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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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seine Truppen in Stellung gebracht. Symbolisch gesehen natürlich, denn er würde sich nicht dazu herablassen, mit Waffen zu kämpfen. Seine Streitmacht war die Diplomatie der Kurie.
    Gregor war der festen Überzeugung, dass seine Vorgänger den damals noch jungen Kaiser unterschätzt hatten. Niemand hatte die Gefahr gesehen, die von ihm ausging. Nun lag es in seinen Händen, die Kirche aus der Umklammerung, die einzig und allein Friedrich zu verantworten hatte, wieder zu befreien.
    Der Kirchenstaat war eingeklemmt zwischen den Machtgebieten des Kaisers, was Papst Gregor absolut nicht behagte und was er künftig zu ändern gedachte. Friedrichs Sohn König Heinrich bewies in Deutschland nur wenig politisches Geschick, und die deutschen Fürsten waren überdies dafür bekannt, alles zu tun, um eine starke Hausmacht des Königs immer wieder zu schwächen. Der Papst machte sich daher berechtigte Hoffnungen, dass das Reich jenseits der Alpen nicht auf Dauer in den Händen Kaiser Friedrichs bleiben würde.
    Im Süden, im Königreich Sizilien, herrschte er selbst und erregte durch unkonventionelle Entscheidungen immer wieder aufs Neue den Zorn des Kirchenoberhaupts. Das störrische Festhalten des Kaisers an der Glaubensfreiheit der Sarazenen in Sizilien zum Beispiel erboste den Papst bis aufs Blut. Aber Friedrich hatte per Gesetz verfügt, dass den Ungläubigen bei der Stadt Lucera Siedlungsgebiete zugewiesen wurden. Er erlaubte den Sarazenen sogar, Moscheen zu bauen, und kümmerte sich nicht im Geringsten um den erbitterten Protest aus Rom.
    Aber jetzt hatte sich der Wind des Schicksals gedreht. Drei mächtige Kirchenfürsten aus der Lombardei waren von Papst Gregor unlängst zu Kardinälen ernannt worden – als hätte er es geahnt, dass Friedrichs Macht sinken und eine starke Hand der Kirche in den strategisch wichtigen Positionen südlich der Alpen von Vorteil sein würde. Ein kranker Kaiser konnte außerdem keinen Kreuzzug anführen. Im Übrigen war die Frist zum Aufbruch ins Heilige Land bereits seit ein paar Tagen verstrichen. Ende August war vereinbart gewesen, inzwischen schrieb man September.
    Der Papst war entschlossen, heute, an diesem herrlichen Abend, seine Kardinäle über das weitere Geschehen zu unterrichten. Er nippte an seinem Wein und genoss das Aroma, als ihm die Ankunft eines Templers gemeldet wurde, der Seine Heiligkeit dringend zu sprechen wünschte.
    »Nicht jetzt«, entgegnete Gregor unwillig. Er hatte nicht vor, sich den Abend verderben zu lassen.
    »Aber er sagt, seine Nachricht sei von entscheidender Bedeutung. Er sei in höchster Eile von Brindisi nach Rom gereist.«
    »Dann soll er kommen«, gab Seine Heiligkeit nach.
    Ein Templer aus Brindisi? Sollte es so schlecht um den Kaiser stehen?
    Mit schnellen Schritten eilte der Tempelritter in die privaten Räume des Papstes.
    »Ihr habt eine Nachricht. Ich höre«, empfing ihn Gregor, der es liebte, wenn die Menschen, die ihm etwas mitzuteilen hatten, ohne Umschweife auf den Punkt kamen.
    »Die kaiserliche Galeere wird morgen in See stechen. Der Kreuzzug beginnt.«
    Der Papst war einen Moment vor Überraschung sprachlos.
    »Aber unsere Quellen sagen, der Kaiser sei schwer erkrankt.«
    »Der Kaiser ist zäh. Er segelt trotz des Fiebers.«
    Gregor starrte den Templer fassungslos an. »Ist der Mann mit dem Teufel im Bunde?« Voller Zorn sprang er trotz seines hohen Alters auf. »Hier und jetzt beschieße ich: Nur noch ein falscher Schritt, nur noch eine winzige Verzögerung, und der Kaiser wird aus der Gemeinschaft der Christen und der allerheiligsten Kirche ausgeschlossen. Er soll gebannt sein, und keine Buße kann ihn zurück in den Schoß der Kirche bringen.«
    Die Kardinäle waren blass geworden.
    »Das bedeutet Krieg«, sagte einer von ihnen mit leiser Stimme.

B ianca konnte vor Aufregung nicht still sitzen. Sie hatten es tatsächlich geschafft und waren sicher an Bord eines der Seeschiffe, die zur Flotte des Kaisers gehörten. Es waren Ritter und auch andere Pilger an Bord, Seeleute, Pferde und eine armselige Ladung Vorräte. Das Schiff hatte den Namen Clara, was Bianca für ein gutes Zeichen und einen unbeabsichtigten Verweis auf die Äbtissin Clara von Siena im Kloster der Ehrwürdigen Schwestern von Bari hielt. An Bord befand sich keine einzige Frau, und Bianca hatte daher auf ihre bewährte Tarnung zurückgegriffen. Sie und Lorenzo trugen wieder grob gewebte Pilgergewänder, allerdings nicht ihre alten zerlumpten, sondern saubere neue

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