Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
schnappen würde, nachdem das Schiff ihn zermalmt hätte. Er würde zwar noch leben, aber sich wünschen, tot zu sein.
Das Luftschiff war nahe, sehr nahe, er spürte schon das Holz an seinem gekrümmten Rücken, und so warf er sich zur Seite in einen tiefen Graben, und dann fiel er und fiel …
Mit einem Ruck erwachte er und setzte sich so rasch auf, dass er sich den Kopf an der Decke stieß. Schmerz raste durch seinen Körper, Tränen strömten ihm in die Augen. Er hielt sich den Kopf einen Moment lang und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen und den Albtraum zu vertreiben. Doch der verweilte, mächtiger als zuvor, lastete mit schwerem Gewicht auf ihm, als würde er sich tatsächlich in Wirklichkeit ereignen.
Aufgrund dieser unverständlichen und dennoch nicht abzuschüttelnden Furcht kroch er aus seinem Schlafabteil auf das Deck des Kats und sog die Nachtluft in die Lungen, um wach zu werden. Es war noch immer dunkel, aber die Wolken hatten sich aufgelöst, und am Himmel prangten Sterne und Mond. Er setzte sich mit dem Rücken an die Wand der Pilotenkanzel, schaute in die Dunkelheit, lauschte der Stille und wollte den Traum endlich loswerden.
Dann stand er auf, blickte nach vorn über die Wand und sah die
Galaphile,
die geradewegs auf ihn zuflog. Sein Herz setzte einen Schlag aus, sein Atem stockte, und sein Hals schnürte sich zusammen. Er konnte nicht glauben, was er da sah, obwohl es sich genau vor ihm befand und nicht zu verwechseln war. Tagwen schlief, so erkannte er mit einem Seitenblick, in der Kanzel und bemerkte die Gefahr nicht. Pen wollte nach ihm greifen und ihn wecken, doch konnte er sich nicht bewegen. Er stand einfach da und starrte hilflos auf den riesigen Rumpf des Luftschiffs, der größer und größer wurde und auf ihn zukam wie das Luftschiff in seinem Traum. Dann änderte es plötzlich den Kurs.
Es gab keinen Grund dafür. Falls jemand an Deck war und nach ihnen suchte, hätte er sie bemerkt. Das Mondlicht war hell. Trotzdem schwang die
Galaphile
scharf nach Backbord und flog in Richtung Regenbogensee zurück. Das geschah so unerwartet, dass Pen der Mund offen stand.
»Tagwen!«, zischte er und rüttelte seinen Begleiter an der Schulter.
Der Zwerg war sofort wach, schob sich in eine sitzende Position hoch und versuchte zu begreifen, was vor sich ging. Pen half ihm auf und zeigte auf das Luftschiff. Tagwen starrte es verwirrt und voller Schreck an.
»Es war genau vor uns«, erklärte Pen weiterhin im Flüsterton. »Ich habe von der
Galaphile
geträumt, kam an Deck, und da war sie! Genau da! Sie hatten uns, Tagwen. Sie konnten uns gar nicht verpassen, bei diesem hellen Mondlicht. Und dennoch. Auf einmal haben sie die Richtung geändert.«
Er kniete neben dem Zwerg, fühlte sich kurzatmig und schwindelig. »Was ist passiert? Warum haben sie uns nicht gesehen?«
»Vielleicht haben sie in euch nicht das erkannt, was ihr seid«, antwortete eine Stimme hinter ihnen. Zum zweiten Mal innerhalb von Minuten setzte Pens Herz einen Schlag aus bei dieser unerwarteten Erklärung, und er wäre beinahe über Tagwen gestolpert, der nicht weniger erschrak. Zwerg und Junge drehten sich nach dem Sprecher um.
Vor ihnen stand ein Mann und schaute sie an, ein alter Mann, so gebeugt und knorrig, dass sie sich fragten, wie er hatte an Bord klettern können. Er stützte sich auf einen polierten schwarzen Stab, der im Mondlicht wie tiefes Wasser glänzte, und seine weiße Robe leuchtete wie der Mond selbst. Das lange Haar und der schwere Bart fielen ihm über Brust und Schultern, und seine Augen wirkten seltsam kindlich, als sei der alte Mann niemals richtig erwachsen geworden.
Pen erholte sich von dem Schreck und sagte: »Warum sollten sie uns nicht erkennen?«
»Manchmal sehen die Dinge nicht so aus, wie wir sie erwarten«, erklärte der alte Mann. »Besonders des Nachts, wenn Schatten die Welt überziehen und die Wahrheit verhüllen.«
»Wir sind hier draußen in offenem Gelände«, beharrte Pen. Er erhob sich wieder und entschied, er brauche keine Angst zu haben. Während er in die seltsamen Augen des Greises blickte, fühlte er sich von etwas angezogen, das sich darin spiegelte und ihn an sich selbst erinnerte, obwohl er nicht wusste, was. »Hast du etwas gemacht, damit sie uns nicht sehen?«
Der alte Mann lächelte. »Penderrin Ohmsford. Vor vielen Jahren habe ich deinen Vater kennen gelernt. Er war ebenfalls auf der Suche. Ich half ihm zu finden. Nun, scheint es, bist du an der Reihe.«
»Ich
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