Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
nächste Tag. Viel länger konnte er nicht mehr warten; er durfte nicht das Risiko eingehen, dass sein Anliegen abgelehnt wurde, ohne die Möglichkeit zu haben, es nachdrücklich zu vertreten.
Ehe er jedoch handeln konnte, trat Gar Hatch im Dämmerlicht an ihn heran. »Ich würde mich gern einen Augenblick mit dir unterhalten, junger Penderrin. Allein.«
Er führte den Jungen zur Pilotenkanzel und trennte ihn auf diese Weise von den anderen. Pen zwang sich, ruhig zu bleiben und nicht zu seinen Gefährten hinüberzusehen. Auch widerstand er dem Drang abzuschätzen, wie weit sie entfernt waren, falls er Hilfe brauchte. Er wusste, was nun kommen würde. Zwar hatte er nicht damit gerechnet, dass Cinnaminson ihrem Vater die Sache so bald erzählen würde, doch gab es für sie auch keinen Grund zu warten. Dennoch wünschte er sich, sie hätte es ihm wenigstens mitgeteilt.
Nun stand Gar Hatch vor ihm im schwachen Licht, in dem Pen kaum sein Gesicht erkennen konnte, und schüttelte den Kopf.
»Mein Mädchen hat mir gesagt, sie werde von Bord gehen«, erklärte er leise. »Zusammen mit dir. Ist das richtig?«
Pen hatte sich nicht überlegt, was er sagen würde, wenn dieser Moment gekommen wäre, und jetzt fehlten ihm die Worte. Er bemühte sich, dem harten Blick seines Gegenübers nicht auszuweichen. »Ja.«
»Sie behauptet, du liebst sie. Stimmt das?«
»Ja. Ich liebe sie.«
Der große Mann betrachtete ihn schweigend, als überlege er, ob er ihn über Bord werfen solle. »Bist du dir auch ganz sicher, Penderrin? Du bist sehr jung und kennst mein Mädchen nicht sehr gut. Vielleicht wäre es besser abzuwarten.«
Pen holte tief Luft. »Ich glaube, wir kennen uns ausreichend. Sicherlich sind wir jung, aber keine Kinder mehr. Wir sind groß genug.«
Wieder folgte Schweigen. Der große Mann sah ihn eindringlich an, und Pen spürte den Blick schwer auf sich liegen. Er wollte etwas hinzufügen, doch fiel ihm nichts ein, das der Situation die Spannung nehmen würde. Daher erwiderte er nichts.
»Nun«, sagte der Kapitän schließlich, »offensichtlich habt ihr beide eure Entscheidung getroffen. Ich denke, davon kann ich euch nicht abbringen, ohne dass es zum Streit kommt, und das will ich nicht. Dennoch halte ich es für einen Fehler, Penderrin, allerdings werde ich mich euch nicht in den Weg stellen, wenn ihr beschlossen habt, es zu versuchen. Du scheinst mir ein guter Kerl zu sein. Ich weiß, Cinnaminson ist des Lebens auf dem
Rochen
überdrüssig. Sie möchte für sich selbst mehr erreichen und ein anderes Leben führen. Darauf hat sie ein Recht. Glaubst du, du kannst so gut auf sie aufpassen wie ich?«
Pen nickte. »Ich werde mein Bestes geben. Wir werden aufeinander aufpassen.«
Hatch knurrte. »Leichter gesagt als getan, Bursche. Wenn du sie je enttäuschst, werde ich mir dich vorknöpfen. Das dürfte dir ja wohl klar sein, oder?«
»Ich werde sie nicht enttäuschen.«
»Mir ist es gleichgültig, wer deine Familie ist und über was für eine Magie sie verfügt, die sie gegen arme Männer wie mich einsetzen kann«, fuhr er fort und ignorierte Pens Worte. »Wenn du ihr wehtust, werde ich nach dir suchen und dich bestimmt finden.«
Pen nahm die Drohung nicht sehr ernst, denn auf diese Weise, so dachte er, machte der Fahrende seiner Enttäuschung Luft. Außerdem, so glaubte er, würde der große Mann niemals Grund bekommen, sie in die Tat umzusetzen.
»Ich verstehe«, erwiderte er.
»Das ist auch besser für dich. Ich sage nicht, ich sei glücklich über diese Sache. Bin ich nämlich nicht. Auch sage ich nicht, ich würde glauben, das alles würde sich für euch zu einem guten Ende entwickeln. Das glaube ich nämlich nicht. Ich gebe dir eine Chance, Penderrin, und ich nehme dich beim Wort. Dabei hoffe ich nur, niemals einen Grund zu haben, das zu bedauern.«
»Bestimmt nicht.«
»Dann geh.« Der große Mann wies auf Ähren und Khyber, die backbords an der Reling standen und sich unterhielten. »Geh zu deinen Freunden. Morgen werden wir den ganzen Tag unterwegs sein, und ich möchte, dass du ausgeruht bist.«
Pen stieg verwirrt aus der Pilotenkanzel. Solches Entgegenkommen hatte er von Gar Hatch nicht erwartet, und das beunruhigte ihn. Der große Mann hatte nur milde protestiert und nicht versucht, Pen sein Vorhaben auszureden, war nicht einmal zu Ähren Elessedil gegangen, um ihm sein Missfallen kundzutun. Vielleicht hatte Cinnaminson ihn überredet, es zu unterlassen, nur hielt Pen das nicht für sehr
Weitere Kostenlose Bücher