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Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel

Titel: Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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täuschen ließ und weiterreiten würde, ohne anzuhalten.
    Doch dieses Glück war ihm nicht beschieden. Das Pferd galoppierte langsamer und fiel dann in Trab. Bald war offensichtlich, dass der Reiter ihn ansprechen würde. Also wandte sich Rey beherzt um und sah dem Mann entgegen, wie es ein Wanderer mit reinem Gewissen tun würde.
    Der Wallatte näherte sich vorsichtig, da ihn der seltsame Aufzug des Schauspielers zu wundern schien. Wie alle seine Landsleute war er kräftig gebaut und hatte struppige Haare. Seine Züge wirkten brutal und grob. »Rau’ch’en il mer ol’re wfer?«, fragte er in verächtlichem Ton.
    Das Gleiche könnte ich dich auch fragen, dachte Rey. Dabei hatte er keine Ahnung, was der Mann von ihm wollte. Das Wallattische ähnelte keiner der Sprachen, die in den Oberen Königreichen verbreitet waren. Notgedrungen setzte er alles auf eine Karte, nickte nachdrücklich und lächelte.
    Der Reiter musterte ihn mit undurchdringlicher Miene, ohne ein Wort zu sagen. Der Augenblick der Ungewissheit kam Rey unendlich lang vor.
    »Rau’ch’en il mer ol’re wfer?«, wiederholte der Mann laut und beugte sich dabei aus dem Sattel, als spräche er zu einem Tauben.
    Rey lächelte unverdrossen weiter, bedeutete ihm mit einer Handbewegung, er solle sich noch gedulden, und griff nach seinem Bündel, das er auf dem Rücken trug. Dann packte er blitzschnell die Armbrust, die daran befestigt war, und feuerte. Der Bolzen bohrte sich in den Schädel des Barbaren, noch bevor er einen Laut von sich geben konnte. Der leblose Körper kippte vornüber und plumpste zu Boden.
    »Schlechtes Benehmen ist mir zuwider«, murmelte Rey gespielt gelassen, obwohl sein Herz lauter schlug als die Trommeln am Tag der Erde.
    Er zerrte die Leiche in den Wald und durchsuchte sie. Außer einigen kleinen Münzen, die ihm für die eine oder andere Bestechung nützlich sein könnten, fand er nichts Brauchbares. Die Begegnung hatte ihm noch einmal bewusst gemacht, dass die fremden Sprachen des Ostens sein größtes Problem waren. Wie sollte er sich einen Verbündeten suchen, wenn er sich nicht mit ihm verständigen konnte?
    Aber der Wallatte hatte ihn unfreiwillig auf eine Idee gebracht. Rey schnitt ein Stück Tuch zurecht und tränkte es dann an zwei Stellen mit dem Blut seines Feindes. Angewidert wickelte er sich den Schal um den Kopf und band ihn so unter dem Kinn fest, dass er die Ohren bedeckte. Mit diesem Verband konnte er sich taub stellen und völlig unbehelligt an seinen Feinden vorbeispazieren. Die Rolle des Tauben würde ihm keinerlei Schwierigkeiten bereiten, da war er sicher.
    Um zu verhindern, dass er mehr Aufmerksamkeit erregte als nötig, trennte er sich von seinen letzten auffälligen Besitztümern: seinem Rapier, der Armbrust und den lorelischen Stiefeln. Außer seinem Dolch und dem Inhalt seines Bündels besaß Rey nur noch das, was er seinen wallattischen Opfern abgenommen hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich heimatlos. Für jemanden wie ihn, der schon immer ein unstetes Künstlerleben geführt hatte, war diese Empfindung mehr als ungewohnt.
    Als er wieder auf den Weg trat, stellte er fest, dass das herrenlose Pferd schon eine gute Meile in Richtung Wallos zurückgetrabt war. Rey tröstete sich mit dem Gedanken, nicht mehr entscheiden zu müssen, was er mit dem Tier anfangen sollte. Er überprüfte, ob sein Verband fest saß, seufzte schwer und marschierte mit bloßen Füßen auf die Berge zu.
    Tags darauf erreichte er das feindliche Lager.
     
     
     
    Die schwarzen Wölfe hatten Yan und Grigán in Félels Keller eingeschlossen, was der Krieger widerspruchslos geschehen ließ. Dort waren sie die ganze Nacht und den nächsten Tag geblieben, ohne ihre Kerkermeister zu Gesicht zu bekommen. Die Männer hatten sich damit begnügt, ihnen die Waffen abzunehmen und die Tür zu verriegeln. Fragen hatten sie nicht gestellt, selbst ihre Namen schienen sie nicht zu interessieren. Yan, der von Natur aus neugierig war, konnte das kaum begreifen.
    Dekant um Dekant war verstrichen, und in den Unteren Königreichen war längst wieder Nacht eingekehrt, als sich die Kerkertür endlich öffnete. Der junge Mann beobachtete angespannt, was Grigán tun würde. Doch nichts geschah. Der Krieger ließ sich gehorsam von den drei Ramgrith abführen, während Yan hinterherlief und versuchte, die kleine Miff zu beruhigen, die ihm ins Ohr kreischte.
    Die drei Männer sahen sich so ähnlich, dass man sie für Brüder halten konnte.

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