Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
wäre. Die Erben sahen ihm mit großen Augen nach.
Zarbone wohnte zwar auf einer einsamen Insel, doch beim Anblick seines Hauses wäre jeder lorelische Händler vor Neid erblasst. Es stammte noch vom vorigen Gouverneur, aber Zarbone hatte es nach seinen Wünschen umgebaut und hielt es nur noch instand. Für Haus und Insel zahlte er dem König der Guori die doppelte Pacht.
Es gab zwei Stockwerke: Das Erdgeschoss diente nur als Unterbau, die Zimmer befanden sich im ersten Stock.
Das Haus war nicht aus Holz und Schilfrohr gebaut, wie man hätte vermuten können, sondern aus Stein und Marmor, Materialien, die es nur auf dem Festland gab. Der Bau musste mehrere Jahre gedauert und mehr Gold gekostet haben, als die Gefährten je zu Gesicht bekommen würden.
»Junge Katzen!«, rief Léti, als sie auf die Tür zugingen.
»Zwergkatzen«, verbesserte Zarbone und trat beiseite, um die Gefährten einzulassen. »Eigentlich müssten sie viel verspielter sein, aber das Einzige, was sie tun, ist schlafen, immer nur schlafen. Wenigstens stellen sie sich keine Fragen nach dem Sinn des Lebens.«
Léti streichelte eins der Kätzchen, und es streckte sich genüsslich. Nun fielen ihr auch die Unterschiede zu gewöhnlichen Katzen auf. Das Tier ähnelte eher einem kleinen Tiger. Jedenfalls schien es Gefallen an den Streicheleinheiten zu finden, denn es folgte Léti ins Haus.
»Wenn Ihr wollt, schenke ich Euch eine«, sagte der Gouverneur. »Es gibt inzwischen so viele davon auf der Insel, dass sie anfangen, Revierkämpfe auszutragen. In Eurer Gesellschaft würde sie bestimmt glücklich sein.«
Sie dankte Zarbone, erbat sich aber etwas Bedenkzeit. Wie sollte sie sich in ihrer Lage um ein Tier kümmern?
Ihr Gastgeber führte sie auf eine Terrasse im ersten Stock und bot ihnen etwas zu trinken an. Dann kam Grigán auf den Grund ihres Besuchs zu sprechen, nämlich ihre Flucht vor den Züu. Zarbone lauschte aufmerksam, stellte ein paar Fragen und hob überrascht die Augenbrauen, als er hörte, wie gnadenlos die Mörder im roten Gewand vorgingen.
»Er ist auch Magier«, flüsterte Corenn Yan zu. »Er hat diese Eigenart.«
»Was meint Ihr?«
»Sieh mal, wie er die Gegenstände mustert, während er spricht. Dann weißt du es.«
Nach einer Weile dachte Yan, dass Zarbone tatsächlich ein Magier sein konnte. Jetzt, da er darauf achtete, entdeckte er die gleichen Anzeichen bei Corenn. Er fragte sich, ob man auch ihm seine Gabe ansah.
Der alte Mann begriff sofort, dass Grigán ihm einen wichtigen Teil der Geschichte verschwieg. Tatsächlich ließ der Krieger alles aus, was mit der Insel Ji zu tun hatte. Eine v erschwiegene Wahrheit ist eine Lüge aus Höflichkeit, lautete ein Sprichwort.
»Ihr steckt in großen Schwierigkeiten«, sagte Zarbone. Was würde er erst sagen, wenn er von dem Mog’lur wüsste?, dachte Rey.
»Sämtliche Züu der Oberen Königreiche sind Euch also auf den Fersen. Ein geheimnisvoller Feind, dessen Absichten Ihr nicht kennt, hat sie Euch auf den Hals gehetzt. Ihr steckt wahrlich in sehr großen Schwierigkeiten.«
»Ganz zu schweigen davon, dass wir uns mit Grigáns schlechter Laune herumschlagen müssen«, warf Rey ein.
»Müsst Ihr immer den Clown spielen?«, herrschte ihn der Krieger an.
»Seht Ihr!«, sagte Rey zufrieden.
Zarbone lachte nicht. Bei der Ankunft der Erben war er in fröhlicher Stimmung gewesen, doch nun war sein Gesicht ernst und nachdenklich. »Natürlich könnt Ihr Euch hier verstecken. Aber die Züu haben eine Insel weniger als zwölf Meilen von hier gepachtet, und irgendwann werden die Guori oder die Söldner ihnen von Eurer Anwesenheit erzählen.«
»Wir können ohnehin nicht hierbleiben«, sagte Corenn.
Schließlich hatte der Dämon sie auch im Eroberten Schloss aufgespürt. Die Gefährten konnten sich nirgends verstecken. Sie durften Zarbones Leben nicht in Gefahr bringen, so wie sie es mit Séhanes getan hatten.
»Wie kann ich Euch dann helfen? Grigán, brauchst du Geld?«, fragte er, einer plötzlichen Eingebung folgend.
»Du hast mir in den letzten Jahren schon viel zu viel Geld geben. Mach dir keine Sorgen, wir haben mehr als genug davon.«
»Wir wollen Usul aufsuchen«, sagte Lana freimütig.
Verblüfft wartete Zarbone darauf, dass einer der Gefährten der Priesterin widersprach. »Das halte ich für keine gute Idee«, sagte er schließlich. »Ehe Ihr das tut, kämpft lieber gegen die Züu.«
»Es ist der einzige Weg«, sagte Lana. »Wir brauchen Antworten.
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