Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk

Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk

Titel: Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
anders, als es Schatten zustand, bewegten sich unabhängig vom Licht und lösten sich von festen Gegenständen, wie es eigentlich nicht möglich sein sollte. Sie zogen über den Pass, unförmige schwarze Flecken, die Grianne und Weka Dart hinterher schlichen wie Raubtiere. Wenn es zu Berührungen kam, fühlte sich ihre Schwärze auf der Haut wie eiskalte Finger an.
    Instinktiv wusste sie, was vor sich ging. Ihr wurde dringend geraten, umzukehren. Sie spürte die Warnung in der Berührung der Schatten und hörte sie aus dem klagenden Laut heraus. Trotzdem achtete sie nicht darauf und ließ sich nicht aufhalten.
    Bei Einbruch der Nacht erreichten sie eine Lücke zwischen den Felsen, die sich durch einen dicken Vorhang aus Finsternis und Dunst zu einem Loch im Himmel öffnete. Grianne Ohmsford betrachtete es erstaunt und erkannte dann, dass der Himmel pechschwarz war und dass es weder Mond noch Sterne gab. Es war das reine Nichts. Sie trat vor und konnte nicht glauben, was sie sah.
    Jenseits der Lücke in den Felsen, wo sich Nebel und Dunkelheit teilten, stand sie plötzlich auf einer Erhebung, von der sie hinunter ins Tal von Shale schauen konnte.
    Es war so, wie sie sich daran erinnerte, und doch wiederum auch nicht. Die scharfen schwarzen Steine waren die gleichen, sie waren weit verstreut über die leeren Hänge wie Scherben aus poliertem Glas. Dazu schloss eine Wand aus Dunst das Tal ein, eine Mauer, die so tief und hoch war, dass man außer dem schwarzen Loch des Himmels oben nichts sehen konnte. Die Berge waren verschwunden. Die ganze Welt war verschwunden. Geblieben war nur das Hadeshorn am Boden des Tales. Das Wasser schimmerte trüb in der tiefen Dunkelheit. Die flache, spiegelglatte Oberfläche sonderte ein schwach grünliches Licht ab, das von den Steinen reflektiert wurde. Vom Wasser stieg Nebel wie Dampf auf, aber es war gar nicht warm. Selbst von ihrem Standpunkt hier oben spürte Grianne die Todeskälte. Nichts Lebendiges hatte seit langer Zeit die Grenze zur Unterwelt überschritten.
    Weka Dart huschte hinter ihr herum und sah sich um. »Dieser Ort ist böse. Warum sind wir hier?«
    »Weil ich im Wasser des Sees Antworten auf meine Fragen finden werde«, erwiderte sie.
    »Nun, dann stell deine Fragen rasch und lass uns wieder verschwinden!«
    Das Klagen begann von neuem, tief und eindringlich erhob es sich aus den Steinen und aus der Luft. Die Schatten erschienen wieder und nahmen diesmal Gestalt an, manche waren vertraut, andere nicht. Sie wirbelten im Kreis wie Gespenster, die zum Spuken gekommen sind. Es gab keine Stimmen, keine Gesichter, keine menschliche Präsenz, und dennoch schienen die Schatten und das Klagen Leben zu verkörpern, das der Substanz und Seele beraubt im Äther gefangen war. Die Geräusche und die Schatten stimmten sich aufeinander ab, wurden schneller und langsamer, stiegen an und fielen. Es war eine Symbiose, die eine schreckliche Verbundenheit spiegelte.
    »Straken, tu, was du tun musst, aber beeil dich!«, drängte Weka Dart, und diesmal schwang Furcht in seiner Stimme mit.
    Sie nickte, ohne ihn anzusehen. Einen Grund zu warten gab es nicht, dadurch würde sie nichts gewinnen. Sie wusste nicht, was sie erwartete, wenn sie die Geister der Toten rief. Vielleicht war es anders als in den Vier Ländern. Möglicherweise sogar tödlich.
    Dennoch war es vermutlich ihre einzige Hoffnung.
    Entschlossen machte sie sich an den Abstieg.

Einundzwanzig
    Die Gegenwart der Toten spürte sie sofort. Sie hatten die Formen der Schatten angenommen, die um sie herumflogen, und auch ihre klagenden Stimmen. Sie waren ein Teil der Luft, die sie atmete. Während sie den Hang hinunterstieg, bemerkte sie die Toten überall, wie sie sich an sie herandrängten und etwas von der körperlichen Existenz zurückerobern wollten, die sie bei ihrem Übergang in die Unterwelt verloren hatten. Wie sie wusste, fühlten Schatten diesen Mangel. Sogar als Tote erinnerten sie sich an die Substanz des Lebens. In ihrer eigenen Welt wäre dieses Phänomen nicht aufgetaucht, denn dort waren die Schatten auf die Tiefen des Hadeshorns beschränkt, und die Welt der Lebenden war ihnen verboten. In der Verfemung schien man den Toten mehr Freiheit gewährt zu haben, denn obwohl Grianne sie noch gar nicht aus ihrem Reich gerufen hatte, waren sie bereits im Tal unterwegs.
    Sie bemerkte eine weitere Abweichung. Die Schatten, die sie aufsuchten, waren ihr nicht freundlich gesinnt. Bestenfalls betrachteten sie alle Lebewesen mit

Weitere Kostenlose Bücher