Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
Schultern. Am liebsten hätte sie ihn umgebracht. Er war der Einzige, der so mit ihr zu reden wagte, und er tat es nur aus dem einen Grunde, um ihr zu demonstrieren: Bis hierhin und nicht weiter. Natürlich wollte er es genauso wie alle anderen, aber er war zu vorsichtig. Das lag an seiner Herkunft: Er stammte von Regierungsbeamten ab; in jener Welt ging es einem umso besser, je weniger Risiken man auf sich nahm.
»Bitte, erspar uns diese Plattitüden, nur weil du deinen Widerwillen rechtfertigen willst, das Notwendige zu tun!«, fauchte sie ihn an. »Das kannst du doch besser, Traunt. Und gerissener. Natürlich können wir um diese Sache herumlaufen wie um den heißen Brei, ändern wird sich dadurch jedoch nichts. Solange wir es nicht tun, wird niemand etwas tun.«
»Solche Komplotte riecht sie förmlich«, wandte Pyson Wence ein und gestikulierte wild mit den kleinen Händen. »Ein falscher Schritt, und du findest dich ganz unfreiwillig hier unten wieder!«
Sie befanden sich tief unter der Erde in den Kellern von Paranor, in einem jener Räume, die überwiegend zur Aufbewahrung benutzt wurden. Es roch nach Staub, die Luft war kalt und abgestanden. Steinerne Mauern umgaben sie nach allen Seiten, selten nur kam jemand her, um etwas zu holen. In Paranor war es der einzige Ort, an dem man eine gewisse Abgeschiedenheit genießen durfte.
Seit einem Jahr trafen sie sich hier, nur die fünf. Shadea a'Ru hatte die anderen vier sorgfältig ausgewählt und anschließend von ihrer Sache überzeugt. Sie war an jeden einzeln herangetreten, doch nicht, ehe sie erkundet hatte, wem derjenige die Treue hielt. Allen war die Abneigung gegen die Ard Rhys gemeinsam. Ein Mitglied der Gruppe hasste sie unverhohlen. Alle wünschten sie fort, wenn auch aus vollkommen unterschiedlichen Gründen. In gewisser Weise ergänzten sie einander, da jeder eine Eigenschaft mitbrachte, die den anderen fehlte. Der Grenzbewohner, Traunt Rowan, war stark im Herzen und im Leib, und darin übertraf er sogar Shadea - er war ein Krieger, der zu richten bemüht war, was ihm falsch erschien. Die Elfenzauberin Iridia Eleri hatte ein kaltes Herz und ein heißes Temperament, sie besaß eine rasche Auffassungsgabe und eine gute Intuition. Mit ihrer Fähigkeit, ihre Gefühle zu beherrschen, maskierte sie die dunkle Wahrheit, die sie antrieb. Den Zwerg, Terek Molt, unerschütterlich und wortkarg wie alle Angehörigen seiner Rasse, gelüstete es nach Macht, und deshalb drängte es ihn danach, sich über die Regeln und Beschränkungen der Ard Rhys hinwegzusetzen, um zu erlangen, wonach er sich so verzweifelt sehnte. Pyson Wence, der so zerbrechlich und hilflos wirkte, war eine Schlange im Körper eines Büßers, eine seltene Kombination aus heimtückischem Instinkt und entschlossener Zielstrebigkeit. Er war alles andere als ein abergläubischer Heide, sondern wirkte seine Magie kalt und berechnend.
Hatte die Ard Rhys irgendetwas von ihren wahren Neigungen geahnt, als sie von ihr in den Orden aufgenommen worden waren? Shadea a'Ru war sich dessen nicht sicher. Möglich war es, wenn auch nur, weil Grianne Ohmsford selbst so lange Zeit ein Wesen der dunklen Seite gewesen war - die Ilse-Hexe, das Werkzeug des Morgawrs. Sie hatte ihre Erlösung erlangt, glaubte sie und meinte, anderen könne das ebenfalls gelingen. In beiderlei Hinsicht irrte sie sich, aber das war der Vorteil der in diesem Raum Versammelten, die eben nur auf eine Chance des Schicksals warteten, um sich von ihr zu befreien.
Vielleicht bot sich diese Chance hier, falls ihre ungeduldige Wortführerin die notwendige Unterstützung gewinnen konnte.
»Du willst sie loswerden, oder?«, fragte sie Pyson Wence scharf. »Tot oder lebendig, auf jeden Fall loswerden.« Sie blickte die anderen an. »Wie steht es mit euch? Habt ihr eure Meinung über sie geändert? Habt ihr euch entschieden, sie doch lieber als Ard Rhys zu behalten? Kommt schon! Raus mit der Sprache!«
»Niemand in diesem Raum und nur wenige außerhalb davon wollen Grianne Ohmsford als Ard Rhys, Shadea.« Traunt Rowan wirkte gelangweilt. »Das haben wir längst alles beredet. Was uns zurückhält, ist die Möglichkeit des Scheiterns, und die ist in der Tat durchaus wahrscheinlich, denke ich. Scheitern wir, bekommen wir keine zweite Chance. Bevor du uns also unser Zögern vorwirfst, solltest du dir die Tatsachen ein bisschen genauer vor Augen führen. Denn wenn wir gegen sie losschlagen, sollten wir uns unseres Erfolges auch sicher sein.«
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