Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
konnte. Er versuchte, sich aufzurichten, um zu sehen, was in der Pilotenkanzel los war, doch das gelang ihm nicht. Blut rann über sein Gesicht, warm und klebrig, und lief ihm den Hals und den Arm hinunter. Er hatte sie in sicherem Abstand zum Föderationsschiff und der Mörderwaffe gewähnt. Da hatte er sich wohl verschätzt. Die Reichweite war enorm. Sogar über eine Meile Entfernung hatte sie ihr Ziel gefunden. Pied konnte es nicht begreifen, obwohl es doch gerade tatsächlich passiert war.
Die Schaluppe begann mit Angst erregender Geschwindigkeit auf die Erde zuzustürzen. Pied schloss die Augen und wartete auf den Aufprall.
Einundzwanzig
Penderrin Ohmsford und seine Gefährten brauchten fast eine Woche, um den Weg durch das Labyrinth der Pässe und Schluchten zu finden, der sich durch das Klu-Gebirge wand, obwohl sie nicht wieder auf jene heimtückische Mischung aus Wolken und Nebel stießen, die ihre Flucht aus Taupo Rough beinahe verhindert hätte. Unter Kermadecs Führung, der nun souverän die richtige Route wählte, zogen sie voran, ohne auf Pens oder Cinnaminsons Fähigkeiten zurückgreifen zu müssen. Auch entdeckten sie kein Zeichen ihrer Verfolger mehr, wenngleich Tagwen jedes Mal anmerkte, sobald die Sprache auf dieses Thema kam, es bedeute nicht, dass sie nicht da seien, nur weil man sie nicht sehe. Schon einmal hatten sie sich in Sicherheit gewiegt, um bald darauf festzustellen, wie sehr sie sich geirrt hatten. Falls die Druiden sie auf Befehl von Shadea a'Ru jagten, würden sie nicht so rasch aufgeben, beharrte der Zwerg. Doch in den Schlacken hatte der Gebrauch der Elfensteine Terek Molt mit der
Galaphile
auf ihre Spur gelenkt, dachte Pen. Solange sie die Steine also nicht wieder benutzten, dürfte Traunt Rowan an Bord der
Ballindarroch
sie wohl kaum finden. Schließlich, so schloss er, hätte der Druide mit seinen Helfern die kleine Gruppe sonst längst gefunden, falls Magie ihn dazu in die Lage versetzen würde. Da die Verfolger jedoch nicht aufgetaucht waren, setzten sie die Suche anscheinend ohne konkrete Spuren blind fort.
Dennoch erwischte sich Pen dabei, wie er immer wieder zum Himmel schaute, während die kleine Gesellschaft durch die Berge wanderte.
Der Tag neigte sich dem Ende zu, die Sonne versank bereits zwischen den Gipfeln im Westen, als sie durch ein besonders verzwicktes Gewirr verschlungener Wege zu einem Sims kamen, von dem aus man das breiteste und dunkelste Tal überblicken konnte, das Pen je gesehen hatte. Es ließ sich kaum sagen, wie breit das Tal tatsächlich war; aus dieser Höhe gab es wenig Anhaltspunkte, um die Entfernung einzuschätzen. Hunderte von Quadratmeilen vielleicht? Noch mehr? Das Tal breitete sich von der Mitte in alle Richtungen aus, bis in kleine Pässe und Schluchten. Sie wirkten wie die Finger einer Riesenhand. Am östlichen Ende, das von ihrem Standort am weitesten entfernt war, verschwand es schlicht in Dunst und Zwielicht, und der dichte Wald mit seinen Bäumen und Büschen, der auf der Talsohle wuchs, erweckte den Eindruck, als schaue man auf einen dunklen See, dessen Oberfläche dicht mit Treibholz und Unkraut übersät war.
An einem solchen Ort könnte alles Mögliche leben,
dachte Pen, und unwillkürlich überlief ihn ein Schauder.
»Das Inkrim«, verkündete Kermadec mit hohler, gefühlloser Stimme, die haargenau zu seinem unerschütterlichen Trollgesicht passte. »Manche behaupten, es sei so alt wie die Rassen, und seine Bewohner seien sogar noch älter. Andere meinen, die Wesen dort unten sind so alt wie die Feen.«
»Bäume und Erde«, murmelte Atalan hinter Pen. »Nichts, mit dem wir es nicht schon einmal zu tun gehabt hätten.«
»Und Urdas.«
Atalan schnaubte. »Wilde.«
Pen erschien das als ein seltsamer Kommentar für jemanden, der selbst mit seiner rindenartigen rauen Haut einem wandelnden Baumstumpf ähnelte.
Kermadec hegte offenbar ähnliche Gedanken. Er blickte Atalan an. »Wilde für uns, aber wer sind wir, das beurteilen zu dürfen? Auf jeden Fall würde ich sie nicht unterschätzen. Die Urdas leben in diesen Wäldern seit der Zerstörung der Alten Welt. Es ist ihre ererbte Heimat, und sie betrachten sie als Heiliges Land. Insbesondere Stridegate. Sie werden kämpfen, um es vor Eindringlingen zu beschützen. Wie die Spinnengnome auf dem Tofferkamm verehren sie die Kreaturen, die hier mit ihnen in einer symbiotischen, wenn auch einseitigen Beziehung leben, und diese beeinflussen ihr Verhalten gegenüber Fremden wie uns.«
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