?«
»Warum nicht? Ich habe die Trauer in deinen Augen gesehen, als du mit deinem Säugling zu uns gekommen bist. Und ich habe beobachtet, wie das Leid einer inneren Ruhe gewichen ist. Und seit diese beiden Schurken dir das Leben nicht mehr zur Hölle machen, ist sogar ein Stück deiner alten Lebensfreude zurückgekehrt.«
»Aber ich kann kein Gelübde ablegen. Ich habe ein Kind.«
»Du bist nicht die erste Schwester, die verheiratet war und Kinder geboren hat«, beruhigte die Äbtissin sie.
»Aber ich war nicht verheiratet«, flüsterte Bianca.
Clara von Siena ergriff Biancas Hand und drückte sie fest.
»Du hast weder Anlass zu Scham noch zu Selbstvorwürfen. Was du getan hast, geschah aus Liebe. Niemand hat das Recht, ein Urteil über dich zu sprechen.«
Bianca wischte die Tränen aus ihrem Gesicht. »Eure Worte zeugen von Eurem Großmut. Doch auch Ihr seid eine Ausnahme. Nicht jeder denkt so verständnisvoll wie Ihr.«
»Das mag sein. Aber ich stehe diesem Kloster vor. Was andere denken, ist mir egal.«
»Ich glaube nicht, dass ich eine gute Schwester wäre«, wandte Bianca ein.
»Aber hier wärst du in Sicherheit und müsstest dir nie wieder Sorgen machen, weder um Konstanze noch um dich selbst.«
Bianca zögerte.
»Du musst nichts überstürzen. Der Herr lässt seine Schäfchen nicht im Stich. Und nun kümmere dich um dein kleines Mädchen. Lorenzo macht aus ihr noch eine richtige Gärtnerin.«
Bianca verschloss sorgfältig das Buch und legt es zurück in den Schrank. Der Gedanke, nicht nur Gast im Kloster zu sein, sondern in die Gemeinschaft der Schwestern einzutreten, kam ihr fremd vor. Sie würde Keuschheit, Armut und Gehorsam geloben müssen. Keusch war sie seit der Trennung von Friedrich und würde es bleiben, denn sie konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder einen Mann zu lieben. Arm war sie ebenfalls, und sie sah auch keine Möglichkeit, dies in Zukunft zu ändern. War sie gehorsam? Eher nicht, dachte Bianca, die so daran gewöhnt war, sich auf ihren eigenen Kopf zu verlassen, dass es ihr schwerfiel, sich einer Gemeinschaft unterzuordnen.
Aber Clara von Siena hatte recht, sie musste den Gedanken reifen lassen und sich selbst mehr Zeit geben. Sie blies die Kerzen aus, und gemeinsam verließen die beiden Frauen die Schreibstube.
Draußen fiel immer noch leichter Nieselregen, und sie hoffte, dass sie Konstanze nicht durchnässt und schmutzig im Garten finden würde, doch Lorenzo schien der Meinung zu sein, dass Kinder jedes Wetter vertragen können, und sie sah die beiden tatsächlich zwischen den Beeten hocken.
»Süße, wie siehst du denn aus?«, rief sie lachend, als sie ihr kleines Mädchen mit erdbeschmierten Händen und schwarzen Wangen auf den Arm nahm.
»Bei diesem Wetter kommt das Unkraut leichter raus«, meinte Lorenzo grinsend, »und sie wollte unbedingt helfen.«
Liebevoll strich Bianca Konstanze die rötlichen
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