Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)
Mütter eine Ratsversammlung ohne diesen Tee überstehen!«
Yan grinste und nahm einen Schluck von dem Gebräu. Er fand den Geschmack gar nicht schlecht. »Ihr habt viele verborgene Talente, Dame Corenn«, sagte er, ohne nachzudenken.
»Wie soll ich das jetzt verstehen?«, fragte sie in gespieltem Zorn.
»Nein, nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich …«
»Ich weiß, ich habe doch nur einen Scherz gemacht. Außerdem würden dir einige meiner Freunde zustimmen«, sagte sie hintergründig.
Yan wusste nicht so recht, was er von ihren Worten halten sollte, und wechselte das Thema. »Was ist eigentlich mit dem Rat, jetzt, wo Ihr fort seid?«
»Da ich nicht offiziell zurückgetreten bin, ersetzt meine Vertreterin mich bis zu meiner Rückkehr. Sollte ich länger fortbleiben, wird die Älteste meinen Posten an eine andere Mutter vergeben, sobald sie es für geboten hält. So, als sei ich tot …«
»Und wie findet Ihr das?«
»Ich bedauere es natürlich. Aber was soll ich tun? Solange die Züu hinter uns her sind, können wir widersinnigerweise nur überleben, indem wir uns tot stellen. In Kaul weiß allein die Mutter der Justiz Bescheid, und das ist schon eine Mitwisserin zu viel. Sollten unsere Feinde davon erfahren, wäre auch sie in Gefahr, und falls die Züu vor ihrem Tod Einzelheiten aus ihr herauspressen, wäre das unser Ende.«
Yan nickte. Wäre ihm bislang noch nicht klar gewesen, wie ernst die Lage war, hätte Corenn ihm damit auf die Sprünge geholfen. »Warum erklärt Grigán uns so etwas nicht? Dann wüsste Léti, was los ist, und vielleicht würden die beiden sich dann besser verstehen.«
»Glaubst du, es wäre gut für Léti, jede Einzelheit zu kennen?«
Vermutlich nicht. Der Tod ihrer Freunde und der Mordversuch, dem sie nur knapp entronnen war, hatten sie schon genug erschüttert. »Und warum erzählt Ihr mir dann davon?«
»Weil ich deine Klugheit schätze. Außerdem brauchst du dieses Wissen, falls Grigán seinen Plan in die Tat umsetzt.«
Yan wollte weiterfragen, doch sie wurden von Grigáns und Létis Rückkehr unterbrochen. Beide machten mürrische Gesichter, vor allem Grigán. Sie würdigten sich keines Blickes. Der Tag fing gut an.
»Was ist los?«, fragte Yan seine Freundin.
»Der Griesgram ist schuld. Er wollte einen Stehschläfer töten«, fauchte sie. »Ich habe ihn daran gehindert, und da hat er einen Wutanfall bekommen.«
Yan verstand. Einige Jahre lang hatte Léti einen zahmen Stehschläfer als Haustier gehalten, und niemand durfte in ihrer Gegenwart ungestraft Jagd auf die Tiere machen. »Wie hast du das angestellt?«
»Ich habe geschrien, so laut ich konnte. Der Stehschläfer ist aufgewacht und weggerannt. Hast du mich nicht gehört?«
»Nein. Vielleicht war ich noch im Haus.«
Yan versuchte sich Grigáns Gesicht vorzustellen, als Léti ihm ins Ohr kreischte. Er war bestimmt alles andere als begeistert gewesen, wo er doch so sehr darauf bedacht war, dass niemand sie entdeckte.
Vor sich hin schimpfend suchte Grigán alle Waffen zusammen, die er besaß, und verschwand zwischen den Bäumen. Im Vorbeigehen knurrte er Corenn »dummes Gör« und »muss die Umgebung auskundschaften« zu.
Yan hätte um nichts in der Welt in Létis Haut stecken wollen.
Offenbar würden sie heute erst spät aufbrechen. Als sich Yan etwas Wasser ins Gesicht gespritzt, sein Bündel geschnürt, sich um die Pferde gekümmert und andere Arbeiten erledigt hatte, war Grigán immer noch nicht zurück. Yan beschloss, ein paar Schießübungen zu machen, griff sich Bogen und Köcher und ging in den Wald.
Léti folgte ihm, und sie wechselten sich mit dem Bogen ab. Das Mädchen traf wesentlich häufiger das Ziel, hatte aber nach wie vor Schwierigkeiten, die Sehne zu spannen.
Sie hatten viel Spaß miteinander, und Yan freute sich, endlich einmal mit seiner Geliebten allein zu sein. Für eine Weile vergaß er sogar die Angst davor, von Grigán erwischt zu werden.
Als Léti keine Kraft mehr hatte, gingen sie zurück zu Corenn, die auf einer Decke saß, den Rücken an einen Baum gelehnt, und in ein kleines Büchlein schrieb. Yan brannten tausend Fragen auf den Nägeln, doch er wollte sie nicht stören, sondern begnügte sich damit, ihr ab und zu einen verstohlenen Blick zuzuwerfen.
Endlich kehrte Grigán zurück. Seine Wut schien verraucht, und er hatte Wild geschossen. Glücklicherweise war kein Stehschläfer dabei. Zufall oder Absicht? Niemand fragte, denn sie wollten es gar nicht so genau
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